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Berliner Filz. Horst Bosetzky
Читать онлайн.Название Berliner Filz
Год выпуска 0
isbn 9783955520267
Автор произведения Horst Bosetzky
Издательство Автор
Horst Bosetzky
Berliner Filz
Der 27. Kappe-Fall
Kriminalroman
Jaron Verlag
INHALT
Horst Bosetzky alias -ky lebt in Berlin und gilt als «Denkmal der deutschen Kriminalliteratur». Mit seiner mehrteiligen Familiensaga (schließend mit «Kartoffelsuppe oder Das Karussell des Lebens», 2012), dokumentarischen Spannungsromanen und biografischen Romanen avancierte er zu einem der erfolgreichsten Autoren der Gegenwart. Daneben verfasste er mehrere Bände für die Krimiserie «Es geschah in Berlin» (zuletzt «Auge um Auge», 2014). 2015 erschienen von ihm unterhaltsame Mittelalter-Geschichten unter dem Titel «Otto mit dem Pfeil im Kopf», 2016 unter dem Titel «Mit Genuss in Taxe, Bahn und Bus» Vergnügliches zum Berliner Nahverkehr.
Originalausgabe
1. Auflage 2016
© 2016 Jaron Verlag GmbH, Berlin
Alle Rechte vorbehalten. Jede Verwertung des Werkes und aller seiner Teile ist nur mit Zustimmung des Verlages erlaubt.
Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Medien.
Umschlaggestaltung: Bauer + Möhring, Berlin
Satz: Prill Partners|producing, Barcelona
1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2016
ISBN 978-3-95552-026-7
EINS
ER ZIELTE LANGE und sorgfältig. Nicht auf eine normale Scheibe, wie man sie bei Wettbewerben mit der Luftdruckpistole benutzte, sondern auf ein selbstgebasteltes Ziel, das dem menschlichen Körper nachempfunden war. Der erste Schuss musste sitzen. Mitten ins Herz hinein. Auf seiner Abschussliste standen einige Namen – die von Männern, die ihm gefährlich werden konnten.
Otto Kappe hatte schon seit Jahren Hobbys, wie man Freizeitbeschäftigungen neuerdings nannte, das Kegeln und den Faustball. Der Donnerstagabend war für den Kegelsport reserviert. Gertrud erinnerte ihn beim Abendbrot daran.
«Iss nicht so viel, sonst kommt dir nachher alles wieder hoch, und eure Bahn muss extra wegen dir gesäubert werden!»
«Dann darfst du mir nicht so viel Schokolade zum Naschen aus der Firma mitbringen.» Gertrud arbeitete schon seit Jahren als Kontokorrentbuchhalterin bei Sarotti in Tempelhof.
«Warum gehst du nicht zum Bowling, wo du doch so gerne Bowle trinkst?», fragte sie.
Otto Kappe seufzte. «Weil wir bei uns im Vereinslokal nur eine Bohlebahn haben.»
«Na, dann mal los auf die vorderen Damen!» Gertruds Chef war auch Kegler und hatte ihr den sogenannten Kegelstand aufgezeichnet. Hatte man die Raute mit den neun Kegeln vor Augen, dann war der erste Kegel das Vorderholz und der letzte das Hinterholz. Die Kegel zwei und drei waren die vorderen Damen und die Kegel sieben und neun die hinteren Damen. Zwischen ihnen stand der König, und die Kegel ganz außen waren die Bauern.
Otto stand auf und küsste seine Frau. «Du bist und bleibst für mich immer die vorderste Dame!»
Pünktlich um halb acht traf man sich in einem Lokal in der Bismarckstraße. Nach kurzer Begrüßung ging es hinunter in den Keller, wo die Kegelbahn aufgebaut war. Noch immer gab es keine automatische Kegelaufstellanlage. Die war dem Wirt zu teuer. Lieber bezahlte er weiterhin einen Kegeljungen. Peter Kappe, Ottos Sohn, hatte sich auf diese Weise sein erstes Taschengeld verdient.
Los ging es. Man spielte in die Vollen, das heißt, es gab kein Abräumen, sondern es wurden alle Kegel, die ein Spieler beim ersten Wurf getroffen hatte, für den nächsten Versuch wieder aufgestellt. Jubel brandete immer dann auf, wenn «Alle Neune!» geschrien wurde oder aber – falls die Kugel in der sogenannten Fehlwurfrinne landete –«Wieder eine Ratte!».
Heute Abend hieß der Rattenkönig Otto Kappe. Er hatte zu oft zu viel riskiert. Wollte man nämlich alle neun Kegel beim ersten Wurf umwerfen, musste man die Kugel mit Drall und schräg oben ankommen lassen, und das ging manchmal schief, obwohl die Bahn gekehlt war. Von der Aufsatzstelle der Kugel bis zum Vorderholz waren es immerhin über zwanzig Meter. Otto Kappe nahm den Titel des Rattenkönigs gelassen hin, obwohl alle spotteten, dass er auf dem Schießstand der Polizei das Zielen doch eigentlich hätte gelernt haben müssen.