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      Sandra Schneeberger

      Handeln mit Dichtung

      Literarische Performativität in der altisländischen Prosa-Edda

      Narr Francke Attempto Verlag Tübingen

Verlagslogo

      Umschlagabbildung: Symphonia-Diagramm (DG 11 4to, 47r), Uppsala-Eddan, DG 11, Digitalisat. Uppsala universitetsbibliotek (http://urn.kb.se/resolve?urn=urn:nbn:se:alvin:portal:record-54179).

      Sandra Schneeberger

      Universität Zürich

      Deutsches Seminar

      Abteilung für Nordische Philologie

      Schönberggasse 9

      CH-8001 Zürich

       https://orcid.org/0000-0002-6986-5761

      Gedruckt mit Unterstützung der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften.

      Die vorliegende Arbeit wurde von der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich im Herbstsemester 2017 auf Antrag der Promotionskommission, Prof. Dr. Jürg Glauser (hauptverantwortliche Betreuungsperson) und Prof. Dr. Karl G. Jo-hansson, als Dissertation angenommen.

      ISBN 978-3-7720-8672-4 (Print)

      ISBN 978-3-7720-0119-2 (ePub)

      Vorwort

      Die vorliegende Arbeit wurde im Herbstsemester 2017 von der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich auf Antrag der Promotionskommission, bestehend aus Prof. Dr. Jürg Glauser als hauptverantwortlicher Betreuungsperson und Prof. Dr. Karl G. Johansson, als Dissertation angenommen. Für den Druck wurde die Arbeit leicht überarbeitet. Ich danke den Herausgebern der Beiträge zur Nordischen Philologie herzlich für die Aufnahme in ihre Reihe. Entstanden ist die Arbeit im Rahmen meiner Anstellungen an der Universität Zürich, zuerst als Doktorandin im Nationalen Forschungsschwerpunkt „Medienwandel – Medienwechsel – Medienwissen. Historische Perspektiven“ und später als Assistentin am Lehrstuhl für Nordische Philologie am Deutschen Seminar.

      Mein Dank gilt allen, die mich während meiner Doktoratsphase unterstützt und begleitet haben. Besonders Prof. Dr. Jürg Glauser bin ich zu grossem Dank verpflichtet. Bereits im Studium hat er mein Interesse für die altnordische Literatur geweckt und mich so überhaupt erst auf die Idee gebracht, eine Dissertation anzugehen. Ich bedanke mich für die stets konstruktiven und kritischen Gespräche zum Projekt und die langjährige Betreuung und Förderung. Seine Offenheit und sein Interesse haben mich immer wieder bestärkt, in neue Richtungen zu denken.

      Mein Dank gilt auch Prof. Dr. Karl G. Johansson, der die Arbeit als Zweitbetreuer mit Interesse mitverfolgt und betreut hat. Seine Einladung an das Institutt for lingvistiske og nordiske studier an der Universität Oslo ermöglichte mir eine konzentrierte Schreibphase und anregende Diskussionen mit ihm und den dortigen Kolleginnen und Kollegen.

      Dem Doktoratsprogramm Medialität – Historische Perspektiven der Universität Zürich danke ich für die finanzielle Unterstützung bei meinem Auslandsaufenthalt. Ein grosses Dankeschön gebührt den Kolleginnen und Kollegen an der Abteilung für Nordische Philologie am Deutschen Seminar. Die positive Arbeitsatmosphäre im Altnordisch-Büro schätzte ich sehr, herzlichen Dank, Ranka Hafstað und Kevin Müller. Die täglichen Diskussionen über Fachliches und Ausserfachliches waren mir Inspiration und Motivation. Dr. Lukas Rösli danke ich besonders für den regen Austausch über „die Edda“.

      Ohne die Unterstützung meiner Familie wäre diese Dissertation nie entstanden. Ich danke meinen Eltern dafür, dass sie mich immer gefördert und begleitet haben. Meiner Mutter danke ich ganz besonders für die sorgfältige Lektüre dieser Arbeit. Schliesslich richtet sich mein herzlichster Dank an Oliver Baumann, der meinen Ideen immer interessiert zuhörte und mich unterstützte – und das auch ganz ohne Verbindungen zur altnordischen Literatur.

      Meilen, Juni 2020 Sandra Schneeberger

      1 Einleitung

      1.1 Vorbemerkungen

      Die mittelalterliche altisländische Literatur zeichnet sich durch eine aussergewöhnliche Vielfalt an volkssprachlichen Formen aus. Im Vergleich zu kontinentaler volkssprachlicher Literatur reflektiert sie bereits sehr früh und in vielschichtiger Weise in Dichtung (Skaldik und eddische Helden- und Götterlieder) und Prosa (Sagas und Sachtexte wie z.B. grammatische Traktate) die eigene Sprache und die damit verbundenen Möglichkeiten des Erzählens in der Volkssprache.

      Dabei werden traditionell mündliche Literaturformen neuen schriftlichen Modellen von Erzählen und Sprachverständnis angepasst. Das Medium Schrift wird von Beginn seines Aufkommens im 11. Jahrhundert mit aktivem und selbstreflexivem Interesse verwendet. Ganz grundsätzliche Fragen werden angesprochen: Wie schreibt man in der Volkssprache? Was kann Erzählen leisten? Wie legitimiert man schriftliche Dichtung und Erzählung? Man könnte annehmen, derartige Fragen würden vor allem in gelehrter Literatur diskutiert. Doch die Möglichkeiten und Grenzen von Sprache sind implizit und explizit immer auch Thema in der eddischen und skaldischen Dichtung sowie in der Sagaliteratur.

      Besonders deutlich zeigt sich das altisländische Sprachinteresse in der sogenannten Prosa-Edda, dem wichtigsten sprach- und dichtungstheoretischen Text des skandinavischen Mittelalters. Auf sehr komplexe Weise werden in diesem vielschichtigen Werk eine traditionelle Beschreibung der heidnischen Götterwelt und eine christliche Stil- und Verslehre mit weiteren Inhalten zu einem umfassenden Sprach-Experiment verflochten.1

      Die Prosa-Edda (von nun an P-E) wird in Einführungen und allgemeinen Überblickswerken meist als aus vier Teilen bestehend beschrieben, wobei diskutiert wird, welcher Teil zu welchem Zeitpunkt entstanden ist. Das Werk wird dem Isländer Snorri Sturluson (1178/9­­–1241) zugeschrieben, allerdings ist keine der erhaltenen Handschriften der P-E auf ihn zurückzuführen.2 Der Überblick von John Lindow in Old Norse-Icelandic Literatur. A Critical Guide fasst die allgemein anerkannten Annahmen in Bezug auf den Gehalt und die Entstehungsgeschichte der P-E zusammen:

      Snorri apparently began the Edda, his first literary work, within a few years of his return to Iceland. It is well known that he intended it as a handbook of poetics, primarily of the meter and diction of skaldic verse. […] it began with a creative act, Snorri’s composition of his Háttatal (enumeration of meters), an elaborate skaldic poem honoring King Hákon Hákonarson and Jarl Skúli. […] The next stage of composition, resulting in the section entitled Skáldskaparmál (poetic diction), concentrates on the metaphoric and metonymic explanation and clarification of skaldic verse, the kennings and heiti. It is largely a series of lists of kennings and heiti for various concepts, but in explanation of some of the kennings Snorri recounts the mythical or heroic narrative behind them. […] In Gylfaginning (Deluding of Gylfi), the section now thought to have been composed next, the emphasis is shifted: here is only narrative, and indeed only mythic narrative, without reference to skaldic verse. […] In the extant manuscripts these three sections occur in reverse order from that just given and are preceded by a prologue which provides a euhemeristic view of the Norse gods, deriving them from men of Asia.3

      Es gibt einige vergleichbare mittelalterliche Poetiken, die P-E unterscheidet sich von ihnen in einem wichtigen Punkt: Sie ist in der Volkssprache, d.h. in Altisländisch, verfasst und nicht in Latein.

      Das aussergewöhnliche Werk steht seit mehreren Jahrhunderten als wichtiges Zeugnis im Zentrum der Beschäftigung mit der altnordischen Literatur. Forschungsgeschichtlich ist der P-E seit dem 19. Jahrhundert meist ein philologisch ausgerichtetes Interesse an altertumskundlichen Fragen beschieden. Es geht hauptsächlich um die Frage nach den Quellen des Werks und damit zusammenhängend um die nordische Mythologie. Daneben entwickelte sich ab den 1980er Jahren ein sprach- und dichtungstheoretisches

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