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du mir etwa nicht mehr?«, erwiderte sie, worauf der junge Mann lächelte.

      »Sobald er zuschlägt, heilst du sie, so gut es geht«, rief Aoleyn Aydrian ins Gedächtnis, der zu diesem Anlass seine edelsteinverzierte Brustplatte angelegt hatte. Er nickte ernst.

      Die beiden Männer hielten Khotai fest und streckten ihren linken Arm zur Seite. Talmadge ergriff ihren Unterarm und drückte ihre verkrüppelte linke Hand fest auf einen flachen Stein, den Aoleyn ausgesucht hatte.

      Bahdlahn legte einen zweiten flachen Stein vorsichtig auf die Hand.

      Aoleyn legte ihre Hand an die Hüfte, wo der größte und stärkste Wedstein hing, und ließ sich in dessen Lied fallen. Als die Melodie harmonisch und laut erklang, sah sie auf und nickte Bahdlahn zu. Der junge Mann, der die letzten Monate damit verbracht hatte, eine Treppe in den Fels des Fireach Speuer zu schlagen, und dessen Muskeln vom schier endlosen Behauen und Tragen der Steine gestählt worden waren, hob einen Hammer hoch über den Kopf und ließ ihn mit beängstigender Kraft und Genauigkeit auf den Stein krachen, der auf Khotais Hand lag.

      Die Frau biss die Zähne zusammen, knurrte und heulte, als ihre Knochen zerschmettert wurden.

      Aydrian schickte sofort Heilmagie aus den Seelensteinen in seiner Brustplatte in ihre Hand.

      Aoleyn griff den Schmerz mit einer mächtigen Welle aus Wärme und Heilung an und benutzte dabei denselben Stein, einen Hämatit, den sie Wedstein nannte.

      Das ging viele Herzschläge so weiter, bis Khotai sich so weit beruhigt hatte, dass sie den Lederriemen, auf den sie gebissen hatte, ausspucken konnte.

      Talmadge und Aydrian ließen sie los.

      »Ja, das tat weh«, gestand sie Aoleyn. »Und wie weh das tat.«

      »Und jetzt?«, fragte Aoleyn.

      Khotai lächelte gelassen.

      »Beweg dich nicht«, bat Aoleyn. Sie forderte die drei Männer mit einer Geste auf, sie und Khotai allein zu lassen, dann setzte sie die Heilung eine ganze Weile lang fort. Als sie fertig war, wickelte sie die Hand vorsichtig in dünne Stoffstreifen ein und benutzte Zweige, um die Finger zu schienen.

      »Versuche nicht, sie zu bewegen«, wies Aoleyn sie an.

      »Wie lange?«

      »Nur ein Weilchen«, versprach Aoleyn.

      Zu Khotais Überraschung griff Aoleyn nach dem magischen Gürtel und nahm ihn ihr ab.

      »Du wirst schon sehen«, versprach sie, als sie wegging. »Ruh dich aus, versuch zu schlafen. Du bekommst ihn morgen früh zurück.«

      »Gibt es ein Problem?« Die Besorgnis in Khotais Stimme war unüberhörbar. Sie hatte erst an diesem Tag ihre Mobilität zurückerlangt und es war klar, dass die Vorstellung, sie so schnell wieder zu verlieren, unerträglich für sie war.

      »Nein, aber ich habe eine Idee. Du wirst schon sehen«, versprach Aoleyn mit Vorfreude in der Stimme.

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      Als Khotai am nächsten Morgen erwachte, gab Aoleyn ihr den Gürtel zurück. Er fühlte sich so an wie zuvor und sie konnte mit seiner Hilfe sicher und mühelos aufstehen.

      »Ich werde deine Hand unterwegs weiter heilen«, sagte ihr Aoleyn.

      »Was ist mit dem Gürtel?«

      »Beim Gehen hat sich nichts verändert«, erklärte Aoleyn und grinste vergnügt. »Aber du kannst jetzt über Wasser gehen, wenn du möchtest.«

      Khotai kicherte nervös. »Über Wasser? Auf dem Wasser?«

      Aoleyn nickte erneut und ihr Grinsen wurde breiter.

      »Ich schulde dir mein Leben, Aoleyn von den Usgar.«

      »Und ich schulde Talmadge das meine und er schuldet seines Khotai«, erwiderte Aoleyn. »Solche Schulden helfen uns allen.«

      Aydrian, der sich nicht weit entfernt aufhielt, hörte die Unterhaltung und stimmte Aoleyns Einschätzung zu. Der ganzen Welt ist mit solchen Schulden geholfen, dachte er.

      Er erinnerte sich an seine Vergangenheit, an seine Zeit mit Marcalo De’Unnero und den Weg des Bösen, den er beschritten hatte. Der dämonische Daktylus hatte ihn beherrscht.

      Er war nun frei von dieser abscheulichen Präsenz, einem Wesen, das man noch vor seiner Geburt in seinen Geist injiziert hatte, ein dämonischer Einfluss, den böse Männer mit schrecklichen Zielen ausgenutzt hatten.

      Doch Aydrian konnte sich diese Vergangenheit nicht verzeihen.

      Er musste darauf hoffen, dass König Midalis und Vater Abt Braumin Herde ihm vergeben würden, zumindest so weit, dass sie seine Warnungen beherzigten, denn er konnte nicht glauben, dass die buntgesichtigen Eroberer ihren Feldzug auf dem Bergplateau beenden würden. Sie waren von Westen gekommen und ihr Weg führte mit Sicherheit weiter nach Osten.

      Wo Honce-der-Bär auf sie wartete und eine Million Unschuldige.

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       Flucht und Kampf

      Er war allein. Hing hin und her schwingend vor dem Spiegel und abgesehen von einem Wächter, der gelegentlich die Fackeln austauschte, leistete ihm nur sein Spiegelbild Gesellschaft.

      Sie gönnten Egard nicht einmal Dunkelheit. Selbst dieses bisschen Würde verwehrten sie ihm. Sie wollten, dass er sich selbst in dem goldenen Spiegel hilflos an den Haken hängen sah. Sie wollten, dass er jeden sinnlosen Versuch, einen Arm so weit zu drehen, dass er einen der Haken aus dem anderen Arm ziehen konnte, beobachten konnte. Sie wollten, dass er sein eigenes schmerzverzerrtes Gesicht sah, wenn ihn die Frustration überkam und er sich hin und her warf, um die Haken einfach herauszureißen, damit er zu Boden fiel, was ebenso aussichtslos war.

      Dass sie ihm keinerlei Beachtung schenkten, so als hätte er nicht die geringste Bedeutung, war vielleicht das Schlimmste für den gefangenen Usgar-Krieger. Als der letzte Wächter eintrat, um ihm neue Fackeln zu bringen, hatte Egard geschrien und gebettelt, hatte sich fast komplett herumgeworfen, bevor der Schmerz ihn dazu zwang, zum Spiegel zurückzukehren und in hilfloser Erschöpfung wie gelähmt dazuhängen.

      Dieser Wächter hatte ihm nicht einmal das rot-blaue Gesicht zugewandt, hatte Egard keines Blickes gewürdigt und die Schreie des gequälten Manns eiskalt ignoriert.

      Er war ihnen egal.

      Abgesehen von einem gelegentlichen Besucher, dem Priester, dessen Gesicht zur Hälfte aus einem Schädel bestand, der über seine Schulter spähte und ihn einer schlimmeren Qual und Misshandlung aussetzte, als dies mit irgendeinem Folterinstrument möglich gewesen wäre.

      Wenn dieser Schädel im Spiegel auftauchte, wusste Egard, was ihm bevorstand. Die Kreatur starrte ihn aus den Augenhöhlen in der Schädelmaske an, fing Egards Blick ein und drang durch diese Augen in seine Seele ein.

      Der Missbrauch überstieg Egards dunkelste Ängste. Seine Seele und seine Gedanken, seine Identität, alles, was ihn zu Egard machte, wurde von dieser monströsen Kreatur freigelegt. In diesen Momenten der erzwungenen und brutalen Intimität verhöhnte der Priester ihn, indem er Egard Bilder zeigte, die ebenso schrecklich wie furchteinflößend waren.

      Der dämonische Priester genoss es, ihm seine Geheimnisse, seine Ängste, seine Fehlschläge zu entreißen, und genoss es noch mehr, dieses Wissen gegen ihn zu verwenden.

      Wenn die Verhöre – nein, das waren nicht nur Verhöre, das war eine mentale, emotionale und spirituelle Erosion – vorbei waren, wenn der Priester ihm so viel entzogen hatte, wie es ihm möglich war, ließ er Egard einige Stunden lang mit seinem Schmerz allein. Aber jedes Mal versprach er ihm, die Informationen, die er erlangt

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