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Das Auge des Panthers. Katrin Ulbrich
Читать онлайн.Название Das Auge des Panthers
Год выпуска 0
isbn 9783955520557
Автор произведения Katrin Ulbrich
Жанр Зарубежные детективы
Издательство Автор
«Im Kino? Ehrlich? Da war ich schon ewig nicht mehr. Viel zu teuer.» Pit seufzte sehnsüchtig. «Was läuft denn zurzeit?»
«Was weiß denn ich? Irgendein Film aus Amerika mit zwei komischen Gestalten, ‹Dick und Dürr› oder so ähnlich. Keine Ahnung, wer sich so einen Mist ansehen soll. Na, vermutlich wird man von denen nie wieder was hören.»
«Wer weiß, der Titel klingt doch eigentlich ganz witzig.»
«Das mag schon sein … Aber können wir endlich weitermachen?»
«Klar. Ich meine ja nur, ich wäre jetzt auch lieber woanders – in der Revue im Schauspielhaus zum Beispiel. Dort tritt eine Kleine auf, die hat endlos lange Beine. Und wenn sie in ihrem dünnen Flatterkleid tanzt, dann wippt und wogt alles an ihr.» Pit verdrehte schwärmerisch die Augen und deutete mit den Händen die Rundungen jener Tänzerin an.
«Konzentriere dich gefälligst!», herrschte ihn sein Komplize an. «Sonst kannst du in den nächsten zehn Jahren hinter schwedischen Gardinen von ihr träumen!»
«Schon gut», murrte Pit, «nun fahr mich doch nicht gleich an! Ist halt nicht jeder so ein Eisklotz wie du.» Er stieß die Terrassentür ein Stück weit auf. Das Innere der Villa lag in völliger Dunkelheit. Vorsichtig schlich Pit hinein, sein Begleiter folgte ihm auf dem Fuße. Ihre Augen hatten sich längst an die Dunkelheit gewöhnt, und so konnten sie die Umrisse von zahlreichen schweren Vasen, gerahmten Gemälden und silbernen Leuchtern mit verschnörkeltem Fuß ausmachen. Sie befanden sich in der Wohnstube.
«Sieh dir das an!» Bruno pfiff zwischen den Zähnen hindurch. «Nicht übel, was?»
«Unglaublich, was hier alles herumsteht! Das ist ja fast wie in einem Museum.»
«Wenn der Bruch gelingt, können wir uns auch solches Zeug leisten.»
«Was soll ich denn damit? Nein, ich werde von dem Geld mit meiner Guten verreisen. Sie liegt mir schon lange in den Ohren, dass wir nie zusammen in die Sächsische Schweiz fahren.»
«Du und die Weiber!», schnaufte sein Begleiter. «Sie werden dir dein Geld abnehmen, bevor du es auch nur zählen kannst. Aber mir kann es egal sein. Komm jetzt, wir müssen rauf in den ersten Stock. Dort muss der Tresor sein!»
Lautlos verließen die beiden Männer die Stube und eilten die geschwungene Treppe hinauf in die obere Etage. Hier erwartete die beiden Komplizen eine unliebsame Überraschung: Die Tür am Ende des Flurs stand offen – und es fiel Licht heraus!
Pit blieb so abrupt stehen, als wäre er gegen eine Mauer gelaufen. «Da ist jemand», keuchte er. «Nichts wie weg hier!»
«Nichts da!» Sein Partner packte ihn am Schlafittchen. «Der Besitzer hat sicherlich nur vergessen, das Licht auszuschalten. Wir hätten einen Rundgang ums Haus machen sollen, bevor wir eingestiegen sind. Dann hätten wir das Licht schon von draußen gesehen. Egal.»
«Egal?» Pit starrte seinen Begleiter ungläubig an. «Bist du wirklich so kaltschnäuzig? Hast du etwa vergessen, wem dieser Schuppen gehört? Dieser Bertram Steinert ist mir nicht geheuer. Er soll früher mal der Vermögensverwalter von irgendeinem hohen Tier gewesen sein. Alter Adel, glaube ich. Hat sich mit den Preziosen aus dem Staub gemacht und hier verkrochen.»
«Das sind doch alles nur Gerüchte.»
«Und wenn etwas Wahres dran ist? So ein Kerl fackelt nicht lange. Der hat bestimmt eine Waffe. Und wir haben nur das hier!» Pit packte seinen Knüppel fester.
«Nun mach dir nicht in die Hosen, wir haben es doch fast geschafft. Wir sind drin und kurz vor dem prall gefüllten Tresor. Wir kehren jetzt auf keinen Fall um!»
«Ich will aber nicht mit einer Kugel im Bauch enden.»
«Hör bloß auf! Wir gehen rein und sind im Nu wieder weg. Ein Kinderspiel! In der Zeitung war diese Woche ein Artikel über die vermögendsten Männer von Chemnitz, und der hier stand auf Platz zwei in der Rangliste. Hier sind wir richtig, glaub mir.»
«Und wenn er doch zu Hause ist?»
«Ist er nicht!», sagte Bruno bestimmt.
«Woher weißt du eigentlich, wo der Tresor ist?»
«Vom Hausmädchen. Ein paar Pralinen und Komplimente, und sie hat gesungen wie ein Vögelchen.» Bruno grinste breit.
In diesem Augenblick drang von draußen der hohle Ruf eines Käuzchens herein. Pit zuckte zusammen.
«Was ist denn nun schon wieder?», brummte sein Komplize.
«Hast du das nicht gehört? Käuzchen bedeuten Unglück. Das ist bestimmt ein böses Omen. Wir sollten hier auf der Stelle verschwinden!»
«Ich schlag dir dein böses Omen gleich um die Ohren!», zischte Bruno. «Und jetzt geh endlich in die verdammte Schlafkammer, ehe wir hier noch Wurzeln schlagen!»
Zögernd schob sich Pit vorwärts. Auf Zehenspitzen und jedes Geräusch vermeidend. Unter seinen Füßen knarrte eine Diele.
Erschrocken blieb er stehen, aber im Haus blieb alles still. Offenbar hatte das Geräusch niemanden alarmiert. Er machte sich selbst Mut und ignorierte das mulmige Gefühl in seinem Magen. Schließlich machte er den Hals lang und spähte ins Schlafzimmer.
Neben dem breiten Bett aus Mahagoniholz stand ein Herrendiener mit einem achtlos übergeworfenen Morgenmantel aus nachtblauer Seide. Eine Schachtel Zigarren lag auf der Frisierkommode. Das Fenster stand einen Spaltbreit offen. Der Wind blähte den Vorhang auf. Eine Petroleumlampe brannte auf der Kommode. Der Messingspiegel reflektierte das Licht und roch noch nach dem Sidol, mit dem er geputzt worden war. Außerdem hing ein seltsamer metallischer Geruch in der Luft. Woran erinnerte er ihn nur? Während Pit noch darüber grübelte, fiel sein Blick auf eine nackte Gestalt, die ausgebreitet neben dem Bett lag.
Es war ein Mann mittleren Alters, mit graumelierten Haaren und einer knochigen Statur. Sein Gesicht wurde von einer Hakennase und einem buschigen Schnauzbart dominiert. Das Auffälligste an ihm aber war der Kaminhaken, der mitten aus seiner Brust ragte. Eine rote Lache hatte sich unter ihm ausgebreitet und war in das weiße Schaffell gesickert.
«O lieber Herr, gib mir Kraft!», murmelte Pit und taumelte zurück.
«Was …», setzte sein Begleiter an, verstummte aber jäh, als er dessen Blick folgte. «Verdammt, das ist der Kerl, dem die Villa gehört! Anscheinend ist uns jemand zuvorgekommen.»
«Wir müssen hier sofort weg, Bruno!»
«Nicht ohne die Beute! Wo wir schon so weit gekommen sind …» Bruno stockte. In die gegenüberliegende Wand war ein Tresor eingelassen. Dessen Tür stand sperrangelweit offen. Das Innere war leer. «Das gibt es doch nicht!»
«Wir können unser Pech später verwünschen», drängte Pit.
«Jetzt müssen wir erst mal sehen, dass wir Land gewinnen.» Er hatte kaum ausgesprochen, als draußen eine Sirene aufheulte. Ein Blick hinaus ließ ihn aufkeuchen. «Die Polizei ist da! Was machen wir denn jetzt? Wenn sie uns hier bei der Leiche finden, sind wir geliefert!»
ZWEI
AN DIESEM ABEND ging es in der Redaktion der Leipziger Volkszeitung zu wie in einem Bienenstock. Die Redakteure arbeiteten mit Hochdruck daran, die nächste Ausgabe fertigzustellen. Es wurde getippt, gegrübelt und geflucht. Volontäre hasteten zwischen den Schreibtischen herum, sammelten fertige Texte ein und brachten sie in die Setzerei, während von draußen der Regen gegen die Fenster des Verlagsgebäudes trommelte.
Die Leipziger Volkszeitung war 1894 gegründet worden und lieferte seitdem tagtäglich die neuesten Nachrichten. Die Redaktion war zusammen mit der Setzerei und der Druckerei unter einem Dach in der Tauchaer Straße vereint.
Konrad Katzmann rauchte der Kopf. Der Reporter war seit dem frühen Morgen auf den Beinen. Er hatte drei verschiedene