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      »Pah! Und ich habe Ihnen vertraut. Ich dachte, sie wären anders als andere Männer!«

      Dann stapfte sie hinaus. Jonas starrte ihr fassungslos hinterher.

      *****

      Der kleine Wachraum von Evinin war vollgestopft mit Monitoren und elektronischen Geräten aller Art, die einen seltsam zusammengesetzten Eindruck machten. Tatsächlich stammten sie aus unterschiedlichen Raubzügen und Eroberungen.

      Tarek, der junge Wachhabende, lümmelte sich in einem bequemen Kommandosessel, der einst dem Kapitän der Aurora gehört hatte, und spielte 3-D-Tetris. Er war kurz davor, einen neuen persönlichen Highscore zu erreichen, und versuchte konzentriert, die merkwürdig geformten Steine unterzubringen, die ihm seit dem letzten Level entgegenpurzelten. Ein Seitenblick auf den Monitor der Raumüberwachung ließ ihn zusammenzucken. Er zeigte Aktivität im Hypergate an. Prompt fielen zwei Steine an eine ungünstige Stelle, und das Spiel war vorüber. Tarek fluchte leise, dann wandte er sich den anderen Anzeigen zu.

      Das Gate meldete den Durchflug von vier Schiffen – was ein Problem darstellte, weil von ihrer Flotte nur drei Schiffe unterwegs waren. Nähere Informationen konnte er erst in einigen Minuten erwarten, wenn sich das Gate sich wieder geschlossen hatte.

      Tarek ließ seine Hand unschlüssig über dem Alarmknopf schweben. Bei einem Fehlalarm musste er mit Bestrafung rechnen, ebenso wenn er seine Beobachtung zu spät weitergab.

      Seine Finger trommelten nervös auf der Tischplatte. Das Hypergate war gut 50 Millionen Kilometer entfernt – selbst die schnellsten Schiffe brauchten für diese Entfernung mindestens 30 Minuten. Zeit genug für die Alarmstaffel. Er brauchte Fakten, bevor er seinen Kopf riskierte.

      Mit einer schnellen Geste schloss er das Tetrisspiel und räumte die Reste seines Imbisses zusammen, für den Fall, dass ein Vorgesetzter hier auftauchte. Tarek verspürte wenig Lust auf Knüppelschläge.

      Da endlich tat sich etwas auf einem der Monitore. Vier schmale Rechtecke erschienen, eines etwas länger als die anderen. Tarek ertappte sich dabei, wie er versuchte, sie im Geist übereinanderzustapeln. Er tippte auf den Screen, um weitere Informationen abzurufen, aber produzierte damit lediglich eine kleine Infobox »Data not available«.

      Seufzend lehnte er sich in seinen Sessel zurück und starrte die Anzeigen an. Ungeduld brachte ihn nicht weiter. Sobald die Sensoren die Schiffe analysiert hatten, würden sie es melden. Er konnte nur hoffen, dass er es hier nicht mit einem Vergeltungsschlag der Union zu tun hatte. Sie hatten lange Glück gehabt. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Raumflotte ihren Schlupfwinkel finden und angreifen würde.

      Das Funkgerät erwachte zum Leben. »… Xator Seifuko … schwerer Kreuzer …«

      Die Durchsage war nicht zu verstehen. Vermutlich war das Gate noch offen gewesen, als der Spruch abgesetzt worden war, und hatte den Funkverkehr gestört. Tarek langte nach der Sendetaste, aber ließ seine Hand wieder sinken, als ihm einfiel, dass es gut drei Minuten dauern würde, bis seine Signale das Schiff erreichen konnten.

      Auf dem Monitor öffnete sich ein Fenster mit Daten.

       Schwerer Kreuzer ›Perseus‹, Kennung: U-SK-4302. Kommandant: unbekannt

      Wieder zuckte seine Hand zum Alarmknopf. Die Kennung verriet ein Schiff der Raumflotte.

       Kreuzer ›Qorxu‹, Kennung: Kom-K 2301. Kommandant: Xator Seifuko

       Zerstörer ›Amir‹, Kennung: Kom-Z 1801. Kommandant: Hakan Celik

       Zerstörer ›Ridvan‹, Kennung: Kom-Z 1802. Kommandant: Faris Alijev

      Was war hier los? Wurden ihre Schiffe verfolgt? Wenigstens bestand keine unmittelbare Gefahr für den Planeten. Mit einem einzelnen schweren Kreuzer sollten ihre Abfangjäger schon fertigwerden.

      Das Funkgerät knackte und gab ein kratzendes Geräusch von sich, dann stabilisierte sich das Signal. Xators Stimme klang durch den Raum.

      »Ich wiederhole. Hier spricht Xator Seifuko. Wir haben einen schweren Kreuzer der Union erbeutet. Es besteht keine Gefahr. Wir sind auf dem Weg nach Liman.«

      Tarek jubelte. Er drückte die Sprechtaste. »Hier Kyros Control. Wir haben verstanden. Meinen Glückwunsch, Herr Kommandant!«

      Jetzt hielt ihn nichts mehr davon ab, zum Khan zu laufen. Gute Nachrichten überbrachte er gern.

      *****

      In dieser Nacht schlief er sehr unruhig. Er wälzte sich von einer Seite auf die andere, schließlich hörte er jemanden seinen Namen rufen.

       Jonas! Jonas!

      Die Stimme erschien ihm so realistisch, dass er hochfuhr, das Licht einschaltete und sich suchend umsah. Natürlich war niemand zu sehen.

      Du hast bloß geträumt, sagte er sich, aber dennoch wollte das unbehagliche Gefühl nicht weichen. Seufzend löschte er das Licht, schloss die Augen und versuchte, wieder einzuschlafen. Doch jetzt begannen die Gedanken in seinem Kopf zu kreisen.

      Was würde auf ihn zukommen?

      Wartete ein Disziplinarverfahren auf ihn?

      Verdammt, wie hatte er sich nur so gehen lassen können! Selbst wenn Stella einverstanden gewesen wäre, hätte er sich ihr niemals in dieser Weise nähern dürfen. Das war ein klarer Verstoß gegen die Dienstvorschriften. Als Seelsorger war für ihn jede erotische Nähe zu Ratsuchenden absolut tabu. Wenn es ganz dumm lief, konnte dies den Abschied von der Peacemaker bedeuten, das Ende seines Lebenstraumes, das Ende seiner Karriere. Eine unehrenhafte Entlassung wegen sexueller Belästigung. Die Kommandantin verstand keinen Spaß an diesem Punkt. Er schlug die Hände vors Gesicht; so fest, dass es wehtat.

       Jonas!

      Wieder rief jemand seinen Namen, obwohl er diesmal ganz sicher war, nicht zu träumen.

       Jonas?

      Er hörte es ganz deutlich, aber nicht mit den Ohren – es kam ihm eher so vor, als spräche die Stimme direkt in seinem Kopf. War er dabei, durchzudrehen?

       Jonas, ich weiß, dass du mich hören kannst!

      Er verspürte den Impuls, schreiend davonzulaufen, beherrschte sich aber und vergrub sich stattdessen unter seinem Kissen. Er presste die Hände auf die Ohren, summte vor sich hin, irgendeine improvisierte Melodie, ganz egal, nur keine Stille, nur diese Stimme nicht mehr hören müssen.

      Nach einer ganzen Weile, in der nichts Aufregendes passiert war, entspannte er sich allmählich. Er legte sich wieder auf den Rücken und lauschte.

      Nichts. Er vernahm nur ein leichtes Rauschen in seinen Ohren und ein fernes Summen der gewaltigen Antriebsaggregate der Peacemaker.

      Schließlich hielt er die Spannung nicht mehr aus.

      »Wer bist du, und was willst du?«, fragte er in die Dunkelheit hinein, obwohl er sich albern dabei vorkam. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten.

       Erkennst du, dass Schuld mehr ist als ein veraltetes Konzept?

      Jonas durchflutete es heiß und kalt. Das war das Thema seiner vorletzten Andacht gewesen: Es gäbe keine Schuld im althergebrachten Sinne, es gäbe nur Lernprozesse und damit verbundene Fehler, die nötig seien, um sich weiterzuentwickeln. Er war recht stolz gewesen auf diese Rede. In seiner aktuellen Lage kam sie ihm jedoch plötzlich ziemlich hohl vor.

      »Was willst du mir damit sagen? Wer bist du?« – Seine eigene Stimme klang merkwürdig fremd. Er horchte minutenlang in die Stille seiner Kabine hinein, doch die Antwort blieb aus.

      Unruhig setzte Jonas sich auf die Bettkante. Was geschah hier mit ihm?

      Es müssen meine Schuldgefühle sein, die sich zu Wort melden, dachte er. Ich muss was dagegen unternehmen, muss mit Stella sprechen, ihr erklären, wie alles gekommen ist. Ihr sagen, dass es mir leidtut. Gleich morgen früh.

      Er

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