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fehlten mir noch immer so sehr, dass mir die Tränen kamen. Bedauerlicherweise schienen sie mich – von den vielen erfolglosen Kontaktversuchen meinerseits zu schließen – nicht sonderlich zu vermissen.

      Die Tür ging auf, und Bella kam herein, diesmal in Begleitung eines anderen Mannes. Er war jünger als Roger, um die dreißig, trug ein schwarzes Polohemd und dazu eine rechteckige Brille mit schwarzen Bügeln.

      »Ich heiße Pelle«, sagte er und schüttelte mir die Hand, »und ich möchte mich für Roger entschuldigen. Ihm war nicht klar, warum du hier bist.«

      »Das ist es mir auch nicht«, sagte ich. »Warum bin ich denn hier?«

      Pelle lächelte und schaute zu Bella, die ebenfalls lächelte.

      »Du bist hier, weil Bella unsere beste Headhunterin ist. Wenn ihr jemand ins Visier gerät, liegt sie fast immer richtig. Sie würde dich gern zu ihrer Assistentin machen. Auf Probe.«

      Ich war verblüfft.

      »Aber du weißt doch nichts über mich!«, sagte ich zu Bella. »Ich habe keine Erfahrung mit Medien und PR.«

      »Das ist ja der Punkt«, erklärte Pelle. »Perfect Match Media funktioniert genau so. Wir suchen die echten Menschen, die mit beiden Beinen im Leben stehen. Dann stellen wir euch unsere Profis an die Seite, und schon haben wir die perfekte Mischung. Ein perfect match eben. Verstehst du?«

      »Da ist aber ein ziemliches Risiko«, gab ich zu bedenken. »Was, wenn die Rechnung nicht aufgeht?«

      »Die geht auf«, sagte Bella siegessicher. »Glaub mir, ich weiß das! Außerdem gibt es eine Probezeit.«

      Ich blieb still. Misstrauen schlug in meinem Kopf aus wie eine dunkle, böse Blume und verzweigte sich in alle Richtungen mit gigantischem Blattwerk. Warum ich?

      Wo war der Haken? Wollten sie mich reinlegen? Mich auslachen? Waren sie hinter mir her?

      Das Kichern im Klassenzimmer, wenn der Lehrer erzählte, dass ich in der Mathearbeit wieder alles richtig gelöst hatte. Jedes Mal beim Sport zuletzt ins Team gewählt werden, obwohl ich das beste Mädchen im Fuß- und Brennball war.

      Ich musste mich konzentrieren.

      »Und was dachtet ihr, wann soll ich anfangen?«, fragte ich vorsichtig.

      Pelle und Bella wechselten einen Blick.

      »Am liebsten gleich Montag«, sagte Bella. »Meinst du, das geht? Ich habe gerade angefangen, ein Event zu planen – eine Art Abenteuercamp für eine große Beratungsfirma –, für das ich praktisch sofort deinen Input brauchen könnte. Aber parallel laufen natürlich weitere Projekte, unter anderem eine Kampagne für eine große Lebensmittelkette und eine Wohltätigkeitssendung, die beide ebenfalls viel Arbeit bedeuten. Aber sehr spaßige Arbeit, wenn ich das so sagen darf.«

      Mir wirbelte alles nur so im Kopf herum. Satzfragmente flogen vorbei.

       »Du bist wertlos …« »Wir wollen dich nicht …« »Du wirst es hier nicht schaffen.«

      Mir war, als würde ich eine Warnleuchte sehen, deren rotes Licht sich drehte und Bellas und Pelles Gesichter immer wieder in Rot aufleuchten und in Schwarz verschwinden ließ. Trotzdem wollte ich nicht auf meine Selbstzweifel hören, auf die inneren Stimmen, die mir einflüsterten, dass ich das niemals schaffen würde. Dass ich ein Fake war, ein bedeutungsloser und unbrauchbarer Mensch; dass ich alles genau so verdiente, wie es mir zugestoßen war.

      Verrückt.

      Ich brachte die Stimmen so gut wie möglich zum Schweigen und versuchte, so normal wie möglich zu klingen.

      Kündigungsfrist?

      »Drei Monate«, sagte Bella.

      Bezahlung?

      Bella nannte einen Betrag »als Einstiegslohn, aber Bonuszahlungen sind möglich«, der dreimal höher war als das, was ich im Café verdiente.

      »Wenn sich die Cafébetreiberinnen querstellen, können wir dich auch freikaufen«, sagte Pelle, nahm die Brille ab und putzte sie mit einem Taschentuch aus der Tischschublade.

      Zehn Minuten später stand ich mit einem neuen Job auf der Straße, um den mich offenbar die gesamte Medienlandschaft Schwedens beneidete. Panik kroch in mir hoch, biss und zerrte wie ein Raubtier an meinen Eingeweiden und versuchte mir weiszumachen, dass ich das niemals schaffen würde. Aber sie hatte einen Gegner bekommen, eine neue Lebensform forderte das alte Raubtier heraus: Mit einer Mischung aus Stolz und Zuversicht wuchsen Freude und eine wild wirbelnde Hoffnung.

      Mir war ein heiß begehrter Job angeboten worden, und ich hatte mich selbst dazu bringen können, ihn anzunehmen. Gar nicht so schlecht für ein depressives Mädel aus Örebro, das unter einer posttraumatischen Belastungsstörung litt und bis zum Bersten gefüllt war mit Schuldgefühlen und nicht bewältigter Trauer.

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      Auf dem Weg zur U-Bahn-Haltestelle jubelte ich unwillkürlich laut los und nahm gleich mehrere Stufen auf einmal, so sehr freute ich mich, und ein kleiner Junge, der an der Hand seiner Mutter gerade auf der Rolltreppe stand, schaute mich erschrocken an.

      »Keine Sorge, ich freue mich nur!«, rief ich ihm hinterher, aber er starrte mich einfach weiter mit aufgerissenen Augen an.

      Im selben Moment klingelte mein Telefon. Es war Björn.

      Ich stöhnte laut. Dann nahm ich das Gespräch an.

      »Hallo, Sara«, sagte er freundlich. »Hier ist Björn.«

      »Hallo, Björn«, sagte ich, und er schien zu hören, wie ungern ich mit ihm telefonieren wollte.

      »Ich wollte mich für das entschuldigen, was ich über deinen Vater gesagt habe«, sagte er. »Gibst du mir noch eine Chance?«

      Die neue Kraft verlieh mir eine unerwartete Stärke.

      »Ich habe gerade keine Zeit. Zum einen bin ich gerade auf dem Weg zur U-Bahn, zum anderen habe ich eine ganze Menge zu erledigen.«

      »Ich meinte auch nicht jetzt sofort. Aber können wir uns vielleicht treffen? Ich dachte an einen Motorradausflug. Raus aus der Stadt und dann irgendwo schön essen gehen.«

      Die neue Kraft nickte mir ermutigend zu.

      »Für so etwas werde ich erst mal keine Zeit haben«, erklärte ich. »Ich fange Montag einen neuen Job an.«

      Sofort bereute ich, was ich gesagt hatte. Aber es war mir einfach rausgerutscht.

      »Wie schön!«, jubelte Björn. »Erzähl mir mehr davon.«

      Du musst niemandem irgendwas erzählen, wenn du nicht willst. Alles in deinem Tempo.

      »Das kann ich dir dann immer noch sagen«, antwortete ich. »Wir machen es so: Ich melde mich bei dir, wenn die Lage sich beruhigt hat, okay? Dann brauchst du mich nicht länger zu jagen.«

      Björn lachte. »Don’t call us, we’ll call you?«

      »Ja, so ungefähr.«

      »Wie man so schön sagt: Ich verstehe, was du meinst«, erwiderte Björn. »Viel Glück auf jeden Fall. Und eins noch: Sei vorsichtig.«

      »Keine Sorge, das bin ich.«

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      Ich hatte mich entschieden, den Stier bei den Hörnern zu packen: Samstagmorgen fuhr ich zum Café, obwohl ich frei hatte. Es war zehn Uhr, also waren noch keine Gäste da.

      »Was willst du denn hier?«, fragte Eva misstrauisch, die gerade einen Tisch abwischte. »Hast du solche Sehnsucht nach uns, dass du selbst an deinem freien Tag herkommen musst?«

      »Ich muss mit euch reden«, sagte ich. »Und das wollte ich lieber persönlich als am Telefon.«

      Eva hörte auf

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