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Vater und stöhnt schon wieder.

      „Ist Ihnen übel? Schwarz vor Augen?“

      „Ein bisschen vielleicht“, haucht meine Mutter. Sie sieht auch wirklich sehr blass aus.

      Der Oberst geht entschlossen zu seinem Sprinter zurück und öffnet die hintere Tür.

      „Dann alle mal einsteigen“, sagt er. „Wir fahren ins Krankenhaus. Karim, Jan, helft mir mal, die Weihnachtspakete nach hinten zu schaffen.“

      Es ist fast ein Uhr in der Nacht, als der Oberst uns endlich zu Hause absetzt. Im Krankenhaus war die Hölle los. Man glaubt gar nicht, wie viele Leute kurz vor Weihnachten noch auf die Idee kommen, sich die Knochen zu brechen.

      Immerhin hat sich die Warterei gelohnt. Meine Mutter hat einen dreifachen Bruch am Ellbogen und mein Vater einen gebrochenen Knöchel. Beide tragen Schienen, müssen aber nicht operiert werden. Sie sollen nach Weihnachten zur Kontrolle kommen, ob auch alles gut zusammenwächst. Bis dahin müssen sie sich viel Ruhe gönnen, behauptet meine Mutter.

      Der Oberst hält mich am Jackenärmel zurück, als ich meinen Eltern ins Haus folgen will.

      „Tut es dir nicht leid, was deine Eltern deinetwegen durchmachen müssen?“

      „Äh, doch“, sage ich, und habe auf einmal tatsächlich ein schlechtes Gewissen. Vielleicht sollte ich dem Oberst die Wahrheit sagen, dass es nämlich mein Vater war, der auf die Straße getänzelt ist.

      „Und weißt du, was das Schlimmste ist?“, will der Oberst wissen.

      „Der dreifach gebrochene Ellenbogen?“

      „Die armen Waisenkinder in Afrika bekommen wegen dir keine Weihnachtsgeschenke. Jedenfalls nicht rechtzeitig.“ Der Oberst macht eine Handbewegung zum hinteren Teil des Sprinters, in dem geschätzt hundert Weihnachtspakete lagern. Na ja, vielleicht auch einige weniger.

      „Können Sie nicht einfach morgen früh zur Post fahren?“

      „Wie stellst du dir das vor?“ Er schaut auf seine Armbanduhr. „Ich habe gerade noch genug Zeit zum Packen. In fünf Stunden fliege ich mit meinem Bruder nach Florida.“

      Weihnachten in Florida? Das hätte ich dem alten Oberst gar nicht zugetraut.

      „Dann bringe ich morgen die Pakete zur Post“, sage ich kurzentschlossen.

      „Du?“ Der Oberst schaut wieder auf seine Uhr. „Ich wollte die Pakete bei der Hauptpostfiliale aufgeben. Damit sie rechtzeitig zu Weihnachten ankommen.“

      „Ich kümmere mich darum, versprochen.“

      „Du hast doch gar keinen Führerschein.“

      „Pawlowka“, fällt mir ein. „Ich meine Paula Jacubowsky. Sie ist die Nachbarin von Karim. Und sie hat einen Führerschein. Sie hilft uns bestimmt.“ Ich habe keine Ahnung, warum ich das sage.

      „Meinst du, sie kann einen Sprinter fahren?“

      „Bestimmt“, behaupte ich. Allerdings nur, weil ich die Frage gar nicht richtig gehört habe. Mich beschäftigt immer noch die Frage, wie um alles auf der Welt ich Pawlowka davon überzeugen soll, dass sie den Pakettransport übernimmt.

      „In Ordnung“, sagt der Oberst. „Paula ist ein zuverlässiges Mädchen. Ich lasse den Sprinter bei mir im Hof stehen. Weißt du, wo das ist?“

      „Klaro.“ Natürlich weiß ich, wo der Oberst wohnt. Früher war das das beliebteste Haus für unsere Klingelpartys.

      „Gut. Also, der Schlüssel steckt. Und wenn ihr die Pakete zur Post gebracht habt, stellt ihr den Wagen wieder bei mir ab. Den Schlüssel werft ihr in den Briefkasten.“

      „Darauf können Sie sich verlassen“, sage ich, weil er wirklich sehr besorgt wirkt und auch erschöpft (was kein Wunder ist, wenn man mehrere Stunden mit meinen überdrehten Eltern im selben Wartebereich eines Krankenhauses verbracht hat).

      „Und dass Paula auf den Sprinter aufpasst. Er gehört meinem Bruder.“

      „Machen Sie sich keine Sorgen“, sage ich. „Ich übernehme persönlich die Verantwortung.“

      Ich bin mir nicht sicher, ob ihn der letzte Satz wirklich beruhigt.

      „Wenigstens willst du alles wieder gutmachen“, seufzt er, bevor er in den Sprinter einsteigt.

      Irgendwie hat Frau Dalmann ja recht damit, dass die Weihnachtspaketaktion nicht die Situation eines ganzen Landes plötzlich verbessern wird. Darüber denke ich nach, als ich in der Nacht noch einige Zeit wachliege. Aber dann stelle ich mir vor, dass es Kinder gibt, die sich auf genau diese Weihnachtsgeschenke freuen. Und ich bin mitverantwortlich dafür, wenn diese Kinder kein einziges Paket unter ihrem Weihnachtsbaum finden.

      Soweit darf es nicht kommen.

      Am Morgen stehe ich gegen neun Uhr vor Karims Haustür. Am liebsten wollte ich schon früher zu ihm, aber wie sich herausgestellt hat, kann meine Mutter mit nur einem Arm so gut wie nichts alleine machen. Ich musste ihr sogar das Frühstücksbrot schmieren. Und anschließend den Küchentisch abräumen, wozu mein Vater mit seinem gebrochenen Fuß auch nicht in der Lage ist. Und wo ich schon einmal dabei war, durfte ich gleich noch staubsaugen. Nur gut, dass Tante Constanze vorzeitig kommen wird, um den beiden zu helfen. Am Telefon hat sie bereits angekündigt, dass sie die Weihnachtsdekoration in unserem Haus aufmotzen wird (so hat sie es ausgedrückt).

      Warum kann Weihnachten nicht einfach ausfallen?

      „Bist du verrückt?“ Karim schreitet den schmalen Raum zwischen seinem Bett und dem Schreibtisch ab, hin und her, immer wieder. Ich beobachte ihn vom Schreibtischstuhl aus, nachdem ich ihm von meinem Gespräch mit dem Oberst erzählt habe.

      „Die Pawlowka hat bestimmt keine Zeit, uns zu helfen“, sagt er. „Wahrscheinlich muss sie im Bioladen die Zutaten für das Weihnachtsessen bestellen. Oder sie ist beim Wohltätigkeitsbrunch der katholischen Jugend. Oder, was weiß ich, beim Monatstreffen der Voll-engagierten-Leute-die-nichts-von-langweiligen-Typen-wie-uns-wissen-wollen.“

      So wie er sie hinstellt, ist er nun doch beleidigt wegen Pawlowkas gestriger Ansprache. Na ja, ich muss auch noch verdauen, dass sie uns als die uninteressantesten Jungs der Schule betitelt hat.

      „Aber irgendwie müssen wir die Geschenke zur Post bringen.“

      „Das ist dann wohl nicht mein Problem.“ Karim bleibt stehen und verschränkt die Arme vor der Brust.

      „Du hast doch die Feuerzangenbowle gekauft“, erinnere ich ihn. „Nur deswegen ist mein Vater vor den Sprinter getanzt.“

      „Das sah aber auch zu komisch aus.“ Karim lacht. „Und deine Mutter, wie sie hinterhergehechtet ist.“

      „Lass uns lieber überlegen, wie wir die Pakete zur Post bekommen.“

      „War ja nur Spaß, mein Freund.“ Karim lässt sich aufs Bett fallen und schnappt sich sein Smartphone vom Nachttisch. „Lass mal schauen, wo diese Hauptpost überhaupt ist.“

      „In Rastatt?.“

      „Also, ich find hier keine Hauptpost in Rastatt.“

      „Vielleicht in der Umgebung?“

      „Es gibt eine Hauptpost in Wiesbaden. Ist das nicht in Bayern?“

      „Quatsch. Zeig mal her.“ Ich rolle mit dem Schreibtischstuhl zum Bett, und Karim gibt mir sein Smartphone. „In Rastatt gibt es sieben Postfilialen.“

      „Mann, so weit war ich auch schon“, sagt er. „Aber welche ist die Hauptpost?“

      „Wir können anrufen und fragen.“ Ich tippe auf dem Display die Nummer der ersten Postfiliale an, die ich finde, und stelle den Lautsprecher an. Der Anruf wird fast sofort entgegengenommen.

      „Poschtamt Raschtatt, Schröder“, sagt eine Männerstimme mit eindeutig badischem Dialekt.

      „Äh, guten Tag, Herr Schröder“,

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