Скачать книгу

über ihr fraulich-schönes Gesicht huschte.

      »Das heißt also, daß du gleich an deinem Entlassungstag noch beim Friseur warst«, erklärte Dr. Daniel in dem Versuch, sie von diesen trüben Gedanken abzulenken.

      Manon nickte lächelnd. »Selbstverständlich. Ich will schließlich ein wenig schön sein, wenn ich zu dir komme.« Wieder drehte sie sich vor ihm. »Ein neues Kleid habe ich mir auch gegönnt. Meine gesamte Garderobe ist mir nämlich noch ein bißchen zu weit, und schließlich wollte ich dir nicht im Schlabberkleid gegenübertreten.«

      Wieder nahm Dr. Daniel sie in die Arme. Er küßte sie erneut. »Ich bin so froh, daß du wieder zu Hause bist.«

      »Ich auch, Robert.« Zärtlich streichelte sie durch sein dichtes, blondes Haar. »Du hast Sorgen, Liebling.«

      »Sieht man mir das an?«

      Manon nickte. »Ich habe es schon immer gemerkt, wenn es dir nicht gutging. Also, was ist los?«

      »Heute war in der Tat ein stressiger Tag«, meinte Dr. Daniel, dann schüttelte er den Kopf. »Mehr werde ich dir aber nicht sagen. Du kommst gerade aus der Klinik, da sollst du dich erst mal ein wenig erholen. Professor Thiersch würde mir schwere Vorwürfe machen, und das zu Recht, wenn ich dich jetzt mit meinem Problemen belasten würde.«

      »Wir gehören zusammen, Robert, vergiß das nicht«, entgegnete Manon ernst. »Das bedeutet, daß man nicht nur das Glück, sondern auch das Leid miteinander teilen muß.«

      »Das werde ich ganz bestimmt nicht vergessen«, versicherte Dr. Daniel. »Was mich im Augenblick jedoch beschäftigt, sind die Sorgen einer Patientin, und damit, liebe Manon«, er stupste sie an der Nase, »sollst du dich jetzt ganz bestimmt nicht belasten. So, und nun gehen wir nach oben. Irene kocht erfahrungsgemäß immer für eine ganze Kompanie, da wird für dich also sicher auch etwas abfallen.«

      »Das ist gut«, meinte Manon. »Ich habe nämlich einen Bärenhunger, und deine Schwester kocht auch ausgezeichnet.«

      »Weiß ich«, grinste Dr. Daniel, während er hinter Manon die Treppe zu seiner Wohnung hinaufstieg. »Deshalb lasse ich mir ja von ihr den Haushalt führen. Außerdem liebt sie ihren kleinen Bruder so heiß und innig…«

      »Robert! Eigentlich sollte ich dir dafür die Ohren langziehen!« schallte ihm in diesem Moment die Stimme seiner verwitweten Schwester entgegen. »Kannst du denn nicht ein einziges Mal pünktlich sein?«

      »Sie liebt dich heiß und innig?« wiederholte Manon fragend und grinste dabei über das ganze Gesicht. »Das hört sich für mich aber doch ein bißchen anders an.«

      In diesem Moment trat Irene aus der Küche, und dabei fiel Manon wieder einmal auf, wie wenig sich die Geschwister rein äußerlich glichen. Dr. Daniel war groß und schlank, mit markantem Gesicht und blondem Haar, während die Körperformen seiner Schwester eher üppig ausfielen und ihr einstmals dunkles Haar mittlerweile grau geworden war.

      »Manon!« Jetzt strahlte sie über das ganze runde Gesicht und nahm die Freundin ihres Bruders spontan in die Arme. »Schön, daß Sie endlich wieder hier sind.« Dabei warf sie Dr. Daniel einen strafenden Blick zu. »Das hättest du mir auch früher sagen können, dann hätte ich ein feudaleres Abendessen auf den Tisch gebracht.«

      »Ich wußte nichts davon«, verteidigte sich Dr. Daniel. »Manon hat mich ebenfalls überrascht.«

      »Außerdem lege ich auch keinen Wert auf ein feudales Menü«, betonte Manon. »Bei Ihnen schmeckt mir alles gut, Irene.«

      Dr. Daniels Schwester errötete. »Das haben Sie jetzt aber lieb gesagt, Manon.« Sie zögerte. »Was halten Sie eigentlich davon, wenn wir beide uns jetzt auch endlich duzen würden?«

      »Sehr viel«, stimmte Manon erfreut zu.

      »Schön«, meinte Irene, dann warf sie ihrem Bruder einen kurzen Seitenblick zu, ehe sie sich Manon wieder zuwandte. »Bei dieser Gelegenheit gebe ich dir auch gleich einen Tip: Erziehe dir diesen Burschen beizeiten, sonst läßt er dich eines Tages auch auf deinem Essen sitzen und kommt, wann immer es ihm beliebt.«

      »Irene…«, begann Dr. Daniel, doch seine Schwester fiel ihm gleich ins Wort: »Sei du bloß ruhig.« Sie bedachte ihn mit einem strafenden Blick. »Um sechs wolltest du oben sein, und jetzt schau mal auf die Uhr. Es ist schon gleich acht. Ein paar hinter die Löffel sollte man dir geben, und deinem Sohn gleich dazu. Der macht es schon genauso wie du… kommt und geht, wann es ihm paßt. Und wenn die gnädigen Herren dann aufkreuzen, soll das Essen natürlich auf dem Tisch stehen.«

      »Wenn du mich jetzt noch länger ausschimpfst, dann wird dein Essen vollends kalt«, wandte Dr. Daniel beschwichtigend ein.

      »Sei nicht zu streng mit Robert und Stefan«, meinte Manon lächelnd. »Sie sind beide sehr pflichtbewußte Ärzte, die eben leider nicht immer pünktlich Feierabend machen können.«

      »Na ja, dann will ich eben mal Gnade vor Recht ergehen lassen«, grummelte Irene. »Glücklicherweise habe ich Rohrnudeln gemacht. Die schmecken notfalls auch kalt.«

      In diesem Moment betraten Stefan und seine jüngere Schwester Karina, die jetzt wieder in München studierte, die Wohnung. Noch einmal wurde Manon aufs herzlichste begrüßt, und als sie später alle gemütlich beisammensaßen, gelang es Dr. Daniel sogar, seine Sorgen um Gunilla Heidenrath für eine Weile zu vergessen.

      *

      Nach zwei Tagen konnte Gunilla von der Intensivstation auf die normale Station verlegt werden, trotzdem bat Dr. Daniel die Schwestern, noch sehr gut auf die Patientein zu achten, denn die Gefahr weiterer Nachblutungen bestand noch bis zum fünften Tag.

      »Nun, Frau Heidenrath, wie fühlen Sie sich?« wollte Dr. Daniel wissen, als er seine Patientin nach der Sprechstunde besuchte.

      Ein wenig hilflos zuckte Gunilla die Schultern. »Ich weiß nicht so recht, Herr Doktor, müde und wohl auch ein bißchen ängstlich.«

      Dr. Daniel nickte verständnisvoll. »Wegen Ihres Mannes, nehme ich an. Hat er die kleine Helene schon gesehen?«

      Gunilla schüttelte den Kopf. »Gestern war er für ein paar Minuten bei mir und sagte nur, er würde sich die Göre gar nicht erst anschauen.«

      Erneut stieg der Ärger in Dr. Daniel auf, doch er versuchte, sich zu beherrschen. Trotzdem klang in seiner Stimme ein leiser Vorwurf mit, als er sagte: »Er sollte eigentlich froh sein, daß er ein gesundes Kind bekommen hat.«

      Ein sanftes Lächeln huschte über Gunillas Gesicht. »Sie ist ein süßes Baby, nicht wahr?«

      »Sehr süß sogar«, stimmte Dr. Daniel zu, dann wurde er ernst. »Und sie sollte Ihr letztes Kind sein, Frau Heidenrath.«

      Bedauernd schüttelte Gunilla den Kopf. »Das wird Helmut niemals zulassen. Er will einen Sohn, und ich bin durch meine Heirat mit ihm verpflichtet, ihm einen zu schenken.«

      »Moment mal, Frau Heidenrath. Sie unterliegen da einem gewaltigen Irrtum. Im Ehegelöbnis heißt es nur, daß Sie die Kinder, die Gott Ihnen schenken wird, annehmen und im christlichen Glauben erziehen sollen, aber nicht, daß Sie Ihrem Mann so viele Kinder gebären müssen, bis er endlich einen Sohn hat.«

      »Na ja, wenn man es so genau auslegt…«, wandte Gunilla ein, dann seufzte sie. »Eigentlich würden mir fünf Kinder schon reichen. Es waren ja bei mir immer schwierige Schwangerschaften und Geburten.«

      »Richtig, und es waren auch nicht nur fünf, sondern eigentlich acht, wenn man die drei Fehlgeburten, die Sie erlitten haben, mitrechnet. Frau Heidenrath, ich habe es Ihnen nach Kristins Geburt schon einmal gesagt: Sie müssen unbedingt verhüten, wenn Sie Ihren Kindern die Mutter erhalten wollen. Bei Helene ging es gerade noch mal gut, aber Sie dürfen das Schicksal nicht noch einmal herausfordern. Eine sechste Geburt würden Sie aller Wahrscheinlichkeit nach nicht überleben.«

      »Ach, Herr Doktor«, seufzte sie leise. »Sie haben leicht reden. Was glauben Sie, was Helmut mit mir machen würde, wenn ich ihm sage, daß ich die Pille nehmen will?«

      »Soll

Скачать книгу