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es ihr zu erklären, doch sie wird es nie nachvollziehen können. Jimmy hat seinen Auftrag nicht vollenden können. Er hat sein Leben gegeben, als er etwas sehr Wichtiges tat. Das Leben Unschuldiger retten. Wenn ich dieser Firma irgendwie helfen kann, ihre Ziele zu erreichen, habe ich das Gefühl, Jimmy zu helfen, seine Mission zu Ende zu bringen.

      Außerdem ist Jimmy nicht das einzige Opfer gewesen. Sein Teamkamerad Sal Mezzina wurde ebenfalls getötet. Und vielleicht noch schlimmer: Sein anderer Teamkamerad, Malik Fournier, war in Gefangenschaft geraten und monatelang festgehalten worden.

      Vor zwei Wochen ist Malik jedoch befreit worden. Ich kann gar nicht in Worte fassen, welche Bürde das von meinen Schultern genommen hat.

      Aus irgendeinem Grund bin ich sehr in die Suche nach Malik verstrickt worden. Monatelang hatte Jameson Hunderttausende Dollars in geheime Reisen nach Syrien investiert. Wir bezahlten Informanten, verstießen gegen die Wünsche unserer Regierung, von Befreiungsversuchen abzusehen, und durchsuchten das ganze Land nach ihm. Erst nachdem Kynan eine Million Dollar für brauchbare Informationen über Maliks Aufenthaltsort – tot oder lebendig – aussetzte, bekamen wir endlich einen soliden Beweis seiner Gefangenschaft.

      Kynan traf die mutige Entscheidung, unser Team zu schicken, das Malik vor seinen Entführern rettete – die Mithilfe unserer Regierung vermeidend oder besser gesagt die Behinderung, denn die müssen immer nach bestimmten Regeln vorgehen.

      Diese Nachricht hat mich glücklicher gemacht, als ich seit einer ganzen Weile war. Ich hatte das Gefühl, dass Jimmy und Sal ihre leitenden Hände über unserem Team hatten, das Malik erfolgreich nach Hause gebracht hat.

      Seit zwei Wochen befindet sich Malik in Montreal und erholt sich bei seiner Familie. Da seine Mutter Amerikanerin ist und sein Vater Franko-Kanadier, besitzt er beide Staatsbürgerschaften. Sicherlich würde jeder an seiner Stelle eine Weile zu Hause bleiben wollen, um sich von den Strapazen zu erholen. Doch Kynan sagte, dass er bald wieder zur Arbeit komme, und ich kann es kaum erwarten, ihn zu sehen. Ich muss mich selbst davon überzeugen, dass Wunder geschehen können und dass Jimmys Tod vielleicht doch nicht ganz umsonst war.

      Wie erwartet liegt eine Schachtel voller Donuts auf dem Tresen der großen Küche, die in den Gemeinschaftsraum übergeht. Auf dieser Etage befinden sich ein paar kleine Apartments, in denen unsere alleinstehenden Kollegen wohnen. In der Küche finden große Team-Essen statt, Zusammenkünfte, und der Aufenthaltsbereich ist wie ein großes Wohnzimmer, ausgestattet mit bequemen Sofas, Fernsehsesseln und einem riesigen Fernseher. Hier veranstaltet Kynan immer eine umwerfende Superbowl-Party, wurde mir erzählt.

      Ich schaue auf meine Uhr und sehe, dass ich noch fünfzehn Minuten bis zu meiner Morgenbesprechung unten mit Kynan habe, in der wir seine Termine und Aufgaben für den Tag durchgehen. Ich nehme mir eine Tasse Kaffee, einen Ahornsirup-Donut, setze mich an die Kücheninsel und checke mein Handy. Schon hat Mom mir drei Fotos von Avery geschickt, die ich mir eine Weile ansehe, während ich dabei meinen Donut futtere.

      Der frühere Lastenaufzug hält im vierten Stock und die Tür gleitet auf. Ich sehe nicht einmal von meinem Handy hoch, da ich annehme, es wäre Kynan, der sich Kaffee und einen Donut holen will.

      „Hi, Kynan“, sage ich und blättere zum ersten Foto von Avery zurück, auf dem sie eine kleine Spuckeluftblase vor den Lippen hat. „Sieh dir das an.“ Ich hebe den Kopf, drehe ihm das Handy zu, und dann bleibt mir der Mund offen stehen wegen des Mannes, der aus dem Aufzug tritt. Er hat eine große Militärtasche über der Schulter.

      Malik Fournier.

      Wir haben uns erst ein Mal gesehen. An dem Abend vor dem Einsatz, doch die Unterschiede zwischen diesem Mann und dem, der jetzt vor mir steht, sind mehr als deutlich.

      Malik war ein großer Mann, und das trifft auf seine Höhe immer noch zu. Doch als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, war er muskulös. Ein straffes Paket, und er schien genau zu wissen, wie er seine Kraft einsetzen kann. Der Mann vor mir ist viel dünner, auch wenn er in den letzten zwei Wochen bei seinen Eltern sicherlich gut zugenommen hat. Seine Wangen sind leicht eingefallen und seine Augen haben Ringe. Vielleicht dauert es länger als zwei Wochen, um den Schlaf aufzuholen, den er sicherlich in der Gefangenschaft nicht bekommen hat.

      Ich weiß, dass es ihm schlecht ergangen ist, denn ich habe Cage nach allen schrecklichen Details ausgefragt, als er nach der Rettung wieder in Pittsburgh war. Erst hat er sich geweigert, aber dann nachgegeben. Weil Cage ein sehr guter Freund geworden ist und besser als jeder andere weiß, wie sehr ich in Maliks Rettung verstrickt war, um endlich inneren Frieden zu finden und über Jimmys Tod hinwegzukommen.

      Cage hat mir alle Details erzählt. Nachdem er damit fertig war, wünschte ich, er hätte es nicht getan. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie jemand so etwas überleben kann.

      Und dennoch … ihn jetzt vor mir zu sehen, noch nicht wieder ganz der Alte und doch so stark, dass er die Gefangenschaft überlebt hat, trifft es mich so, wie ich es erwartet habe. Es ist wie Balsam für meine Seele, zu wissen, was für ein Wunder es ist, dass er überlebt hat. Obwohl es Jimmys Tod nicht leichter zu akzeptieren macht, nimmt es mir definitiv einen Teil der Trauer und ersetzt sie durch echte Freude, dass Malik das Unmögliche geschafft hat.

      Wir sehen uns eine Weile an, dann blickt Malik auf das Handy.

      „Süßes Kind.“

      Kapitel 3

      Malik

      Natürlich ist es ein süßes Kind. Es ist das Produkt von Jimmy und Anna, die ein ungewöhnlich schönes Paar waren. Ich habe Anna erst ein Mal vor dem Einsatz getroffen, bei einem Jameson-Treffen auf ein paar Drinks am Abend, bevor wir abgeflogen sind. Ich habe mit Jimmy fast einen Monat gearbeitet und trainiert, seine Frau vorher aber noch nicht kennengelernt.

      Ich weiß alles über das kleine Mädchen, das mich vom Display auf Annas Handy ansieht. Von dem Moment an, als ich von meinen Kameraden befreit wurde, konnte ich nicht aufhören, Fragen zu stellen. Cage musste mir wiederholt jedes schmerzvolle Detail, das er über Jimmy und Sal wusste, erzählen, und ich verglich es mit meinen eigenen Erinnerungen. Wie sie gestorben sind und wie ihre Leichen geborgen wurden. Sal ist an einer Schusswunde in die Hauptschlagader verblutet und Jimmy starb an einem Genickschuss.

      Die Schuld an den beiden Toden erdrückt mich, und ich kann nichts tun, um diesen Schmerz zu lindern. Vielleicht interessieren mich Anna und ihr Baby Avery deshalb so sehr. Wie übersteht eine Frau es, ihren Ehemann zu verlieren und täglich seine Tochter zu sehen? Als ich vor ihr stehe und sie mich gelassen und willkommen heißend anlächelt, kann ich mir vorstellen, dass es ein anstrengender Akt sein muss.

      Ich fühle mich ein bisschen unwohl.

      In den letzten zwei Wochen habe ich viel nachgedacht. Erst habe ich mich hauptsächlich ausgeruht. Dann jede Menge gegessen, um meinen Körper wieder aufzubauen. Bei meinen Eltern zu Hause in Montreal zu sein, war genau, was ich brauchte, denn meine Familie steht sich sehr nah und kennt mich ganz genau. Sie umsorgten mich nicht übertrieben. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie sehr meine Eltern und Geschwister getrauert und sich gesorgt haben mussten, doch sie machten keinen Wirbel um mich, weil sie wussten, dass ich das gehasst hätte.

      Meine Geschwister kamen einzeln, um mich zu besuchen. Max und Lucas sind professionelle Eishockey-Spieler und kamen vorbei, als sie in Ottawa spielten. Meine Schwester Simone und ihr Mann Van – ein früherer Hockey-Spieler bei den Cold Fury – kamen für eine Woche, doch genau wie meine Brüder hingen sie nicht die ganze Zeit an mir und betrauerten die Tatsache, dass ich fünf Monate lang ein Gefangener im Mittleren Osten gewesen bin. Van und ich spielten zusammen viel auf der Xbox und Simone kochte mir all meine Lieblingsgerichte. Meine Eltern sahen mich oft nachdenklich an, doch das konnte ich ihnen nicht verübeln. Sicherlich konnten sie genauso wenig glauben, dass ich überlebt habe, wie ich selbst.

      Doch dann wurde es Zeit, wieder nach Pittsburgh zu fliegen. Zu meinem Job. Erst da äußerten meine Eltern ihre Meinung und ihre Bedenken. Zwar begründeten sie es mit Worten wie Vielleicht solltest du dich noch eine Weile ausruhen, doch ich wusste, dass sie Angst hatten, dass ich auf die nächste

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