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in ihrem Notizbuch auf. »Könnten Sie uns sagen, wer alles auf der Feier gewesen ist?«

      »Ich habe als Script-Supervisorin gearbeitet, erinnern Sie sich?«, entgegnete Paula in leicht gereiztem Ton. »Ich habe ein Gedächtnis wie ein Elefant.« Außer ihrem eigenen und Aimees Namen zählte sie acht weitere auf.

      Paula Grants Gesicht wirkte plötzlich klein und erschöpft, und Kate beschloss, die Befragung zu beenden. »Vielen Dank für Ihre Hilfe.«

      Paula sagte müde: »Das war nur der Anfang, nicht wahr?«

      »Es tut mir leid«, entgegnete Kate sanft. »Aber ich fürchte, Sie haben recht – ich bin sicher, dass sich weitere Fragen ergeben werden, wenn die Ermittlungen voranschreiten. Wir müssen Ihre Aussage protokollieren und brauchen dann noch Ihre Unterschrift.«

      Paula nickte und Kate fügte hinzu: »Es ist sehr wichtig, dass Sie das, was Sie in Mr. Sinclairs Wohnung gesehen haben, für sich behalten, wie auch alles, was wir hier besprochen haben. Das würde uns wirklich helfen.«

      Paula Grant nickte abermals. Sie erhob sich, als die zwei Kriminalbeamten aufstanden. Aimee Grant, die neben dem Poster von Infam an der Wand lehnte, betrachtete Kate mit aufmerksamem Blick.

      Vor Owen Sinclairs Wohnung warteten zwei Männer gelassen neben einer Bahre. Das Wort CORONER, in gelben Buchstaben auf den Rücken ihrer braunen Overalls genäht, wies sie als Mitarbeiter der Gerichtsmedizin aus. Als Kate und Taylor zum zweiten Mal an diesem Tag das Wohnzimmer von Owen Sinclair betraten, sah Kate aus den Augenwinkeln das Aufzucken von Blitzlichtern im Essalkoven – das visuelle Echo Shapiros, der von dort aus die Küche fotografierte. Baker, so vermutete sie, untersuchte wohl noch das Schlafzimmer am Ende des Flurs auf Fingerabdrücke.

      Sie wandte sich an Taylor: »Schon irgendwelche Ideen bis jetzt?«

      »Das wird der reinste Spaziergang«, meinte er.

      Überrascht von dieser zuversichtlichen Einschätzung sah sie ihn an. »Wieso?«

      »Paula hat uns doch eben alles auf dem Silbertablett präsentiert.« Taylors fröhliche Miene verfinsterte sich, während sein Blick durch das mit Hifi-Geräten vollgestopfte Zimmer wanderte. »Sinclairs gottverdammte Musik, dieser Wahnsinnskrach, den er Tag und Nacht veranstaltet hat –« Er zeigte in die Richtung des Tatorts im hinteren Schlafzimmer. »Das hätte der Mistkerl mal mit mir machen sollen – ich hätte die ganze verdammte Wohnung mit seiner Visage tapeziert! Er hat damit gerechnet, dass drei alte Damen ihm kein Härchen krümmen können. Nur dass er sich leider verrechnet hat – eine von ihnen hat rausgekriegt, wie sie ihn postwendend zur Hölle schicken konnte.«

      Kate nickte zustimmend, nicht weil sie Taylors Hypothese für richtig hielt, sondern weil sie seine wütende Verachtung für den rücksichtslosen Quälgeist teilte, der Owen Sinclair zu Lebzeiten gewesen sein musste. »Ich möchte mal wissen, wer von unseren Leuten Mildreds Beschwerde entgegengenommen hat«, meinte sie.

      Taylor zuckte nur die Achseln. »Beschwerden über Ruhestörung sind eine wahre Pest, Kate. Ich hab die Anrufe auch gehasst. Meistens Leute, die derart abgefüllt waren, dass sie dich ohne mit der Wimper zu zucken über den Haufen geschossen hätten. Ich kann mir gut vorstellen, dass unsere Leute die drei alten Damen für verschrobene alte Schachteln gehalten haben. Aber ich würde sagen, Paula wollte uns Sand in die Augen streuen, von wegen: Man bringt niemanden um, nur weil er laute Musik macht.« Um seiner Theorie den nötigen Nachdruck zu verleihen, klopfte Taylor mit dem Rücken seines Notizbuchs in arhythmischem Takt laut gegen einen großen staubbedeckten Lautsprecher. »Du kannst ein Hundefreund sein, aber lass den Köter nur lange genug bellen, dann wirst du ihn schließlich doch vergiften, um ihn zum Schweigen zu bringen.«

      Kate nickte düster. Sie erinnerte sich an Fälle von Kindesmisshandlung, die sie im Jugenddezernat erlebt hatte – an die Täter, zumeist überlastete Mütter, die die Kontrolle über sich verloren hatten, weil ihre Babys unablässig geschrien hatten. Aber vorsätzlicher Mord war etwas anderes, und sich hinzusetzen, um genüsslich mit anzusehen, wie Owen Sinclair sich grausam zu Tode quälte, war vollends etwas anderes.

      »Ed«, sagte sie, »die Handschellen, der Stuhl neben dem Bett –«

      »Ja, ich weiß, Kate. Ich schätze, er hat eine der Frauen reingelassen, bevor ihm richtig schlecht wurde, und als er seine schlimmen Krämpfe bekam, war es das reinste Kinderspiel, ihm die Handschellen anzulegen und ihn langsam krepieren zu lassen. Ich schätze, wir können genauso gut richtig wie falsch liegen, was den Stuhl angeht, warum er da steht –«

      »Vielleicht.« Aber ihr Instinkt sagte ihr, dass der Stuhl aus einem einzigen grausamen Grund neben dem Bett gestanden hatte. Mochte Taylor seine unwahrscheinliche Theorie hegen, sie würde nicht mit ihm streiten – jedenfalls jetzt noch nicht. Sie wusste nur zu gut, dass Taylor jedes Interesse an einem Fall verlor, sobald seine erste Begeisterung verpufft war und er nur noch im Schneckentempo die vorgeschriebenen bürokratischen Schritte absolvierte. Wenn sie ihn seine eigene Fährte aufnehmen ließ, würde sein Jagdeifer nicht so schnell nachlassen.

      »Paula sagte, dass Sinclair mit den Schikanen anfing, als die Mietpreisbindung eingeführt wurde«, überlegte sie laut. »Das war, als – so um 1980 herum –« Sie brach entgeistert ab. »Ed, das ist acht Jahre her!«

      Taylor stülpte seine fleischigen Lippen vor und zurück. »Acht Jahre chinesische Wasserfolter. Früher oder später werden wir eine der drei alten Damen einbuchten, das garantier ich dir, Kate.« Mit einem Ton, in dem eine gewisse Anerkennung mitschwang, räumte er ein: »Aber Paula, die Lady hat Stil.«

      Zu viel Stil, um als heimtückische Mörderin in Frage zu kommen, wollte Kate gerade entgegnen, hielt sich aber zurück. Frauen töteten selten, aber sie töteten durchaus. Und die Leute, denen man es am wenigsten zutraute, waren manchmal die rabiatesten Mörder.

      »Und diese Nichte von ihr«, fuhr Taylor fort. »Wirklich ein steiler Zahn.«

      Kate sah ihn an.

      »Eine echte zehn.«

      Kate sortierte verwirrt ihre Eindrücke von Aimee Grant und versuchte sie mit diesen Klassifizierungen zu verbinden.

      Taylor starrte sie mit unverhohlenem Erstaunen an. »Mein Gott«, stöhnte er schließlich erschöpft. »Ich meine, sie ist attraktiv.«

      »Ach so, ich verstehe«, sagte Kate. Aber eigentlich hatte sie es nicht verstanden. Paula Grant hatte einen so starken Eindruck auf sie gemacht, dass sie nur noch eine verschwommene Vorstellung vom Aussehen der jüngeren Frau hatte.

      Taylor zog seine blonden Augenbrauen hoch und schüttelte den Kopf. Kate sah ihn amüsiert an. Wie konnte sie – ausgerechnet sie – übersehen, welch atemberaubende Schönheit da ihren Weg gekreuzt hatte? Natürlich war das alles Teil von Taylors unausgesprochenem Wissen, dass sie eine Lesbe war. Und da er mit seinem Unbehagen bezüglich ihrer sexuellen Neigung nicht umgehen konnte, konnte er unmöglich verstehen, dass von diesen beiden Frauen Paula Grant diejenige war, die sie ungewöhnlich attraktiv fand.

      Sie wandte sich von ihm ab und las noch mal in aller Ruhe ihre letzten Eintragungen über den Tatort durch. Vorhänge zugezogen und alle Fenster geschlossen, keine elektrischen Geräte in Betrieb außer dem Kühlschrank, das Licht war nur im Wohnzimmer angeschaltet und am Tatort selbst. Aschenbecher geleert, aber nicht ausgewischt. In der Küche deutete nichts auf eine kürzlich eingenommene oder vorbereitete Mahlzeit hin. Sinclair war mit Handschellen an sein Bett gefesselt worden, aber es gab keinerlei Anzeichen eines Kampfes.

      Shapiro kroch inzwischen mit seiner blitzenden Kamera durchs Esszimmer, und Kate ging an ihm vorbei in die kleine Küche. Sie hatte bereits den kleinen Resopaltisch bemerkt, der dazugehörige rote Plastikstuhl passte zu dem Stuhl im Schlafzimmer. Kate inspizierte die Batterie von Schnapsflaschen, die auf einer Arbeitsplatte neben dem Kühlschrank stand. Ein Dreiviertelliter Cutty Sark-Scotch, noch ungeöffnet und ziemlich eingestaubt, zwei Flaschen Jim Beam, eine davon dreiviertel leer, außerdem eine ungeöffnete Flasche Harpers sowie eine halbleere 2-Liter-Flasche Ten High. Sinclair war also Bourbonfreund

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