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war Freitag. Da Alan Single war und keine Familie im Haus hatte, konnte man davon ausgehen, dass ihn vor Montag niemand ernstlich vermisste, und bis dahin war er schon auf Raumtemperatur abgekühlt, was den genauen Todeszeitpunkt mit einem dicken Fragezeichen versehen würde.

      Ich rollte Alan auf den Bauch und bereitete mich darauf vor, ihm die Injektion zu verabreichen.

      Falls ihr euch fragt, warum ich natürliche Todesursachen so unangenehm finde, hier ist der Grund: Es gibt nur eine einzige Stelle am menschlichen Körper, wo der Einstich einer Nadel nicht zu sehen ist. Könnt ihr euch vorstellen, wo sich diese Stelle befindet? Richtig, im Arschloch. Auf jedem anderen Quadratzentimeter Haut könnte die Einstichstelle gefunden werden, und sobald bei einem unerwarteten Todesfall ein Einstich auftaucht, ist die Polizei nicht mehr weit. Logan hatte mir mal von seiner Idee erzählt, dass man den Augapfel aus der Höhle herausnehmen, ein Gerinnungsmittel direkt ins Hirn injizieren und auf diese Art einen Schlaganfall auslösen könnte, aber ehrlich gesagt klang das für mich noch widerlicher als jemandem eine Nadel in den Arsch zu schieben, also blieb ich lieber bei der altvertrauten Methode.

      Mit den Fingern zog ich Alans verschwitzte Pobacken auseinander und hielt sie mit einer Hand fest, während ich die Spritze vorsichtig tief einführte. Eine wirklich undankbare Aufgabe, dachte ich bei mir, als ich die Haut durchstieß und langsam den Kolben hinunterdrückte. Es wäre so viel einfacher gewesen, ihn unter Drogen zu setzen und ein paar Mal die Treppe runterzuwerfen, aber Logan hatte es eben so verfügt, und was Logan wollte, das bekam er. Besonders unangenehm war mir irgendwie die Tatsache, dass Alan homosexuell war. Ich weiß, das klingt komisch, als ob mein Tun eine Art schwuler Sexpraktik wäre und mich dadurch ebenso zu einem Schwulen machte wie ihn. Ich weiß auch nicht. Es war einfach so ein Reflex. Wahrscheinlich bin ich bloß ziemlich engstirnig. Wie auch immer, ich glaube kaum, dass seine Ermordung Alan irgendeine Art von sexuellem Kick verschafft hätte, wenn er wach gewesen wäre. Zumindest hoffe ich das.

      Die Katze miaute leise, als ich die Spritze herauszog, und Alan mischte sich in die Debatte ein, indem er mir langgezogen direkt ins Gesicht furzte. Jetzt musste ich ihm nur noch seinen Pyjama anziehen und ihn zudecken. Als ich ihn auf den Rücken drehte und die Knöpfe zumachte, begann Alan zu schwitzen und um Luft zu ringen. Ich zog die Bettdecke höher, fühlte seine Stirn und verbrachte die nächsten Stunden an seinem Bett, während er ins Koma fiel und starb. Es war ein langsamer aber schmerzloser Tod für Alan, und obwohl er am Ende die Augen öffnete und ein wenig um sich schlug, glaube ich nicht, dass er in der ganzen Zeit wirklich zu Bewusstsein kam.

      Nicht die schlechteste Art zu sterben, finde ich.

      Alan lag still und stumm da, also gingen die Katze und ich nach unten und aßen etwas. Eine Stunde später, als die Sonne untergegangen war, kam ich zurück und schloss die Schlafzimmervorhänge. Ich platzierte ein Glas Wasser auf dem Nachttisch, stellte sicher, dass er auch keine falschen Zähne mehr im Mund oder Kontaktlinsen in den Augen hatte, dann verabschiedete ich mich. Unten überprüfte ich, ob die Straße frei war, legte die Visitenkarte eines Arztes auf einen Tisch im Flur, wo man sie schnell finden würde, und verließ das Haus so leise, wie ich gekommen war.

      Es hört sich vielleicht ein bisschen gruselig an, aber manchmal bringt es mein Beruf mit sich, dass ich mich fühle wie Gevatter Tod persönlich.

      ***

      Am Montag verpasste Alan sein Meeting, wahrscheinlich sehr zur Freude von John Broad, und nach ein paar unbeantworteten Telefonanrufen schickte man ein Auto. Ich beobachtete das Drama von der anderen Straßenseite aus dem hinteren Teil meines Lieferwagens heraus. Der Typ kam gegen elf Uhr am Vormittag an und betätigte mehrmals die Türklingel. Er wirkte etwas verloren, spähte durch die vorderen Fenster, rief etwas in den Briefschlitz und schaute schließlich aus unerfindlichen Gründen auf der Suche nach Inspiration die Straße rauf und runter. Nach ungefähr einer Minute klingelte er noch mal, guckte durch den Briefschlitz, dann stieg er ins Auto und fuhr weg.

      Eine halbe Stunde später kam derselbe Typ zurück um wieder anzuschellen, auch wenn er dieses Mal nicht besonders zuversichtlich wirkte, dass jemand öffnen würde, denn er trank die ganze Zeit aus seinem McDonald’s-Kaffeebecher. Er war noch ein junger Bursche und ich konnte von meinem Beobachtungsplatz aus sehen, dass Alans Verschwinden eine willkommene Abwechslung für ihn darstellte. Nachdem er zehn Minuten im Auto gesessen und auf die Straße gestarrt hatte, machte er einen kurzen Anruf, schaute auf seine Armbanduhr und schlenderte zum Pub an der Ecke.

      ***

      Nach einer halben Stunde erschien die Polente auf der Bildfläche, holte den Jungen aus der Kneipe und brach die Tür auf. Als der Bulle wieder rauskam, sprach er in sein Funkgerät und las die Karte, die ich auf dem Tisch im Flur liegengelassen hatte. Mein junger Freund unterbrach ihn, um zu fragen, ob er auch mal gucken dürfte, wurde aber abgewiesen.

      »Ich denke, Sie sollten wieder ins Büro fahren«, riet der Bulle. »Er sieht nicht danach aus, als würde er heute noch irgendwo hingehen wollen.«

      »Noch nicht. Ich habe jetzt Mittagspause«, antwortete der Typ mit einem Blick auf seine Uhr und verdrückte sich wieder in den Pub.

      Es dauerte weitere dreißig Minuten, bis der Doktor kam, um Alans Totenschein abzustempeln. Dann, als alle so weit zufrieden waren, wurde irgendeine ältliche Frau, wahrscheinlich Alans Mum, herangekarrt, bekam ein paar Taschentücher in die Hand gedrückt und wurde sich selbst überlassen. Das war alles, was ich brauchte: Die Unterschrift auf dem Totenschein und die Polente, die sich zum Aufbruch bereitmachte. Meine Beziehung zu Alan Carpenter war beendet.

      Der Doktor trat aus dem Haus, sprach der alten Lady sein Beileid aus, stieg in sein Auto und fuhr los. Ich wartete noch ein paar Minuten, bis die Bullen das Gleiche taten, dann stieg ich in den Fahrersitz und überließ Mrs. Carpenter ihrem Schmerz.

      ***

      An diesem Montagnachmittag war der Parkplatz des Supermarktes nicht einmal halb voll. Ich kurvte herum, bis ich die Stelle fand, wo der Doktor geparkt hatte, fuhr in die Lücke neben ihm und wartete. Nach etwa zehn Minuten kam er zu seinem Auto zurück, im Arm eine Tüte mit Lebensmitteln, die er abstellte, um seinen Autoschlüssel zu suchen.

      »Hey, Doc!« Ich öffnete die Autotür und stieg aus. »Was gibt’s zum Abendessen?«

      »Fisch«, antwortete er mit einem nervösen Blick auf mich und über den Parkplatz.

      »Mmm, lecker. Wissen Sie, ich mag Fisch und er ist auch nicht schwer zuzubereiten, aber ich weiß einfach nie, was ich dazu essen soll. Reis, Salzkartoffeln … das ist alles so fade, finden Sie nicht? Was essen Sie denn als Beilage?«

      »Pommes«, sagte er.

      Er war Alans Hausarzt. Jemand von der Organisation hatte ihn bereits kontaktiert und jetzt übergab ich das restliche Geld. Man würde Dr. Ranjani an die Seite genommen und ihm unmissverständlich Folgendes klargemacht haben: »Einer Ihrer Patienten wird kommende Woche im Schlaf sterben. Die Polizei wird Sie anrufen. Sie werden den Totenschein ausstellen und den Bullen sagen, dass eine Obduktion nicht nötig ist. Tun Sie das und Sie erhalten zehntausend in bar und sehen uns nie wieder. Versuchen Sie aber irgendwelchen Scheiß oder gehen Sie zur Polizei, wird es persönlich.« An dieser Stelle waren Fotos von seiner Frau, seinen Kindern und allen Verwandten, die man sonst noch hatte knipsen können, gezeigt worden, um den Ernst der Lage zu unterstreichen.

      »Wenn Sie damit Probleme haben, bedenken Sie bitte«, war das Gespräch dann weitergegangen, »dass der Mann, der sterben wird, ein Pädophiler ist. Die Presse könnte bald Wind davon bekommen und unser Auftraggeber, der es selbst gerade erst erfahren hat, ist besorgt, man könnte glauben, er sei vom gleichen Schlag. Also unternimmt er etwas, damit der Gerechtigkeit genüge getan und sein eigener Ruf geschützt wird. Sind Sie etwa ein Mann, der das Leben seiner Frau und seiner Kinder für einen Pädophilen aufs Spiel setzt?«

      Natürlich nicht. Zwar war nichts von alledem wahr, aber das konnte Dr. Ranjani schließlich nicht wissen. Also spielte er mit. Er fuhr zu Carpenter, als er den Anruf bekam, schüttelte den Kopf, sagte etwas wie: »Ich habe ihn immer gewarnt, dass so etwas passieren würde, aber er wollte ja nicht hören«, stellte den Totenschein aus und teilte der Polizei mit,

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