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Freiheit

       Sterben und Tod

       Heidegger: Sein und Zeit

       Platon: Der Tod als Übel?

       Epikur: Der Tod geht uns nichts an

       Nagel: Leben heißt Erfahrungen machen

       Leben ohne Tod

       Zusammenfassung

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      Was kann die Philosophie über das Wesen des Menschen sagen? Sie ist keine empirische Wissenschaft. Sind allgemeine Aussagen über den Menschen überhaupt möglich oder gar sinnvoll?

      Im Dialog mit den Wissenschaften, aber auch mit der Tradition einer philosophischen Anthropologie von ihren Anfängen in der Antike, ihrem ersten Höhepunkt im 16. und ihrem zweiten Höhepunkt im 20. Jahrhundert wird diesen Fragen nachgegangen.

      Meine Damen und Herren,

      herzlich willkommen zu unserer Vorlesungsreihe ‚Philosophische Anthropologie’, einer Vorlesungsreihe, die sich mit der Frage beschäftigt, was eigentlich das Wesen des Menschen ist und wie wir richtig über den Menschen denken sollen. Ich halte diese Vorlesungsreihe nicht als ein Poet, als ein Schreiber von Romanen, als ein Musiker oder als ein Künstler, sondern als ein Philosoph, der eine Wissenschaft betreibt, die Philosophie. Und deswegen möchte ich Ihnen in dieser ersten Folge die Fragestellung nahe bringen, die wir als Philosophen bearbeiten, wenn wir uns fragen, was der Mensch ist.

      Aber bevor ich in medias res, in die Mitte der Sache, gehe, lassen Sie mich kurz einen Ausblick geben, was Sie in diesen sechs Vorlesungen erwarten wird:

      In der ersten, also in dieser, Vorlesung möchte ich der Frage nachgehen, was der philosophische und wissenschaftstheoretische Status der Thesen und Argumente der philosophischen Anthropologie ist, was also die philosophische Anthropologie als Wissenschaft auszeichnet und charakterisiert und welchen Status die Thesen und Argumente der philosophischen Anthropologie haben können.

      In der zweiten Vorlesung werde ich betrachten, dass der Mensch ein Wesen ist, das nach etwas strebt und das vor allem eines im Leben möchte: glücklich werden, ein sinnvolles Leben führen, zufrieden sein oder eine gelungene Existenz leben, wie auch immer wir das noch näher bestimmen wollen.

      In der dritten Vorlesung werde ich mich dann der Frage zuwenden, wie wir richtig über Emotionen denken. Denn eines ist klar: Ob wir mit unserem Leben zufrieden und glücklich sind, hängt sicherlich auch davon ab, wie es uns emotional geht.

      In der vierten Vorlesung werde ich dann etwas über Freundschaft und Liebe sagen, über menschliche Beziehungen, in der fünften etwas über Arbeit, einen wichtigen Teil unseres Lebens, und in der sechsten Vorlesung werde ich mich schließlich dem Thema Leid, Tod und der Frage zuwenden, ob Überlegungen zu einem Leben nach dem Tod eine Relevanz für unser Leben hier und jetzt haben.

      Aber lassen Sie mich damit beginnen, dass ich Ihnen die philosophische Fragestellung deutlich mache, die Fragestellung, mit der wir uns als Philosophen beschäftigen, wenn wir über den Menschen nachdenken. Ich möchte zunächst etwas zum Wort Anthropologie sagen, dann die philosophische Anthropologie von anderen Anthropologien in der heutigen Wissenschaft abgrenzen und mich in einem dritten Schritt etwas ausführlicher mit der Frage auseinandersetzen, was denn eigentlich charakteristisch für eine philosophische Anthropologie sein sollte.

      Zunächst zum Wort Anthropologie: Das Wort Anthropologie kommt aus dem Griechischen, es ist zusammengesetzt aus dem Wort anthropos für Mensch und legein für sagen oder reden. Eine Anthropologie ist also einfach, wenn man über den Menschen redet. Wenn wir uns anschauen würden, wie dieses Wort in der griechischen Umgangssprache verwendet wird, dann würden wir sehen, dass das Wort Anthropologie noch nicht die Bedeutung hat, wie es sie heute hat. Anthropolegein heißt einfach, über andere Menschen zu reden und ein anthropologos ist jemand, der sehr gerne sehr viel über andere Menschen redet, oft auch hinter deren Rücken, jemand, der gerne ‚ratscht’, wie wir heute sagen würden.

      Dieser Sprachgebrauch ändert sich in der Patristik und im Mittelalter vor allem dadurch, dass die christliche Theologie und die Diskussion innerhalb des Christentums beginnen, ihre Wirkung in der Umgangssprache zu entfalten. Anthropolegein heißt nun nicht mehr, über andere Menschen zu reden, sondern, auf eine menschliche Art und Weise über Gott zu reden, z. B. von Gott zu sagen, dass er sieht oder hört oder versteht Gefühle hat, dass er liebt. Diese Art und Weise, eigentlich typisch menschliche Eigenschaften auf Gott oder die Götter zu übertragen, ist natürlich problematisch und für diese Art und Weise, über Gott zu reden hat sich der Terminus anthropolegein in der Patristik und im Mittelalter eingebürgert.

      Das ändert sich interessanterweise noch einmal im 16. Jahrhundert und diesen Wechsel des Sprachgebrauchs müssen wir uns ein bisschen genauer anschauen. Im 16. Jahrhundert bürgert sich ein anderes Wort für die menschliche Art und Weise über Gott zu sprechen ein, nämlich das Wort Anthropomorphismus. Jemand, der menschlich über Gott redet und menschliche Eigenschaften auf Gott überträgt, begeht einen Fehler und dieser Fehler wird Anthropomorphismus genannt. Ab dem Moment, ab dem man diese Rede über Gott aber Anthropomorphismus nennt, ist man frei, dem Reden über den Menschen und dem Wort anthropolegein eine andere Bedeutung zu geben. Und es sind vor allem zwei Autoren im 16. Jahrhundert, einer ganz am Anfang, einer am Ende, die dem Wort Anthropologie die Bedeutung gegeben haben, die es bis heute hat: ein philosophisch-wissenschaftliches Sprechen über den Menschen.

      Der erste Autor, 1449 in Magdeburg geboren, hieß Magnus Hundt und veröffentlichte im Jahr 1501 ein Werk mit dem Titel: ‚Antropologium de hominis dignitate, natura et proprietatibus, de elementis, partibus et membris humani corporis’. Übersetzt: ‚Anthropologium’ – also die Lehre vom Menschen – ‚über die Würde des Menschen, die Natur und seine Besonderheit, über die Elemente, Teile und Gliedmaßen des menschlichen Körpers’. Hundt will in seinem Werk einen Gesamtüberblick über den Menschen geben. Er will den Menschen dabei zwar auch aus naturwissenschaftlicher Perspektive betrachten. So macht er ja bereits im Buchtitel deutlich, dass seine Lehre auch von den Elementen, Teilen und Gliedmaßen des Menschen handeln wird. Aber er möchte auch etwas darüber sagen, was den Menschen als Wesen eigentlich charakterisiert. Und da finden sich zwei Worte: zum einen das Wort dignitas, also die Würde des Menschen, und zum anderen das Wort proprium, also die Sonderstellung des Menschen. Hundt war Christ. Und als Christ war er der Überzeugung, dass die Würde des Menschen in der Gottesebenbildlichkeit des Menschen gegeben ist. Weil der Mensch Ebenbild Gottes ist, kommt ihm diese besondere Würde zu. Die Gottesebenbildlichkeit zeigt sich für Hundt darin, dass der Mensch eine Seele hat. Hundt ist Dualist. Er sieht den Menschen so, dass er ein zusammengesetztes Wesen ist, zusammengesetzt aus einem materiellen Körper und einer immateriellen Seele und es ist diese immaterielle Seele in der sich die Gottesebenbildlichkeit für den Menschen zeigt und die seine Würde ausmacht.

      Von Hundt grenzt sich am Ende des 16. Jahrhunderts ein anderer Philosoph ab, Otto Casmann. In einer großen zweibändigen Schrift, die in den Jahren 1594 und 1596 herausgegeben worden ist, bringt er eine Anthropologie als Lehre von der menschlichen Natur heraus

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