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will, muss sich auf das Spiel mit dem Fake einlassen. Sicher, Sie können sich dem entziehen. Doch dann berauben Sie sich vieler Karriereoptionen.

       LÜGENSUCHT IM DIENSTE DER ICH-ERHÖHUNG

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      Einer der bemerkenswertesten Unterschiede zwischen einem Hochstapler und einem Faker liegt für mich darin, dass ein Hochstapler niemals von sich selbst überrascht sein kann.

      Der Hochstapler täuscht ja keine Expertise vor, um sich selbst weiterzuentwickeln, sondern um seinem Narzissmus zu frönen. Er muss seinen Drang befriedigen, andere Menschen zu kontrollieren. Er will seine Größenfantasien ausagieren.

      Der Faker hingegen zeigt ein echtes Bemühen, hinter seiner Maske inhaltlich dem zu entsprechen, was die Maske tatsächlich vorgibt. Das führt natürlich auch immer wieder dazu, dass er sich selbst beflügelt, selbst motiviert – und am Ende selbst darüber staunt, was er zu leisten imstande ist.

      Der Hochstapler kann sich am Ende nur sagen: „Wie großartig bin ich, dass sie mir alle glauben!“ Der Faker hingegen kann sich ehrlich freuen, dass er – entgegen seinen Befürchtungen – tatsächlich zu dem in der Lage ist, was er erreichen will.

      Glauben Sie mir: Niemand hätte überraschter darüber sein können als ich selbst, als es mir gelungen war, während meines ersten Nachtdienstes meine kollabierte Patientin am Leben zu erhalten. Und meine Freude war unbändig! Es ist die Dynamik von Zweifel und Erfolgserlebnissen, die den Weg des Fakers so spannend macht.

      Der Hochstapler Gerd Postel hingegen zog seine Befriedigung daraus, dass er, der gelernte Postbote, Dutzende Doktoren und Professoren in Bewerbungsverfahren auszustechen vermochte und den begehrten Posten des Oberarztes ergattern konnte. Der Titel seines Bewerbungsvortrags lautete übrigens: „Die pseudologia phantastica – die Lügensucht im Dienste der Ich-Erhöhung – aus der psychoanalytischen Diagnostik am literarischen Beispiel der Figur des Felix Krull“.

      Der Hochstapler referiert über den Hochstapler, um zum Zug zu kommen. Ein gewisses Stilbewusstsein ist dem Mann nicht abzusprechen.

      Genauso wenig wie dem Schriftsteller Neil Gaiman, der sich am Beginn seiner Laufbahn als weltberühmter und vielfach preisgekürter Autor hart an der Grenze zwischen Fake und Hochstapelei bewegte. In einer Rede vor Absolventen der University of the Arts Philadelphia berichtete Gaiman, wie er an seine ersten Aufträge kam:

      „Ich tat etwas, das heute leicht zu prüfen ist und mich in Schwierigkeiten bringen würde, doch damals erschien es mir als vernünftige Karrierestrategie: Wenn ich von Redakteuren gefragt wurde, für wen ich gearbeitet hatte, log ich. Ich zählte eine Handvoll Magazine auf, die naheliegend klangen, und klang dabei selbstbewusst und bekam Aufträge. Anschließend machte ich es zu einer Frage der Ehre, tatsächlich für jedes dieser Magazine etwas zu schreiben, die ich aufgelistet hatte, um diesen ersten Job zu bekommen. Ich hatte also nicht wirklich gelogen, ich war nur chronologisch verwirrt gewesen.“

      Er ist geständig. Es sei ihm vergeben. Er wusste es nicht besser. Bitte verstehen Sie die Tatsache, dass ich es hier erwähne, nicht als Karrieretipp – sondern als Beweis dafür, dass selbst die ganz Großen in ihrem Geschäft nicht ohne eine Strategie groß geworden sind. Neil Gaiman hat sich der Mittel des Hochstaplers bedient, aber seine Intention war die des Fakers: Er wollte etwas ausstrahlen, um es dann tatsächlich werden zu können.

      Sie brauchen solche Tricks nicht. Sie haben dieses Buch.

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       BERATER BERATEN BERATER: EINE WELT VOLLER EXPERTEN

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      Stanford University 1998. Zwei Studenten gründen ein Unternehmen. Ihr Produkt: eine Software, mit der sich Geld zwischen den ersten Smartphones überweisen lässt. Sie sind damit so erfolgreich, dass sich ihr Unternehmen zu einem Spezialisten für Online-Bezahlsysteme entwickelt. Es fusioniert mit einem weiteren Anbieter für Payment-Lösungen. In den Jahren des Aufbaus wächst ein Netzwerk aus kreativen und intelligenten Menschen, die sich aus Vorlesungen und Wohngemeinschaften kennen und nun zusammen arbeiten. Sie entwickeln gemeinsam eine ganz eigene Art der Gemeinschaft, des Miteinanders, der Verschworenheit. Sie sind Investoren des neugegründeten Unternehmens, Executive Vice President, Designer, Ingenieur, Chief Operating Officer, Marketingdirektor, Finanzchef und Vice President Engineering. Nur vier Jahre später bringen die Gründer das Unternehmen an die Börse – und Ebay kauft es für 1,5 Milliarden Dollar. Seine Gründer und die Mitarbeiter der Anfangszeit sind nun reich – und steigen nach und nach aus dem Geschäft aus. Sie gründen andere Unternehmen wie LinkedIn, Youtube, Eventbrite, Yelp, Tesla Motors. Sie bleiben sich innerhalb ihres Netzwerks verbunden, sitzen in den jeweiligen Verwaltungs- und Aufsichtsräten, bringen sich als Investoren ein. Sie sind so erfolgreich, dass sie ihre Start-ups für Milliardenbeträge an die Tech-Giganten des Silicon Valley verkaufen können: Microsoft, Google, Facebook – nur um sich weiteren neuen Ideen, Projekten, Firmen zu widmen, die sie zum Teil gemeinsam gründen, fördern, nach oben bringen.

      Sie ahnen wahrscheinlich schon längst, welches Netzwerk ich hier beschreibe – es ist die „Paypal-Mafia“. Entstanden aus der Keimzelle der Paypal-Gründer Peter Thiel, Max Levchin, Elon Musk und wichtigen Mitarbeitern der Anfangsjahre bei Paypal, wird dieses Netzwerk gerne als Parallel-Universum und Gelddruckmaschine bezeichnet. Sicherlich gehören ihm die klügsten Denker und erfolgreichsten Unternehmer des Silicon Valley an: Jeder für sich ist genial, alleine waren sie nichts, zusammen sind sie alles. Ein Netzwerk aus Experten, die sich gegenseitig beflügeln, unterstützen und fördern. An der ersten Hollywood-Produktion, die uns die Figuren, die Geschichten und die Glorie, aber auch die Intrigen und Grabenkämpfe hinter den Kulissen zeigt, wird bestimmt schon geschrieben – aber bis dahin nehme ich die Paypal-Mafia gerne als Beispiel für ein Experten-Netzwerk der Superlative!

       FROM PICKS TO BRICKS TO CLICKS

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      Der Erfolg der Experten-Netzwerke – er wäre nicht denkbar ohne den Faktor Wissen. Er ist der wichtigste Produktionsfaktor unserer Arbeitswelt, und für die Zukunft wird der „Wissensarbeit“ sogar ein weiterer steiler Aufstieg vorausgesagt. Das war nicht immer so. From picks to bricks to clicks – unser Zusammenleben hat sich von der Agrargesellschaft über die Industriegesellschaft bis zur Wissensgesellschaft entwickelt. In der Agrargesellschaft bildeten Werkzeuge die Grundlage allen Tuns (picks). In der Industriegesellschaft waren es die Fabriken und Industriebauten aus Backstein (bricks). Und in der heutigen digitalen Welt wird alles per Mausklick gesteuert (clicks). Waren in der Agrargesellschaft der Grund und Boden sowie die harte körperliche Arbeit der Menschen die entscheidenden Produktionsfaktoren, so wurden es in der Industriegesellschaft das Kapital, die Maschinen und die hohe Anzahl von Menschen. Heute ist es das Wissen. Es ist der wichtigste Produktionsfaktor der digitalisierten Welt. Um 1850 arbeiteten 70 Prozent der Menschen in der Landwirtschaft, 20 Prozent in der Industrie und 10 Prozent im Bereich der Dienstleistungen – so eine Statistik des französischen Ökonomen Jean Fourastié. Er prognostizierte für das Jahr 2050, dass sich dieses Verhältnis umgekehrt haben würde: 70 Prozent der Menschen sollten dann im Dienstleistungsbereich arbeiten, 20 Prozent in der Industrie und 10 Prozent in der Landwirtschaft. Bereits heute sieht die Situation deutlich anders aus als vorhergesagt: 75 Prozent der Menschen arbeiten in der Dienstleistung, nur noch 1,8 Prozent in der Landwirtschaft. Irgendwo dazwischen liegt der Anteil der Menschen, die in der Industrie arbeiten. Die Prognose von Fourastié wurde also mehrere Dekaden früher erfüllt.

      Die Entwicklung unserer Gesellschaft von der Agrar- zur

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