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sein.

      Nun, wie steht es mit dem Gewahrsein selbst, das des Papiers gewahr ist? Ist es nicht immer in und hinter jeder Erfahrung gegenwärtig, so, wie das Papier in und hinter den Worten auf dieser Seite gegenwärtig ist?

      Und wenn unsere Aufmerksamkeit davon angezogen wird, haben wir dann nicht das gleiche merkwürdige Gefühl, dass unser Gewahrsein auf etwas gerichtet wurde, dessen wir immer schon gewahr waren, ohne es bemerkt zu haben?

      Tatsache unserer Erfahrung, wesentlich für die und doch unabhängig von den speziellen Eigenschaften jeder einzelnen Erfahrung? So, wie das Papier die offensichtlichste Tatsache dieser Seite ist, wesentlich für und doch unabhängig von jedem einzelnen Wort?

      Ist dieses Gewahrsein selbst nicht der Träger und die Substanz jeder Erfahrung, so wie das Papier der Träger und die Substanz jedes Wortes ist?

      Muss dieser Seite etwas Neues hinzugefügt werden, damit wir das Papier sehen? Muss dieser momentanen Erfahrung etwas Neues hinzugefügt werden, damit wir des Gewahrseins gewahr werden, das Träger und Substanz dieser Erfahrung ist?

      Wenn wir, nachdem wir das Papier bemerkt haben, zu den Worten zurückkehren, verlieren wir dann das Papier aus den Augen? Sehen wir nicht die beiden, die scheinbar zwei sind, gleichzeitig als eins? Und haben wir sie nicht bereits stets als eins erlebt, ohne es zu bemerken?

      Und verlieren wir entsprechend jenes Gewahrsein aus den Augen, das wir in und hinter jeder Erfahrung bemerkt haben, wenn wir den Fokus unserer Aufmerksamkeit wieder auf die objektiven Aspekte der Erfahrung richten? [„Objektiv“ meint der Autor in diesem Buch nicht im Sinne von „objektiver Berichterstattung“, sondern: bezogen auf die „Gegenstände“ von Erfahrung; und bei diesem Wort sollte man nicht nur materielle Gegenstände assoziieren! Anmerkung d. Verlags] Sehen wir die beiden, die scheinbar zwei sind, nun nicht gleichzeitig als eins? Und war es nicht immer schon so?

      Beeinflussen die Worte das Papier? Ist dem Papier wichtig, was mit den Worten gesagt wird? Beeinflusst der Inhalt einer Erfahrung das Gewahrsein, in dem sie erscheint?

      Jedes Wort auf dieser Seite ist tatsächlich nur aus Papier gemacht. Es drückt die Natur des Papiers aus, auch wenn das Wort vielleicht den Mond beschreibt.

      Jede Erfahrung bringt nur GEWAHRSEIN oder BEWUSSTSEIN zum Ausdruck, auch wenn die Erfahrungen unendlich variieren.

      GEWAHRSEIN oder BEWUSSTSEIN ist das offene NICHTWISSEN, auf das jede Erfahrung geschrieben wird.

      Es ist so offensichtlich, dass es nicht bemerkt wird.

      So nahe, dass es als Objekt nicht erkannt werden kann und doch immer bekannt ist.

      So grundlegend, dass alle Erfahrungen, so winzig oder riesig sie auch sein mögen, völlig von dessen Präsenz gesättigt und durchdrungen sind.

      So liebevoll, dass alles Vorstellbare bedingungslos darin aufgehoben ist.

      So offen, dass es alles in sich aufnimmt.

      So weit und grenzenlos, dass alles darin enthalten ist.

      So gegenwärtig, dass jede einzelne Erfahrung in seiner Substanz schwingt.

      Es ist nur dieses NICHTWISSEN, die Quelle, die Substanz und die Bestimmung jeglicher Erfahrung, auf die hier immer und immer wieder verwiesen wird.

      Rupert Spira

       Oktober 2008

      Der Garten des Nichtwissens

      Die abstrakten Konzepte des Verstandes oder Geistes können REALITÄT nicht erfassen, auch wenn sie Ausdruck von REALITÄT sind.

      (Zur Erläuterung: Das Wort mind wird in diesem Buch in zwei Bedeutungen verwendet. Im vorausgehenden Satz gilt die erste Bedeutung, diese beinhaltet: a) Denken und Vorstellen, b) Spüren (bezogen auf körperliche Empfindungen) und c) Wahrnehmen, also Sehen, Hören, Schmecken, Riechen und Berühren, mittels derer die Welt ‚erkannt‘ wird. In dieser Bedeutung werden der Körper und die Welt als Projektionen des Geistes angesehen. Die zweite Bedeutung bezieht sich nur auf das Denken und die Vorstellungen. Meist ist die zweite Bedeutung gemeint, aber gelegentlich wird das Wort mind in seiner weiteren Bedeutung verwendet. Rupert Spira)

      [Anmerkung des Übersetzers: Das englische Wort mind hat im Deutschen keine direkte, eindeutige Entsprechung. Wir verwenden hier in der Regel den Begriff „Geist“, der für die „geistigen Prozesse“ steht. Diese umfassen sowohl das, was wir als Verstand bezeichnen, als auch das, was im Wahrnehmen und Empfinden geschieht. Gelegentlich verwenden wir auch den Begriff „Verstand“, wenn die Ausführungen sich speziell auf diesen Aspekt beziehen.]

      Dualität, die Polarisierung in Subjekt und Objekt, ist ein Bestandteil der Konzepte des Verstandes. Sprechen wir zum Beispiel vom ‚Körper‘, so beziehen wir uns auf ein Objekt, das wiederum ein Subjekt impliziert. Erforschen wir dieses Objekt, so entdecken wir, dass es als solches nicht existent und eigentlich nur eine ‚Empfindung‘ ist.

      Allerdings ist auch ‚Empfindung‘ immer noch ein Objekt und weiteres Untersuchen zeigt, dass es aus ‚Empfinden‘ gemacht ist, sozusagen aus ‚geistigem Stoff‘ und nicht aus etwas Physischem.

      Und dann entdeckt man, dass ‚Empfinden‘ wiederum aus ‚Wissen‘ oder ‚Erkennen‘ gemacht ist. Und wenn wir das erforschen, finden wir heraus, dass es aus BEWUSSTSEIN gemacht ist.

      Wenn wir BEWUSSTSEIN untersuchen, stellen wir fest, dass es keine objektiven Qualitäten hat. Und doch ist es das, von dem wir zuinnerst wissen, dass wir es sind. Es ist das, was wir mit ‚Ich‘ bezeichnen.

      Und wenn wir ‚Ich‘ erforschen, finden wir heraus, dass es gemacht ist aus …

      Hier brechen die abstrakten Konzepte des Verstandes zusammen. Weiter kommen sie nicht. Es gibt keine angemessene Bezeichnung für das, in das sich der Verstand auflöst. Wir kommen zur äußersten Einfachheit direkter Erfahrung.

      Diese Ent-Objektivierung ist der Prozess scheinbarer Rückbildung (Involution), durch den ‚Das-was-nicht-benannt-werden-kann‘ seine Projektion des Körpers, des Geistes und der Welt zurückzieht und wieder entdeckt, dass es die eine Substanz der nahtlosen Totalität der Erfahrung ist.

      ‚Das-was-nicht-benannt-werden-kann‘, die ABSOLUTE LEERE, in die der Geist zusammenbricht, projiziert sich dann selbst, in sich selbst, beschreitet wieder den Weg scheinbarer Objektivierung, um die Erscheinungen Geist, Körper und Welt erneut zu erschaffen.

      ‚Das-was-nicht-benannt-werden-kann‘ und doch manchmal als ‚ICH‘, ‚BEWUSSTSEIN‘, ‚SEIN‘, ‚PURES WISSEN‘ bezeichnet wird, nimmt die Form von Denken, Spüren oder Wahrnehmen an, um als ein Körper, ein Geist oder eine Welt zu erscheinen.

      Dies ist der Prozess einer scheinbaren Evolution, durch den ‚Das-was-nicht-benannt-werden-kann‘ einen Körper, einen Geist und eine Welt gebiert, ohne dabei jemals etwas anderes zu werden als es selbst.

      Dieser Prozess von Evolution und Involution ist der Tanz der ‚EINSHEIT‘. ‚Das-was-nicht-benannt-werden-kann‘ nimmt Gestalt an, löst sich wieder auf, vibriert in jeder Nuance von Erfahrung, geht in sich selbst auf, ist transparent, offen, leer und leuchtend.

      Der Verstand versucht, die Modulationen dieser Leere zu beschreiben, die sich selbst als Fülle der Erfahrung manifestiert und deren Fülle sich selbst als Leere erkennt. Und er weiß, dass er damit eine Kerze in den Wind hält.

      Der Verstand beschreibt die Namen und Formen, durch die sich ‚Das-was-nicht-benannt-werden-kann‘ selbst aufteilt, um wie zwei oder wie viele zu erscheinen und um so die EINSHEIT von BEWUSSTSEIN/SEIN als BEWUSSTSEIN und SEIN erscheinen zu lassen.

      Und der Verstand benutzt die gleichen Namen und Formen, um den scheinbaren Prozess zu beschreiben, durch den ‚Das-was-nicht-benannt-werden-kann‘ entdeckt, dass es nie zu etwas wird, dass es immer nur es selbst ist, es selbst ist, es selbst ist.

      Jede der Aussagen hier ist lediglich vorübergehend wahr. Sie stimmt bezogen auf eine Aussage, ist aber falsch bezogen auf eine andere.

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