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und Mütter in demselben Sinn ihr übriges Leben zu verbringen, und zu wissen, dass nicht durch Jammern und Wehklagen sie uns am meisten zu Gefallen leben; sondern wenn die Gestorbenen irgendetwas wissen um die Lebenden, werden sie uns so am meisten zuwider sein, wenn sie sich selbst Übles zufügen und schwer die Unfälle ertragen, wenn aber leicht und gemäßigt, dann werden sie uns Freude machen. Denn wir werden nun ein solches Ende nehmen, welches für die Menschen das schönste ist, so dass sie uns mehr verherrlichen sollten als bejammern. Sorgen sie aber für unsere Weiber und Kinder, und erziehn die und wenden darauf ihren Sinn: So werden sie am leichtesten das Geschick vergessen und schöner und richtiger leben, und auch uns mehr zur Freude. Dieses nun ist genug den Unsrigen von uns zu melden. Der Stadt aber möchten wir auftragen, dass sie sowohl für unsere Väter als für unsere Kinder sorge, diese sittig erziehend, jene würdig pflegend im Alter; nun aber wissen wir, dass, wenn wir es ihr auch nicht auftragen, sie doch dafür gehörig sorgen wird.

      Dieses also ihr Väter und Kinder der Gebliebenen haben jene uns aufgegeben euch zu vermelden, und ich, so treu ich kann, vermelde es euch, und bitte selbst noch in jener Namen, die Einen dass sie die Ihrigen nachahmen, die Andern, dass sie unbesorgt seien für sich, weil wir schon jeder für sich und von Staatswegen euer Alter pflegen und versorgen werden, wo nur jeder irgendeinen antreffen möge, der jenen angehört. Die Vorsorge des Staates aber kennt ihr ja selbst, wie er Gesetze gegeben hat wegen der Kinder und Erzeuger der im Kriege Gebliebenen und sich ihrer annimmt, und wie vor allen übrigen Bürgern eine Obrigkeit, welche die höchste ist, den Auftrag hat zu verhüten, dass den Vätern und Müttern von diesen nichts Unrechtes widerfahre, die Kinder aber selbst hilft er erziehn, und sorget, dass ihnen ihr Waisentum mindest möglich fühlbar werde, indem er sich selbst an Vaters Stelle setzt, solange sie noch Kinder sind, und er sie in ihr Eigentum entlässt, ihnen dann eine vollständige Rüstung verehrt, um sie hinzuweisen und zu erinnern an des Vaters Bestrebungen, indem er auch ihnen die Werkzeuge der väterlichen Tugend darreicht, und zugleich der guten Vorbedeutung wegen sie anfangen lässt den väterlichen Herd kräftig zu beherrschen mit Waffen geschmückt. Die Gebliebenen selbst aber hört er nie auf zu ehren, indem er jegliches Jahr für sie alle gemeinsam das Gebräuchliche vollzieht, was auch jeder Einzelne besonders für sich erlangt, und überdies Kampfspiele einsetzt in der körperlichen Stärke und der Reitkunst und der gesamten Musik, und sich ordentlich den Gebliebenen selbst an Erben und Kindesstatt darstellt, den Söhnen aber an Vaters Stelle und den Eltern und dergleichen als Versorger, allen allezeit alle Sorgfalt erweisend. Dieses bedenkend müsst ihr das Schicksal milder ertragen; denn den Toten und den Lebenden werdet ihr so am liebsten sein, und werdet am leichtesten pflegen sowohl als gepflegt werden. Nun aber ihr sowohl als die Übrigen insgesamt, nachdem ihr gemeinsam dem Gesetz gemäß die Gebliebenen betrauert habt, tretet ab.

      „Ich habe ihn geliebt …“

       Ambrosius’ Trauerrede für Kaiser Theodosius

      (395 n. Chr.)

      Einführung

      Die Leichenreden des Ambrosius – neben der hier wiedergegebenen sind uns noch zwei weitere, und zwar für Kaiser Valentinian und für Ambrosius’ Bruder Satyrus, bekannt – sind die ersten der christlichen römischen Antike, die uns überliefert sind. Darüber hinaus haben wir es mit einem in der antiken Rhetorik bestens geschulten und einem der berühmtesten Redner seiner Zeit zu tun. Welche Wirkung seine Redekunst auf seine Zuhörer ausübte, bezeugt kein Geringerer als Augustinus in seinen „Bekenntnissen“: Die Auslegung des geistlichen Schriftsinnes und die allegorische Deutung biblischer Texte waren imstande, dem neuplatonisch geprägten Augustinus die Bibel zu erschließen, deren Inhalt auf den philosophisch Gebildeten bislang eher abstoßend gewirkt hatte. Damit wurde Ambrosius entscheidend für die Hinwendung des Augustinus zum Christentum.

      Auch die hier dokumentierte Leichenrede auf Kaiser Theodosius lässt den Einfluss der profanen Rhetorik, insbesondere die Tradition der antiken Trostrede (consolatio) erkennen. Doch der Mailänder Bischof gibt diesem Vorbild ein eigenes, christliches Gepräge. Den Eingang bildet die Deutung von Naturereignissen als Vorboten des Todes des Kaisers. (Dass in der Antike Geburt und Tod bedeutender Persönlichkeiten mit außergewöhnlichen Naturerscheinungen in Verbindung gebracht werden, ist uns zumindest aus der Kindheitsgeschichte des Matthäusevangeliums vertraut.) Als Leitfaden für seine Rede wählt Ambrosius den 114. Psalm. Mit dem refrainartig wiederholten „Ich habe ihn geliebt“ gelingt es ihm geschickt, die beiden Teile seiner Rede miteinander zu verbinden: Im ersten Teil stellt er das Lob des Toten und die Aufzählung seiner zu rühmenden Taten unter dieses Wort als Ausdruck der Gottesbeziehung des Kaisers, im zweiten Teil bezieht der Redner das „Ich habe ihn geliebt“ auf sich selbst, um sein eigenes Verhältnis zum toten Kaiser darzulegen.

      Für das inhaltliche Verständnis dieser Rede ist es allerdings unabdingbar, das tatsächliche, höchst spannungsreiche Verhältnis zwischen dem Mailänder Bischof und dem römischen Kaiser zu kennen. Vor diesem Hintergrund bekommt das „Ich habe ihn geliebt“ eine besonders pikante Note.

      Ambrosius stammte aus vornehmem, christlichem Haus und strebte nach seiner Ausbildung in Rechtswissenschaften und Rhetorik eine politische Karriere an. Als Statthalter von Ligura Aemilia kam er nach Mailand und wurde bald darauf eher zufällig der Bischof dieser Stadt: Nach dem Tod seines Vorgängers waren heftige Streitigkeiten entbrannt, und Ambrosius, zu dessen Amtspflichten die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung gehörte, wohnte der Wahl bei und wurde – als Kompromisskandidat der streitenden Parteien – vom Volk „per acclamationem“ zum Bischof erkoren. (Um dieses Ereignis rankten sich auch bald Legenden.) Ambrosius war zwar von Kindheit her mit dem Christentum bestens vertraut, zum Zeitpunkt seiner Bischofswahl aber noch im Stand des Katechumenen, also noch nicht getauft!

      Als Theologe ist Ambrosius wenig originell und beschränkt sich im Wesentlichen auf die Rezeption der griechischen Kirchenväter. Innerkirchlich ist er auf die Durchsetzung der beim Konzil von Nikaia formulierten christologischen Lehre bedacht. Seine eigentliche Bedeutung aber liegt in seinem Verständnis des Verhältnisses von Kirche und Staat und seinem entsprechenden Handeln! Der Kaiser ist in der Kirche und nicht über ihr, formuliert er einmal prägnant. Der Staat habe der Kirche zu dienen! Gegen die Forderung des heidnischen Stadtpräfekten nach Tolerierung der verschiedenen Kulte wendet Ambrosius in aller Schärfe ein: Niemand könne sein Heil anders erwirken als durch die Verehrung des wahren Gottes. Deshalb sei vom Kaiser als dem Soldaten des Allmächtigen und des Glaubens nicht Toleranz, sondern Eifer für den wahren Gott gefordert! Bereits bei seiner ersten Messe, der Kaiser Theodosius in Mailand beiwohnte, stellt Ambrosius in einer für den Kaiser demütigenden Weise das Verhältnis zwischen Kirche und Staat klar: Theodosius kam aus dem oströmischen Reich und wurde nach dem Sieg über Maximus nach langer Zeit wieder Kaiser des gesamtrömischen Reiches. Nach oströmischem Brauch nahm der Kaiser bei der Messe zusammen mit den Priestern im Altarraum Platz und wurde vom Bischof ins Kirchenschiff verwiesen. Der Konflikt zwischen Ambrosius und Theodosius eskaliert bei verschiedenen Gelegenheiten. Für die abendländische Christentumsgeschichte und das Verhältnis zum Judentum besonders fatal: Als in Kleinasien vom christlichen Pöbel eine Synagoge in Brand gesteckt wurde und Theodosius die Bestrafung der Schuldigen anordnete, identifiziert sich Ambrosius mit den christlichen Fanatikern („Ich selbst habe die Synagoge in Brand gesteckt“) und bezeichnet die Juden als Feinde Christi, die deshalb vom Staat nicht begünstigt werden dürfen. Angesichts der Androhung der Exkommunikation lenkt der Kaiser schließlich ein. Und die christliche Judenhatz steigert sich daraufhin so sehr, dass im Jahr 393 eine strenge Verurteilung derselben nötig war.

      Eines Konflikts zwischen Ambrosius und dem Kaiser wird auch in der hier dokumentierten Rede ausführlich gedacht: In Thessalonich wurde der (gotische) Heerführer vom Volk gelyncht, nachdem er einen beliebten Wettkämpfer der – kurz zuvor unter Strafe gestellten – Homosexualität bezichtigt und in Gefängnishaft gebracht hatte. Theodosius ordnete darauf ein Massaker unter der Bevölkerung an, das etwa 7000 Todesopfer forderte! Dem Ambrosius gab dies Gelegenheit, ihm wie der Prophet Samuel dem König David entgegenzutreten und öffentliche Buße vom Kaiser zu fordern. Nach längerem Zögern lenkt Theodosius auch hier wieder ein und erhält zu Weihnachten

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