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heraus immer wieder versucht wird.

      Die nachfolgende Darstellung gibt einen einführenden Überblick, bevor ab Teil II die Frage beantwortet werden soll, welche Vorstellungsund Denkmuster uns hindern, umfassend durch unsere Beobachtungen zu einer Änderung unseres Verhaltens zu kommen, und welche davon geeignet sind, uns noch stärker nicht nur zu Lippenbekenntnissen, sondern auch zu wirklichen Taten anzutreiben.

       Massenvernichtungswaffen

      Von Massenvernichtungswaffen, mit denen der Mensch in atomarer oder biologischer oder chemischer Kriegsführung nicht nur die Menschheit, sondern nahezu alles Leben auf dem Planeten zerstören kann, wird in der Nachhaltigkeitsagenda fast gar nicht gesprochen. Dabei ist die Bedrohung seit den ersten Atombombenabwürfen und dem Einsatz von biologischen und chemischen Kampfstoffen in zahlreichen Kriegen und Konflikten nicht geringer geworden, sondern hat durch Modernisierungen des Inventars sogar immer größere Ausmaße angenommen.

      Sowohl die steigenden Wehretats der Länder als auch die wachsende Anzahl an Atomsprengköpfen sind ein markanter Ausdruck hiervon. 2019 verfügten die USA und Russland über knapp 12 600 Sprengköpfe, je etwa 300 verteilen sich auf China und Frankreich, der kleinere Rest auf Großbritannien, Pakistan, Indien, Israel und Nordkorea. Die Vernichtungsmacht selbst kleinerer Atomwaffenarsenale ist immer noch ungeheuerlich. Bezeichnend ist, dass wir aus Gründen der Geheimhaltung sehr wenig über die wahren Arsenale solcher Massenvernichtungsmittel wissen, aber sicher sein können, dass sie mehrfach ausreichen werden, den Planeten zu vernichten.

      Bei den Militärausgaben sind die USA Spitzenreiter mit 649 Milliarden US-Dollar 2018, was die gesamten Militärausgaben von China (250 Milliarden), Russland (61,4), Saudi-Arabien (67,6), Indien (66,5), Frankreich (63,8), Großbritannien (50) und Deutschland (49,5) übertrifft (zu den Daten siehe Sipri Yearbook 2019). Es gehört zu den großen Verdrängungsleistungen der Menschheit, dass nach dem Ende des Kalten Krieges, in dem die Bedrohung vielen Menschen noch sehr real erschien, die gegenwärtig gestiegene Gefährdung durch die Erweiterung der Waffenarsenale kaum noch breit und umfassend diskutiert wird. Früher als ABC-Waffen bezeichnet (ABC steht für atomar, biologisch und chemisch), werden heute diese Waffen mehr denn je in Massen produziert. Insbesondere bei den biologischen und chemischen Waffen gibt es wegen der Geheimhaltung unbekannte Bedrohungen, die kaum kalkuliert werden können. Die Aufrüstung mit Drohnen machen zukünftig Drohnenkriege möglich, die Tötungen und Zerstörungen aus der Ferne erleichtern. Viele Länder haben hier eine hohe Aufrüstung geleistet, die immer auch in einen Atomkrieg gesteigert werden könnte.

      Neben die militärische Aufrüstung ist eine zivile Ausrüstung getreten, die als gefährlich angesehen werden muss. Es ist durchaus überlegenswert, ob bereits die massenhafte Verbreitung von Schusswaffen weltweit, durch die etwa eine halbe Million Menschen jährlich sterben, als Massenvernichtungsstrategie bezeichnet werden sollte, oder ob erst mehrere Millionen Menschen in Kriegen sterben müssen, bevor die begriffliche Zuordnung als richtig erscheint.

      Im Kalten Krieg gab es ein Wettrüsten zwischen den USA und der Sowjetunion, heute wird der Begriff kaum noch genutzt. Aber auch dies ist eine Verdrängungsleistung, denn auch wenn die Staaten gern von einem hochtechnologischen und dabei defensiven Wettrüsten sprechen, so geht es immer um die Möglichkeit aggressiver Kriegsführung, die aus der Defensive in eine Offensive umschlagen kann. Die seit Jahrzehnten beobachtbare Steigerung der Waffenlieferungen weltweit ist ein wesentlicher Indikator dafür, wie sehr die Menschheit an ihre Selbstvernichtung glaubt. Insbesondere die Lieferungen aus demokratischen Ländern in Krisengebiete zeigt die Scheinheiligkeit eines kapitalistischen Systems, das Vernichtung zu einem Geschäftsmodell gemacht hat, und gleichzeitig von den Sicherheitsbedürfnissen der Menschheit spricht.

      Massenvernichtungswaffen sind und bleiben eine unmittelbare, weil jederzeit einsetzbare Bedrohung für die Gegenwart und Zukunft, zumal außer gegenseitiger Abschreckung keine Hoffnung darauf besteht, dass sie in Krisenfällen nicht doch genutzt werden. Deshalb sind Frieden und eine umfassende Friedenspolitik notwendig, um die Zukunft der Menschheit zu schützen. Je größer allerdings der rationale Kontrollverlust durch größenwahnsinnige Machthaber und populistische Überheblichkeit in einzelnen Ländern anwachsen, desto gefährlicher werden die Arsenale, deren Abrüstung mehr Wunsch als Wirklichkeit geblieben ist.

      Die Verdrängung der Gefahr durch Massenvernichtung ist ihrerseits eine Bedrohung geworden. Weil das Bewusstsein für diese Bedrohung abgenommen hat, haben auch Ängste und Sorgen vor der Gefahr nachgelassen. So könnte die Vorsicht vor übereilten Handlungen bei jenen abnehmen, die an den Hebeln der Vernichtung sitzen. Wenn über Nachhaltigkeit für zukünftige Generationen gesprochen wird, dann dürfen die Massenvernichtungswaffen nicht als Bedrohung ausgeschlossen werden. Sie werden sogar als Bedrohung wahrscheinlicher, weil durch die Verknappungen und ökologische Katastrophen die Konfliktpotentiale auf der Welt zu- und nicht abnehmen werden.

       Der wachsende negative Fußabdruck

      Die große Beschleunigung des Weltwandels, die durch die sozio-ökonomischen Trends ausgelöst werden, lassen sich anschaulich mit Steffen et al. (2015, 49) zusammenfassen (siehe Schaubild 3).

      Diese Trends, die aus unterschiedlichen Datenbanken zusammengestellt wurden, zeigen sehr anschaulich, wie sich (1) die Bevölkerungsdaten global entwickelt haben, wie (2) das Bruttoinlandsprodukt angewachsen ist, (3) globale ausländische Direktinvestitionen angewachsen sind, (4) die globale Stadtbevölkerung zugenommen hat, (5) wie der weltweite Primärenergieverbrauch anwächst, (6) wie die Düngemittel steigen, (7) die Großstaudämme erweitert werden, (8) der Wasserverbrauch steigt, (9) die Papierproduktion zunimmt, (10) die Anzahl der Kraftfahrzeuge anwächst, (11) Kommunikationsanschlüsse (Internet und Mobilfunk) steigen, (12) im Tourismus die Anzahl der Reisen, gemessen in Ankünften, anwächst.

      Dabei sind dies längst nicht alle Daten. Hinzu kommen etwa der wachsende Müll, die Verseuchung der Meere mit Plastik und Verschmutzung des Wassers, das Artensterben. Insgesamt steigen die Werte für die Treibhausgase immer mehr an, stratosphärisches Ozon nimmt zu, die Oberflächentemperatur der Erde steigt, die Versauerung der Meere wächst, der Regenwald schwindet, und viele Ressourcen werden unwiderruflich geplündert (zur großen Beschleunigung siehe etwa Davies 2016, Hamilton 2017).

      Durch seine Lebensweise auf der Erde hinterlässt der Mensch einen negativen Fußabdruck, der die biologische Fläche und alle Faktoren der Lebenserhaltung umfasst, auf die jeder Mensch durch seinen Lebensstil und Lebensstandard einwirkt. Neutral mag ein solcher Fußabdruck dann erscheinen, wenn er den gegenwärtigen Standard des Lebens auch zukünftigen Generationen gleichermaßen ermöglichen kann, als negativ ist er zu bezeichnen, wenn er die Menschen in der Zukunft mehr als in der Gegenwart beschränkt, schlechtere Lebensbedingungen für sie erzeugt, ihnen Ressourcen raubt oder Klima, Wasser, Böden, die Artenvielfalt negativ verändert. Diesen Trend hat die Menschheit seit den frühen 1970ern immer mehr verstärkt.

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       Schaubild 3: Die große Beschleunigung nach Steffen et al. (2015, 49)

      Den Kern eines negativen Fußabdrucks macht der ökologische Fußabdruck aus, denn den Konstrukteuren der Theorie des Fußabdrucks lag die Frage zugrunde, welche biologische Kapazität der Erde durch menschliches Handeln beansprucht wird (vgl. Wackernagel & Beyers 2016). In dem Ansatz werden die für einen Menschen durchschnittlich verfügbaren Land- und Wasserflächen als Biokapazität in ein Verhältnis zu dem gesetzt, was er für die Produktion seines Bedarfs nutzt und wo er seine Abfälle hinterlässt. Zu beachten ist, dass so in die Berechnung von Acker- und Weideland sowohl genutzte Meeresflächen für die Fischerei und Binnenwasserflächen als auch Wälder eingehen, nicht jedoch die bereits bebauten Flächen oder Wüsten und Gebirge. Anschaulich ist bei der Berechnung des ökologischen Fußabdrucks eine Umrechnung in globale Hektar, eine Messgröße, die geeignet erscheint, die unterschiedlichen Regionen, in denen die Menschheit lebt, miteinander in einen Vergleich zu setzen. Seit 1994 wird diese Methode eingesetzt,

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