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werde ich veranlassen, daß Sie hier allein bleiben. Es ist durchaus möglich, daß Sie nicht infiziert sind, und dann wollen wir kein unnötiges Risiko eingehen.«

      Atemlos hatte Valerie zugehört. In ihrem Kopf drehte sich alles im Kreis.

      »Diese Krankheit… gibt es da kein Medikament?« fragte sie ängstlich. »Man hört doch so viel von Antibiotika.«

      »Antibiotika greifen nur Bakterien an«, entgegnete Dr. Metzler. »Gegen Virusinfektionen sind sie vollkommen wirkungslos. Aber es gibt ein Medikament, und wenn die Krankheit im Frühstadium erkannt und behandelt wird, stehen die Heilungschancen gar nicht so schlecht.« Daß er noch immer keine Ahnung hatte, wie er Valeries kleinen Sohn im Erkrankungsfall würde behandeln müssen, verschwieg er lieber. »Sollten Sie Kopfschmerzen bekommen, klingeln Sie bitte sofort nach der Schwester.« Dr. Metzler warf dem schlafenden Baby einen Blick zu. »Er kann leider noch nicht sagen, wenn ihm etwas weh tut. Ich werde sicherheitshalber täglich einen Bluttest machen, und Sie melden sich sofort, wenn er unruhig ist oder mehr als gewöhnlich schreit.«

      Valerie nickte. Das alles bereitete ihr Angst, vor allem weil sie spürte, daß Dr. Metzler ihr etwas verschwieg.

      »Kann ich mit Dr. Daniel sprechen?« wollte sie wissen.

      Bedauernd schüttelte Dr. Metzler den Kopf. »Er mußte leider auch in Quarantäne, weil er mit einer der erkrankten Personen in Kontakt gekommen ist. Aber Sie könnten ihn anrufen.« Er schrieb drei Zahlen auf ein Blatt Papier. »Das ist die Nummer seines Apparats. Möglicherweise meldet sich auch sein Sohn.«

      Dankbar nahm Valerie den Zettel entgegen. »Vielen Dank, Herr Doktor.« Sie wurde ein wenig verlegen. »Bitte, fassen Sie es nicht als mangelndes Vertrauen auf, aber…« Sie stockte, wußte nicht, wie sie das, was sie fühlte, erklären sollte.

      »Ich weiß schon, Frau Doschek«, meinte Dr. Metzler. »Ich bin ein Unbekannter für Sie, außerdem befinden Sie sich durch die gerade überstandene Schwangerschaft in einer gewissen Ausnahmesituation. Machen Sie sich also keine weiteren Gedanken.« Er lächelte, was nur an den kleinen Fältchen zu erkennen war, die sich um seine Augen bildeten. »Sprechen Sie mit Dr. Daniel, wenn Ihnen danach ist. Ich bin sicher, daß er sich um Sie schon große Sorgen machen wird.«

      Damit hatte Dr. Metzler recht. Gerade um Valerie war Dr. Daniel sehr besorgt, und so war er direkt erleichtert, als sie ihn anrief.

      »Frau Doschek, es tut mir furchtbar leid«, meinte er. »Aber bis vor ein paar Stunden hatte ich noch keine Ahnung, daß ich mit einer der infizierten Personen in Kontakt gekommen bin. Ungücklicherweise hat die Frau ihr Leiden bis zuletzt verschwiegen. Nur durch zwei weitere Krankheitsfälle wurden wir darauf aufmerksam.«

      »Sie haben keinen Grund, sich zu entschuldigen«, entgegnete Valerie. »Es ist nur… ich habe Angst, Herr Doktor. Diese Krankheit, von der ich nichts weiß… und Tobias… er ist noch so klein…«

      »Ich kann mir gut vorstellen, daß Sie da Angst haben«, meinte Dr. Daniel. »Aber es mußte ja nicht sein, daß Sie sich infiziert haben, und wenn doch, dann können Sie versichert sein, daß Sie in Dr. Metzler den besten Arzt haben, den Sie sich wünschen können. Er ist mit dieser Krankheit gut vertraut.«

      »Danke, Herr Doktor«, erklärte Valerie, und ihrer Stimme war die Erleichterung deutlich anzuhören. »Ihre Worte haben mich sehr beruhigt.«

      *

      »Es ist schon seltsam«, meinte Dr. Daniel. »Da habe ich fast den ganzen Tag nichts anderes getan, als hier herumzusitzen, und trotzdem bin ich müde.«

      Stefan nickte. »Mir geht’s ähnlich. Allerdings hatte ich heute vormittag ja noch Dienst, und du hast ebenfalls den halben Tag in der Praxis gearbeitet.«

      Dr. Daniel seufzte. »Ich wünschte, ich hätte es nicht getan. Vielleicht bin ich jetzt auch noch für ein paar weitere Krankheitsfälle verantwortlich.«

      »Unsinn, Papa«, entgegnete Stefan energisch. »Wenn überhaupt jemand dafür verantwortlich ist, dann diese junge Frau, die ihre Krankheit verschwiegen hat.« Stefan zuckte die Schultern. »Vielleicht hielt sie diese Anfälle zuerst für harmlos, und später war sie dann zu sehr geschwächt, um etwas zu unternehmen.«

      Bedächtig wiegte Dr. Daniel den Kopf hin und her. »Immerhin hielt Herr Klein seinen ersten Anfall für ernst genug, um sich von Manon untersuchen zu lassen. Und Frau Holbe muß ja etliche dieser Anfälle gehabt haben.« Er seufzte. »Jetzt kann man ohnehin nichts mehr ändern.«

      Stefan legte sich im Bett zurück. »Vielleicht sollten wir schlafen, dann hat man wenigstens das Gefühl, die Zeit würde ein bißchen schneller vergehen. Meine Güte, bis Sonntag will uns Wolfgang hier einsperren. Mir kam dieser halbe Tag schon wie eine Ewigkeit vor.«

      »Mir auch«, stimmte Dr. Daniel zu. »Aber die Quarantäne ist nun mal notwendig, damit sich diese schreckliche Krankheit nicht noch weiter ausbreitet.«

      »Ich weiß schon. Also, gute Nacht, Papa.«

      »Gute Nacht, mein Junge.«

      Doch Dr. Daniel lag noch lange wach und starrte in die Dunkelheit. Es war bestimmt schon nach Mitternacht, als er endlich einschlafen konnte. Dann aber schlief er so tief, daß er den leise pochenden Schmerz in seinem Kopf nicht fühlte. Und als er davon doch endlich erwachte, war der Schmerz bereits so schlimm, daß er zu keiner Bewegung mehr fähig war. Er wollte nach der Nachtschwester klingeln, doch er konnte nicht einmal einen Finger rühren. Der Schmerz lähmte ihn förmlich.

      O mein Gott, dachte er verzweifelt. Jetzt geht es bei mir auch los.

      Er wußte, daß ein einziges Wort seinen Sohn, der im Nebenbett schlief, geweckt hätte, doch nicht einmal ein Stöhnen kam über seine Lippen. Er war dem schier unerträglichen Schmerz in seinem Kopf hilflos ausgeliefert. Fast wie von selbst schlossen sich seine Augen, und er hoffte inständig, daß der Morgen bald kommen würde.

      *

      Als Stefan Daniel erwachte, sah er seinen Vater seltsam starr im Bett liegen. Erschrocken fuhr er hoch.

      »Papa, was ist los?« fragte er und sprang gleichzeitig aus dem Bett.

      Sein Vater gab keine Antwort. Er lag mit geschlossenen Augen da und bewegte sich nicht einmal. Nur das ständige Zucken auf seinem Gesicht verriet, daß er entsetzliche Schmerzen haben mußte.

      Stefan wußte, wie groß die Ansteckungsgefahr war, trotzdem beugte er sich jetzt über seinen Vater, streichelte dessen dichtes blondes Haar und flehte leise: »Bitte, Papa, sag doch etwas.«

      Aber Dr. Daniel konnte nichts sagen. Er hörte die Stimme seines Sohnes, wollte ihn vor der Ansteckungsgefahr warnen und bitten, Wolfgang zu verständigen, doch er schaffte es nicht einmal, die Augen zu öffnen.

      Allerdings begann auch Stefan jetzt wieder klar zu denken und wußte, was er zu tun hatte. Lang und anhaltend drückte er den Klingelknopf, der die Oberschwester alarmierte. Lena Kaufmann hielt sich gar nicht damit auf, in das Zimmer von Dr. Daniel und Stefan zu gehen, sondern informierte sofort den Chefarzt. Dieser nahm sich gerade noch Zeit, den Mundschutz anzulegen und Handschuhe überzustreifen, dann betrat er eilig den Raum. Ein Blick auf Dr. Daniel genügte ihm, um Bescheid zu wissen.

      »So ein Mist!« entfuhr es ihm. »Seit wann hat er die Schmerzen schon?«

      Stefan zuckte die Schultern. Er war den Tränen nahe. »Ich weiß es nicht, Wolfgang. Gestern abend haben wir uns noch unterhalten, und heute früh… als ich aufwachte, lag er reglos im Bett.« Mit nahezu flehendem Blick sah er den Chefarzt an. »Du mußt ihm helfen, Wolfgang! Mein Vater darf an dieser Krankheit nicht sterben!«

      »Keine Panik, Stefan«, entgegnete Dr. Metzler beruhigend. »Das Medikament hat bis jetzt noch bei jedem Patienten gewirkt.« Und dabei verschwieg er, daß Ines Holbe an der Schwelle zwischen Leben und Tod stand und daß auch bei Manfred Klein die Chancen auf Heilung immer geringer wurden.

      »Für dich lasse ich gleich ein anderes Zimmer herrichten«, fuhr Dr. Metzler fort, und dabei bereute er schon fast, daß er mehrere Personen zusammen in einem Raum untergebracht hatte.

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