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ist in seinem Schicksal doppelt determiniert – auf der einen Seite durch seinen Stammbaum, durch den „die Freiheit des menschlichen Willens auf die durch die Ahnen gesetzten Grenzen reduziert wird.“68 Auf der anderen Seite durch die unverständlichen, nur am Rande erfassbaren kosmischen Geschehnisse (wie die kosmische Walpurgisnacht), die sein Schicksal bestimmen. Immer sind es (wie bei den Goldmachergeschichten) geheime Regeln und Beziehungen, die ihre Entsprechung im Leben der Menschen finden. Verschiedene Handlungen verbinden sich (obwohl vorher durch Zeit und/oder Raum getrennt), um am Ende parallel zu laufen, bevor sie einem gemeinsamen Höhepunkt zustreben.

      Meyrink spürte die Entfremdung des Menschen von der Welt voraus. Für ihn gab es das hüben der irdischen Welt und das drüben der mystischen Welt (oder, um in Meyrinks Begrifflichkeiten zu bleiben, der jenseitigen Welt69). Doch das höchste Ziel des Menschen ist nicht die Machtentfaltung im hüben oder die esoterische Perfektionierung im drüben, sondern die Synthese beider Welten, der Verbund beider Hälften der Welt. Das Ziel definiert Meyrink am Ende von Das grüne Gesicht eindeutig: „er war hüben und drüben ein lebendiger Mensch.“70

      Konieczny äußert dazu: „Die Gesamtheit des irdischen Seins ist eine unabänderliche Kette von Ursache und Wirkung, von schicksalshafter Verstrickung. Was geschieht, geschieht aus einer existentiellen Notwendigkeit heraus, die der einzelne quasi als Fatum, als Schicksal, hinnehmen muss, weil er sie nicht durchschaut (…).“71

       5. Nachbemerkung

      Berechtigterweise muss man jetzt die Frage stellen, was aus dem Topseller Meyrink nach dem 2. Weltkrieg geworden ist. 1917 warb ein Verlagsprogramm noch im Vordergrund mit den Gesamtausgaben von Heinrich Mann und Meyrink.72 Während der Golem „innerhalb zweier Jahre 150 Tausend Exemplare“ verkaufte73 und damals – eine Neuheit – auf Litfaßsäulen beworben wurde74, verkauft er sich heute kaum. Meyrinks Bücher sind nicht alle erhältlich, über ihn ist wenig publiziert. Marzin spricht sogar von einer „Lücke in der Meyrinkrezeption“.75

      Doch was ist mit dem Mystiker Meyrink, über den Wünsch schreibt: „Meyrink ist der vielleicht bedeutendste Mythenschöpfer dieser Zeit“?76

      Leider kann auch ich keine verbindlichen Lösungen anbieten. Natürlich sind Teile von Meyrinks Werk von der Zeit überholt worden. Heute liest sich seine Kritik am Offizierskorps nicht mehr treffend, viele seiner Artikel über okkultistische/okkulte Phänomene sind von der Berichterstattung seriöser Magazine über übersinnliche Phänomene überrollt worden, diesen Artikeln fehlt heute der Biss.

      Doch seine Romane sind immer noch gut zu lesen. Der Golem ist ein herausragender Roman der Phantastik, und auch sein weiteres Werk wird deutlich unterschätzt (besonders die Goldmachergeschichten hätten es verdient, positiver aufgenommen zu werden). Noch immer mangelt es an vernünftigen Ausgaben von Meyrinks Geschichten. Die letzte Bereicherung – Der Mönch Laskaris – enthält kein Vorwort, keine Informationen über die Herkunft der Geschichten und knapp 40 Seiten Information auf dem Backcover.

      Trotzdem kommt es in letzter Zeit zu einer – begrenzten – Wiederbelebung von Meyrink. Nach der verstärkten literaturwissenschaftlichen Beschäftigung mit Meyrink hat sich auch die Esoterik an einen ihrer Klassiker erinnert.

      Es bleibt zu hoffen, dass die deutschen Leser der Phantastik für die Zeit vor dem 2. Weltkrieg genauso wie die Freunde der Mystik wieder einen der Klassiker wiederentdecken – Gustav Meyrink. VIVO!

       FEUERLÖSCHER – FEUER – ASCHE

       a. Feuerlöscher

       Wir wissen nicht, woher wir kommen. Wir wissen nicht, wohin wir gehen. Doch wir folgen dem Weg, den die Gottheit uns zeigt.

      In den 80er Jahren war ich Mitorganisator einer Großveranstaltung. Man bat mich an einem Abend darum, den großen Saal für eine geschlossene Veranstaltung haben zu dürfen. Unter der Auflage, dass die Mieter jemanden reinlassen, der auf offene Kerzen etc. aufpasst, bekamen sie die Räumlichkeit. Also fand ich mich wenige Minuten vor dem geplanten Beginn in den Räumen ein – einen Feuerlöscher im Arm.

      Ich habe den Feuerlöscher nicht gebraucht. Der Abend war die Sommersonnenwendfeier von zwei befreundeten Hexen-Coven, die den von uns gestellten Rahmen nutzten, um hier zu feiern. Ich kam mir mit meinem Feuerlöscher im Arm selten dämlich vor – nicht nur, weil er überflüssig war, sondern weil ich auch die feierliche Stimmung des restlichen Abends zu stören schien. Man nahm mich aber freundlich auf, ließ mich an den Feierlichkeiten teilhaben. Jahrelang war ich schon auf der Suche nach einer Religion, einem Glauben, der meine Vorerwartungen erfüllen konnte. Von den christlichen Kirchen enttäuscht sah ich hier eine Möglichkeit, zu meinem spirituellen Selbst zu finden.

       b. Feuer!

       Der Kreis wird sich wiederfinden, wenn es an der Zeit ist!

      Ich begann meine Zeit als Schüler. Ein Schüler ist jemand, der den Wunsch geäußert hat, etwas über die Geheimnisse und Riten der Hexenkunst zu lernen. Den Wunsch hatte ich schon mit meinem Feuerlöscher im Arm unmissverständlich geäußert, den Drang nach Wissen auch. Ich fand auch eine Lehrerin, die bereit war, mich auszubilden.

      Dies waren ihrer Meinung nach die drei Grundvoraussetzungen für eine Ausbildung: Das Äußern des eigenen Wunsches zu einer Ausbildung, die Nähe zu einer Lehrerin/zu einem Lehrer und der Wunsch nach Wissen, der in einem brennen sollte. Das konnte ich alles bieten.

      Meine Schülerzeit wurde als eine Vorstufe beschrieben. Die beiden mir zu vermittelnden Grundlagen waren eine umfangreiche Persönlichkeitsbildung (immerhin sollte ich wissen, was ich wirklich will, bevor ich die Techniken lerne, um meinen Willen durchzusetzen) und das Fühlen eines Grundvertrauens in die Gottheit, so dass ich die Angst vor den Dingen abstreifen konnte, die mir noch fremd waren.

      Außerdem erhielt ich sozusagen liturgische Grundkenntnisse – einen Einblick in die Glaubensgrundlagen des Covens.

      Nach einem Jahr und einem Tag (der alten Formel für solche Bindungen) erhielt ich meine erste Initiation. Beschrieben wurde sie mir im Vorfeld als Akzeptierung des Schülers durch die Gottheit. Dem kann ich nur beipflichten (auch wenn das jetzt ein wenig kitschig klingen mag). Ich war jetzt ein vollwertiges Mitglied im Coven, durfte mitsprechen. Außerdem war es nun an der Zeit, weitere Dinge zu lernen. Namentlich waren dies der Ablauf der Feste im Jahreslauf, die ersten Einblicke in den Ritus und der Ausbau meiner Kenntnisse der Grundkenntnisse im Bereich Mystik und Hexerei.

      An dieser Stelle hätte ich jetzt die Möglichkeit gehabt, als einfaches Covenmitglied im äußeren Kreis zu verbleiben. Doch ich entschloss mich gegen diesen magischen Schnupperkurs und bat nach Jahr und Tag erneut darum, eine Initiation zu erhalten. Meine Lehrerin war mit meinen Fortschritten sehr zufrieden. So erhielt ich auch diese Initiation und durfte mich nun Zweitinitiierter nennen.

      Meine weiteren Lernaufgaben waren jetzt vielfältig: vom genauen Ablauf der einzelnen Feste im Jahreslauf, über weitere Informationen zum Ritus, die Grundlagen der Energiearbeit (man stelle sich das ähnlich vor wie bei den Chakren – verschiedene Körperregionen waren an bestimmte Energiemuster geknüpft) bis hin zur Handhabung des Zubehörs (kein echtes Coven-Mitglied ohne seine eigene Klinge – und der Erwerb von weiteren Dingen wie Räucherkessel ist zwar optional, aber sehr empfohlen!).

      Danach sollte ich mich entscheiden, ob ich weitermache. Die weiteren möglichen Initiationen waren aufgeteilt – es gab eine Initiation, die es mir erlaubt hätte, als Priester zu arbeiten; eine andere Initiation ist für die Heiler vorbehalten etc. Ich entschloss mich erst nach längerem Nachdenken für eine Wahlmöglichkeit.

      Meine Lehrerin hatte mir vorher gesagt, dass das Lernen niemals aufhört; man ist das ganze Leben damit beschäftigt. Und sie hat mir auch

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