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wenn er sich da drinnen aufhielt. Jungfer Spaak dachte, die Familie finde sogar Gefallen an dem Gedanken, der friedlose Stammvater könne in ein gutes warmes Zimmer einkehren.

      Es gehörte zu den Eigenheiten des Generals, dass er den Speisesaal vollständig aufgeräumt vorfinden wollte, wenn er da einzog. Jeden Abend sah die Jungfer, wie die Baronin und die Fräulein ihre Arbeiten zusammenlegten und sie mitnahmen. Die Spinnräder und die Stickrahmen wurden in ein anderes Zimmer getragen. Kein noch so kleines Fadenendchen ließ man auf dem Boden liegen.

      Jungfer Spaak, die in dem Zimmer hinter dem Speisesaal schlief, erwachte eines Nachts davon, dass irgendein Gegenstand mit einem harten Aufplumpsen gegen die Wand schlug und dann auf dem Boden weiterrollte. Sie war kaum zu sich gekommen, als ein neuer Stoß auf dem Boden folgte, und das wiederholte sich noch zweimal.

      »Herr, du mein Gott! Was treibt er denn jetzt da drinnen?«, seufzte sie, denn sie begriff ja, von wem der Lärm herrührte. Das war wirklich keine angenehme Nachbarschaft. Die ganze Nacht hindurch lag sie wach, in kalten Schweiß gebadet vor lauter Angst, der General könnte zu ihr hereinkommen und ihr eine Gespensterumarmung zuteil werden lassen.

      Als sie am nächsten Morgen in den Speisesaal gehen musste, um zu sehen, was sich da begeben hätte, nahm sie die Köchin und auch das Zimmermädchen mit hinein. Doch nichts war zerstört! Nirgends war eine Unordnung zu sehen; nur mitten auf dem Boden lagen vier Äpfel. Ach, ach, man hatte ja am vorhergehenden Abend am Kaminfeuer gesessen und Äpfel gegessen! Und da waren vier Äpfel auf dem Kaminsims liegengeblieben, und das hatte dem General nicht behagt. Jungfer Spaak hatte ihre Vergesslichkeit mit einer schlaflosen Nacht bezahlen müssen.

      Andererseits konnte Jungfer Spaak niemals vergessen, dass ihr eines Tages ein Freundschaftsbeweis vom General zuteil geworden war.

      Auf Schloss Hedeby war Gesellschaft gewesen. Ein großes Festessen mit vielen Gästen. Jungfer Spaak hatte alle Hände voll zu tun gehabt: mit Braten an allen Spießen, mit Windbeuteln und Pasteten im Backofen, mit Suppenkesseln und Soßenpfannen auf dem Herdfeuer. Und nicht genug damit, Jungfer Spaak musste auch im Speisesaal sein; das Tischdecken war zu überwachen, das Silber zu übernehmen, das die Baronin ihr selbst vorzählte. Dann musste an den Wein und das Bier gedacht werden, die zu rechter Zeit aus dem Keller heraufgebracht werden mussten, und schließlich sollten auch alle Kerzen gerade in den Kronleuchtern stehen. Wenn man nun noch bedenkt, dass die Hedebyer Küche in ein Flügelgebäude verlegt worden war und man also über den Hofplatz laufen musste, um dahin zu gelangen, und dass es dort bei diesem festlichen Anlass von fremden und dazu ungelernten Dienstboten wimmelte, dann kann man wohl verstehen, welch eine tüchtige Person an der Spitze des Ganzen stehen musste. Aber alles ging genau, wie es sollte und musste. Es gab keine Daumenabdrücke an den Gläsern, keinen unschmackhaften Inhalt in den Pasteten, das Bier hatte geschäumt, die Fleischbrühe war gerade recht gewürzt gewesen, der Kaffee hatte die richtige Stärke. Jungfer Spaak hatte zeigen können, wozu sie taugte, und die Baronin selbst hatte ihr ihre Anerkennung ausgesprochen und gesagt, es hätte nicht besser sein können.

      Doch dann kam der schreckliche Rückschlag. Als Jungfer Spaak der Baronin das Silber übergeben sollte, da fehlten zwei Löffel, ein Esslöffel und ein Kaffeelöffel. Das gab einen Aufruhr. Zu jener Zeit konnte in einem Hause nichts Schlimmeres passieren, als dass etwas vom Silber fehlte. Im Schloss Hedeby war man voller Unruhe, wie im Fieber. Man suchte, suchte ohne Unterlass. Man erinnerte sich auch, dass eine alte Landstreicherin an dem Festtage selbst in der Küche gewesen war, und man war schon entschlossen, weit hinauf nach Finnmarken zu reisen, um ihrer habhaft zu werden. Man wurde misstrauisch und unvernünftig. Die Herrin verdächtigte die Haushälterin, diese die Mägde, die Mägde einander, und überhaupt jedermann jeden. Bald zeigte sich die eine, bald die andere mit verweinten Augen, weil sie glaubten, die anderen meinten, sie hätte sich die zwei Löffel angeeignet.

      So war es nun schon zwei Tage weitergegangen, die Löffel aber hatte man nicht gefunden, und Jungfer Spaak war am Verzweifeln. Sie war bis in den Schweinekoben gegangen in dem Gedanken, die Löffel hätten sich vielleicht dorthin verirren können. Sie war sogar in die Bodenkammern der Mägde geschlichen und hatte da ganz heimlich deren kleine Truhen durchsucht. Alles war vergeblich gewesen, und jetzt wusste sie nicht mehr, wo sie noch suchen sollte. Sie merkte, die Baronin und der ganze Hausstand hatten sie, die Fremde, im Verdacht, und sie hatte das Gefühl, wenn sie nicht selbst kündigte, dann würde man ihr kündigen.

      Jungfer Spaak stand bitterlich weinend über den Küchenherd gebeugt, und ihre Tränen fielen zischend auf die heißen Platten, als sie plötzlich das Gefühl hatte, sie solle sich umwenden. Sie tat es, und siehe, dort drüben an der Küchenwand stand der General und deutete auf ein Wandbrett, das hoch oben in so unbequemer Lage angebracht war, dass es eigentlich nie jemand einfiel, etwas da hinaufzulegen.

      Wie gewöhnlich verschwand der General in demselben Augenblick, wo er sichtbar geworden war. Jungfer Spaak aber folgte seinem Wink. Sie holte die Leiter aus der Speisekammer, lehnte sie an das Wandbrett, streckte die Hand hinauf und bekam einen alten schmutzigen Wischlappen in die Hand. Und wahrhaftig, in das Tuch eingewickelt lagen die beiden silbernen Löffel. Wie waren sie da hinaufgekommen? Sicherlich war es ohne irgendeines Menschen Wissen und Willen geschehen. Während des grenzenlosen Durcheinanders bei einem solchen Festgelage konnte alles passieren. Der Lappen war weggeschleudert worden, weil er im Wege lag, und die silbernen Löffel waren mitgekommen, ohne dass es jemand bemerkt hatte. Jetzt aber waren sie wieder da, und Jungfer Spaak trug sie glückstrahlend zu der Baronin hinein, und sie war nun aufs Neue die rechte Hand und Helferin aller Menschen.

      Es gibt nichts Böses, das nicht etwas Gutes im Gefolge hätte. Als der junge Baron Adrian im Frühjahr nach Hause kam, erzählte man ihm, welche ungewöhnliche Gunst der General der Jungfer hatte zuteil werden lassen. Sooft er konnte, suchte er sie im Anrichteraum oder draußen in der Küche auf. Bald kam er unter dem Vorwand, er brauche eine neue Schnur für seine Angel‚ bald sagte er‚ der gute Geruch frischgebackener Semmeln habe ihn hergelockt. Bei diesen Gelegenheiten brachte er dann immer das Gespräch auf das Gebiet des Übersinnlichen. Er ließ sich von Jungfer Spaak Gespenstergeschichten von den großen Sörmländer Höfen, wie Julita und Eriksberg, erzählen und wollte wissen, was sie davon hielte.

      Am häufigsten aber brachte er das Gespräch auf den General. Er sagte, mit den anderen könne er nicht über diese Sache reden, weil sie sie von der scherzhaften Seite auffassten. Er selbst aber fühle großes Mitleid mit dem armen Gespenst und wolle ihm gern zur Ruhe verhelfen. Wenn er nur wüsste, wie er das anstellen sollte! Da sagte Jungfer Spaak, ihrer bescheidenen Ansicht nach müsste es irgendetwas im Hause geben, wonach er suche.

      Der junge Baron erblasste ein wenig, und er sah die Jungfer forschend an.

      »Ma foi, Jungfer Spaak«, sagte er, »das ist ein Gedanke! Aber ich versichere Ihnen, wenn wir hier auf Hedeby etwas hätten, was der General sich wünscht, würden wir keinen Augenblick zögern, es ihm zu überlassen.«

      Jungfer Spaak wusste sehr wohl, dass der junge Baron sie einzig und allein der Spukgeschichten wegen aufsuchte; aber es war eben ein liebenswürdiger und überdies sehr schöner, ja, wenn die Jungfer ihre Meinung sagen sollte, ein mehr als schöner junger Mann. Er trug den Kopf etwas vorgeneigt, er hatte etwas Sinnendes, viele dachten sogar, er sei allzu ernst. Aber das kam nur daher, weil sie ihn nicht kannten. Manchmal warf er den Kopf zurück und scherzte und verfiel auf lustigere Schelmenstreiche als sonst jemand. Aber was immer er auch tat, stets war dabei ein unbeschreiblicher Reiz in seinen Gebärden, seiner Stimme, seinem Lächeln.

      An einem Sonntag im Sommer war Jungfer Spaak in der Kirche gewesen und wanderte nun auf einem schmalen Richtweg, der schräg über die Felder der Propstei führte, heimwärts. Der eine und der andere von den Kirchgängern hatte denselben Weg eingeschlagen, und Jungfer Spaak, die es eilig hatte, musste eine Frau überholen, die zu langsam für sie dahinwanderte. Gleich darauf kam die Jungfer an ein Gatter, das ziemlich schwierig zu übersteigen war, und diensteifrig, wie sie sich immer zeigte, dachte sie jetzt gleich an die langsame Wanderin, und so blieb sie stehen, um ihr über das Gatter hinüberzuhelfen. Sie reichte ihr die Hand und sah, dass die Frau gar nicht so alt war, wie sie zuerst geglaubt hatte. Sie hatte ein ungewöhnlich weißes und glattes Gesicht, und Jungfer Spaak dachte jetzt, sie könne möglicherweise

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