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       Ernst Jünger

      In Stahlgewittern, aus dem Tagebuch eines Stoßtruppführers

      Veröffentlicht im Good Press Verlag, 2020

       [email protected]

      EAN 4064066117214

       Vorwort.

       Vorwort zur 2. Auflage.

       Orainville.

       Von Bazancourt bis Hattonchâtel.

       Les Eparges.

       Douchy und Monchy.

       Vom täglichen Stellungskampf.

       Der Auftakt zur Somme-Offensive.

       Guillemont.

       Am St. Pierre-Vaast.

       Der Somme-Rückzug.

       Im Dorfe Fresnoy.

       Gegen Inder.

       Langemarck.

       Regniéville.

       Noch einmal Flandern.

       Die Cambraischlacht.

       Am Cojeul-Bach.

       Die große Schlacht.

       Englische Vorstöße.

       Mein letzter Sturm.

       Inhaltsverzeichnis

      Noch wuchtet der Schatten des Ungeheuren über uns. Der gewaltigste der Kriege ist uns noch zu nahe, als daß wir ihn ganz überblicken, geschweige denn seinen Geist sichtbar auskristallisieren können. Eins hebt sich indes immer klarer aus der Flut der Erscheinungen: Die überragende Bedeutung der Materie. Der Krieg gipfelte in der Materialschlacht; Maschinen, Eisen und Sprengstoff waren seine Faktoren. Selbst der Mensch wurde als Material gewertet. Die Verbände wurden wieder und wieder an den Brennpunkten der Front zur Schlacke zerglüht, zurückgezogen und einem schematischen Gesundungsprozeß unterworfen. „Die Division ist reif für den Großkampf.“

      Das Bild des Krieges war nüchtern, grau und rot seine Farben; das Schlachtfeld eine Wüste den Irrsinns, in der sich das Leben kümmerlich unter Tage fristete. Nachts wälzten sich müde Kolonnen auf zermahlenen Straßen dem brandigen Horizont entgegen. „Licht aus!“ Ruinen und Kreuze säumten den Weg. Kein Lied erscholl, nur leise Kommandoworte und Flüche unterbrachen das Knirschen der Riemen, das Klappern von Gewehr und Schanzzeug. Verschwommene Schatten tauchten aus den Rändern zerstampfter Dörfer in endlose Laufgräben.

      Nicht wie früher umrauschte Regimentsmusik ins Gefecht ziehende Kompagnien. Das wäre Hohn gewesen. Keine Fahnen schwammen wie einst im Pulverdampf über zerhackten Karrees, das Morgenrot leuchtete keinem fröhlichen Reitertage, nicht ritterlichem Fechten und Sterben. Selten umwand der Lorbeer die Stirn des Würdigen.

      Und doch hat auch dieser Krieg seine Männer und seine Romantik gehabt! Helden, wenn das Wort nicht wohlfeil geworden wäre. Draufgänger, unbekannte, eherne Gesellen, denen es nicht vergönnt war, vor aller Augen sich an der eigenen Kühnheit zu berauschen. Einsam standen sie im Gewitter der Schlacht, wenn der Tod als roter Ritter mit Flammenhufen durch wallende Nebel galoppierte. Ihr Horizont war der Rand eines Trichters, ihre Stütze das Gefühl der Pflicht, der Ehre und des inneren Wertes. Sie waren Überwinder der Furcht; selten ward ihnen die Erlösung, dem Feinde in die Augen blicken zu können, nachdem alles Schreckliche sich zum letzten Gipfel getürmt und ihnen die Welt in blutrote Schleier gehüllt hatte. Dann ragten sie empor zu brutaler Größe, geschmeidige Tiger der Gräben, Meister des Sprengstoffs. Dann wüteten ihre Urtriebe mit kompliziertesten Mitteln der Vernichtung.

      Doch auch wenn die Mühle des Krieges ruhiger lief, waren sie bewundernswert. Ihre Tage verbrachten sie in den Eingeweiden der Erde, vom Schimmel umwest, gefoltert vom ewigen Uhrwerk fallender Tropfen. Wenn die Sonne hinter gezackten Schattenrissen von Ruinen versankt, entklirrten sie dem Pesthauch schwarzer Höhlen, nahmen ihre Wühlarbeit wieder auf oder standen, eiserne Pfeiler, nächtelang hinter den Wällen der Gräben und starrten in das kalte Silber zischender Leuchtkugeln. Oder sie schlichen als Jäger über klickenden Draht in die Öde des Niemandslandes. Oft zerrissen jähe Blitze das Dunkel, Schüsse knallten und ein Schrei verwehte ins Unbekannte. So arbeiteten und kämpften sie, schlecht verpflegt und bekleidet, als geduldige, eisenbeladene Tagelöhner des Todes.

      Manchmal kamen sie zurück, standen verträumt auf den Asphaltmeeren der Städte und schauten ungläubig auf das Leben, das strudelnd in seinen gewohnten Bahnen floß. Dann stürzten sie sich hinein, um keine Minute der kurzen Tage ungenützt verfließen zu lassen, tranken und küßten. Mit der ihnen Lebensform gewordenen Rücksichtslosigkeit schwangen sie in tollen Nächten den Becher, bis ihnen die Welt versank. Da ließ man die gefallenen Freunde leben und schierte sich den Teufel um den nächsten Tag. Und dann ging es wieder auf den gewohnten Straßen der Brandung zu.

      Das war der deutsche Infanterist im Kriege. Gleichviel wofür er kämpfte, sein Kampf war übermenschlich. Die Söhne waren über ihr Volk hinausgewachsen. Mit bitterem Lächeln lasen sie das triviale Zeitungsgewäsch, die ausgelaugten Worte von Helden und Heldentod. Sie wollten nicht diesen Dank, sie wollten Verständnis. Kein Dank kann groß genug sein. Ein Bild: der höchste Alpengipfel, ausgehauen zu einem Gesicht unter wuchtendem Stahlhelm, das still und ernst über die Lande schaut, den deutschen Rhein hinunter aufs freie Meer. — Einst wird kommen der Tag . . .

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