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in der Transformation der Folgestörungen

       10.4Somatisierung des Verlusttraumas und psychosomatische Störungen – Das Verlusttrauma aus dem Körper lösen

       10.5Depression als Lebensverzicht – Die Depression aus dem Stillstand lösen

       11Vom bipersonalen Verlusttrauma in ein wieder glückendes Leben

       11.1Die traumatisierte Beziehung zum Leben und die Vermeidung des Lebens

       11.2Das bipersonale Verlusttrauma – Integration in die eigene Biografie

       11.3Die innere Beziehung zum Verstorbenen – Verbunden und gelassen ins weitergehende Leben integriert

       11.4Die bleibende Abwesenheit des Verstorbenen – Immer wieder trauriger Teil des weitergehenden Lebens

       11.5Wiederaneignung des Lebens – Zurück in ein wieder glückendes und neu sinnerfülltes Leben

       Literatur

       Über den Autor

       Vorwort

       Achtzehn Jahre …

      … hat es gedauert, achtzehn lange Jahre, bis ich mich jetzt noch einmal dem Trauma des Todes meines Sohnes stelle, es noch einmal vor mir sehe, es noch einmal bewusst anschaue, es noch einmal reflektiere.

      Das Schrecklichste, das geschehen konnte, ist an diesem Abend des 2. Oktober 2002 geschehen. Nie mehr werde ich dieses Datum, diesen Zeitpunkt vergessen – eingebrannt wie mit einem glühenden Stempeleisen in das Weiche meines Gehirns, hineinverschmolzen in die Gehirnzellen, ein Loch hineinbrennend.

      Nie mehr werde ich vergessen, was damals geschehen ist, so sehr ich es gerne vergessen würde, wohl immer noch mit der Hoffnung, dass es nicht geschehen sei, nicht geschehen sei mit meinem Sohn, nicht mit meiner Frau, nicht mit meiner Tochter.

      Diese eigene, ganz persönliche Erfahrung der Verlusttraumatisierung beim Unfalltod meines Sohnes ist der Hintergrund dieses Buches. Aber es ist nicht nur meine eigene traumatische Erfahrung, die mich bewegt, sondern vor allem auch die Traumatisierung, die mein Sohn bei seinem Unfall und durch seinen Tod erleben musste. Wenn ich daran denke, flammen mein Mitgefühl und meine Liebe zu ihm wieder in ganzer Intensität auf.

      Aber darf man in einem wissenschaftlich fundierten Buch so subjektiv von der eigenen Erfahrung ausgehen? Eigentlich wohl nicht, geht es doch darum, objektiv und mit Distanz ein wichtiges Thema darzustellen und das therapeutische Vorgehen wissenschaftlich zu begründen.

      Und doch ist es für mich nicht anders möglich: Ich muss und will von meiner eigenen Erfahrung ausgehen. Und das ist auch gut so. Denn vieles in diesem Buch ist nicht nur von mir erlebt, sondern jetzt mit dem Abstand und der Reflexion auch von innen her verstanden. Zudem kam inzwischen in diesen zurückliegenden achtzehn Jahren auch die traumatherapeutische Arbeit mit sehr vielen traumatisierten Trauernden mit unterschiedlichsten schwersten Verlustsituationen dazu. Und auch hier sind es nicht nur die Erfahrungen der Hinterbliebenen, sondern die Schicksale und Traumatisierungen der verstorbenen Menschen, die einfließen. Ich danke den Hinterbliebenen, die mich an ihren eigenen schmerzlichen Traumatisierungen teilhaben ließen und die mir von dem traumatischen Sterben ihres nahen Menschen erzählt haben. Ich danke ihnen, dass ich sie begleiten durfte und so den bipersonalen Prozess der Traumatisierung bei traumatischen Verlusten noch genauer und besser verstehen konnte. Ich konnte zunehmend lernen, was traumatisierte Trauernde, aber auch die Ego-States der Verstorbenen brauchen und was ihnen hilft. Ich konnte darüber diesen hier vorgestellten neuen Ansatz der Verlusttrauma-Therapie für schwer Trauernde und dafür wiederum viele neue Methoden entwickeln, die den Hinterbliebenen helfen, trotz ihrer schweren Traumatisierung und ihres intensiven Verlustschmerzes Wege in ein Leben zu finden, in dem es wieder Freude, Glück und neuen Sinn geben darf.

      Und natürlich habe ich die wissenschaftlichen Erkenntnisse, insbesondere der Neurowissenschaft und Traumapsychologie, aber auch die Erfahrungen von Kolleginnen und Kollegen in der Arbeit mit der traumatisierten Trauer aufgegriffen und integriert.

      So halten Sie ein Buch in den Händen, das ein in Deutschland bisher übersehenes, aber so wichtiges Thema in der Trauerpsychologie darstellt, das durch eigene schmerzliche Erfahrung und der von vielen anderen Hinterbliebenen und deren Verstorbenen geprägt ist und das schließlich Ihnen helfen will, traumatisierte Trauernde nahe und zugleich professionell zu begleiten. Möge dieses Buch in diesem Sinne seinen Dienst für viele erbringen – für die traumatisierten Hinterbliebenen und für Sie als Berater und Beraterinnen, als Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, und nicht zuletzt für die Weiterentwicklung einer neuen, hilfreichen Trauma-Trauerpsychologie.

       Remseck bei Stuttgart

       Roland Kachler

       1Was sind traumatische Verluste?

       Fallbeispiel 1: Der sinnlose Tod eines Zweijährigen

      Bei dem zweijährigen Lars wird in der Kinderklinik routinemäßig eine zunächst komplikationslose Darmspiegelung durchgeführt. Die Mutter bleibt in der darauffolgenden Nacht bei ihrem Sohn in der Klinik. Sie bemerkt, dass es ihrem Sohn schlecht geht und dass er wohl Fieber hat. Sie informiert mehrmals die Pflegekräfte, die ihr aber versichern, dass alles in Ordnung sei. Als dann auf weiteres Drängen der Mutter die diensthabende Ärztin kommt, liegt der Junge schon leblos in seinem Bettchen und reagiert nicht mehr. Die Mutter steht wie erstarrt daneben und nimmt schon nicht mehr richtig wahr, wie nun die Ärztin die Notfallmaßnahmen in Gang setzt. Der Junge kommt auf die Intensivstation, während die Mutter und der inzwischen gerufene Vater draußen vor dem Krankenhaus voller Verzweiflung warten. Sie sehen, wie der Oberarzt und der Chefarzt in die Klinik hasten. Ihre Ohnmacht und ihr Entsetzen werden immer größer. Nach zwei Stunden werden sie zum Chefarzt gerufen, der ihnen den Tod ihres Sohnes mitteilt. Die Mutter bricht schreiend zusammen, wird erst medizinisch und dann von der Klinikseelsorge betreut. Der Vater ist voller Wut und informiert noch aus der Klinik die Polizei, die dann in die Klinik kommt und mit den ersten Befragungen beginnt. Bei der angeordneten Obduktion stellt sich heraus, dass bei der Darmspiegelung der Darm des Jungen durchstoßen wurde und er letztlich an einer Sepsis verstarb.

      In diesem Beispiel zeigen sich die verschiedensten Aspekte eines schweren traumatischen Verlustes. Der plötzliche, völlig unerwartete Tod eines geliebten kleinen Kindes, das Miterleben seines Leidens, die Erfahrung einer eigenen überwältigenden Ohnmacht und die weiteren Situationen, von der Eröffnung der Todesnachricht bis zu Bestattung, sind massiv traumatisierend. Beide Eltern werden zu mir zur Trauerarbeit überwiesen. Doch es geht hier offensichtlich nicht nur um eine Trauerbegleitung, sondern auch um die Arbeit mit dem Trauma und seinen Folgen wie dem Schock, dem Betäubt- und Erstarrtsein und den immer wieder einbrechenden Schreckensbildern vom Tod des Jungen. Zugleich brechen immer wieder intensivste Verlustschmerz-Attacken durch, die sich im Schreien und in Weinanfällen besonders bei der Mutter zeigen. Und keinesfalls übersehen werden dürfen die intensiven Gefühle der Liebe der beiden Eltern zu ihrem Jungen, die Sehnsucht nach ihm und das Mitleiden mit ihm. Fragen insbesondere der Mutter nach dem Warum des Todes

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