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Dr. Metzler schwieg kurz. »Leider wurde er hier von Stefan in Empfang genommen, so daß ich auch deinen Sohn in Quarantäne schicken mußte.«

      Dr. Daniel wurde kalkweiß im Gesicht. »O mein Gott.«

      »Es muß nicht sein, daß er sich angesteckt hat«, versuchte Dr. Metzler seinen Freund zu beruhigen. »Aber ich darf hier in der Klinik kein Risiko eingehen. Dieser Virus ist nämlich sehr heimtückisch. Er führt anfangs lediglich zu kurzen Anfällen mit Schwindel, Fieber und Schweißausbrüchen. Vor und nach diesen Anfällen fühlt sich der Betroffene kerngesund, und nicht einmal eine körperliche Untersuchung ergibt einen krankhaften Befund. Nur ein ganz bestimmter Bluttest kann diese Krankheit, die unbehandelt unweigerlich zum Tod führt, nachweisen.«

      »Das ist ja schrecklich«, flüsterte Dr. Daniel betroffen, dann sah er Dr. Metzler an. »Wie kommt es überhaupt, daß du so gut darüber Bescheid weißt? Und wie heißt diese Krankheit eigentlich?«

      »Ich bin während meiner Zeit in Japan einmal damit in Berührung gekommen. Und wie sie heißt…« Er winkte ab. »In unseren Lehrbüchern wird sie nicht erwähnt, vermutlich kennt man sie in Europa gar nicht. Selbst in Japan hat sie nur einen ellenlangen lateinischen Namen, aber ich denke, wir sollten sie unter uns einfach mal als Asien-Syndrom bezeichnen.«

      Unwillkürlich begann Dr. Daniel zu frösteln. Das alles klang wirklich beängstigend.

      »Und es ist ganz sicher, daß der Patient an diesem Asien-Syndrom leidet?«

      Dr. Metzler nickte. »Daran besteht nicht der geringste Zweifel. Ich habe gerade den Bluttest gemacht, und wenn ich aus der internationalen Apotheke das richtige Medikament bekomme, dann hat er eine Überlebenschance. Während der ersten drei Tage nach Ausbruch der Krankheit können bis zu siebzig Prozent der Betroffenen geheilt werden, zwischen dem vierten und zehnten Tag sind es immerhin noch dreißig Prozent. Aber nach dem zehnten Tag sinkt die Heilungschance auf maximal vier Prozent.«

      Dr. Daniel fühlte Übelkeit aufsteigen, wenn er nur daran dachte, daß diese schreckliche Krankheit auch seinen Sohn betreffen und daß sie womöglich in ganz Steinhausen ausbrechen könnte.

      »Und… dieser Patient?« fragte er.

      »Herr Klein leidet seit gestern an dem Asien-Syndrom«, antwortete Dr. Metzler. »Wenn ich das Medikament bekomme, hat er gute Chancen. Gerrit ist bereits unterwegs nach München, und ich kann nur hoffen, daß er die Infusionslösung auftreibt.«

      »Und wenn nicht?«

      »Dann muß ich sie direkt aus Japan kommen lassen, aber das kostet Zeit, und ich fürchte…«

      »Herr Doktor, schnell, der Patient hat einen Anfall!« rief Oberschwester Lena zur Tür herein. Auch sie trug Mundschutz und Handschuhe.

      Im Laufschritt hetzte Dr. Metzler zur Station hinauf, und auch Dr. Daniel folgte ihm. Ohne Aufforderung reichte Oberschwester Lena ihm einen Mundschutz und keimfreie Handschuhe. Hastig streifte Dr. Daniel beides über, dann be-trat er hinter Dr. Metzler das Zimmer.

      Manfred Klein lag in seinem Bett, bebte wie im Schüttelfrost, während ihm der Schweiß in Strömen über Gesicht und Körper lief. Mit dem speziellen Fieberthermometer, das auch auf der Intensivstation benutzt wurde, konnte Dr. Metzler den rapiden Temperaturanstieg verfolgen. Auch Dr. Daniel blickte auf die Anzeige, während sich Entsetzen in ihm ausbreitete. Innerhalb weniger Minuten war die Körpertemperatur des Patienten auf 41,5 Grad gestiegen. Der Puls raste, und die Herzfrequenz war so hoch, daß Dr. Daniel jeden Augenblick mit einem Herzversagen rechnete. Doch dann sank das Fieber so rasch, wie es gestiegen war, und nach einer halben Stunde schien der Mann wieder völlig gesund zu sein.

      »Das ist ja wie ein übler Spuk«, meinte Dr. Daniel, als er sich zusammen mit Dr. Metzler im Nebenraum desinfizierte. »Ich nehme an, die Patienten sterben am Ende an Herzversagen.«

      »Manche schon, vor allem ältere Menschen, deren Herz diesem rapiden Temperaturanstieg nicht mehr standhält«, antwortete Dr. Metzler. »Allerdings ist das, was du jetzt gesehen hast, nur der Anfang. Später kommen die Anfälle immer häufiger, und die Patienten können sich von diesen Strapazen nicht mehr so schnell erholen. Die Erschöpfungszustände nehmen zu, und schließlich beginnt ein kontinuierlich anhaltendes Fieber, das immer mehr ansteigt. Bei etwa vierzig Grad kommt es zum Stillstand, doch während andere Viren bei dieser Temperatur absterben, läuft dieser Virus nun erst zur Höchstform auf und verursacht Lähmungen, die sich allmählich im ganzen Körper ausbreiten. Wenn diese Lähmungen auf das Gehirn übergreifen, kommt es zum Tod, und das ist meistens zwischen dem vierzehnten und sechzehnten Tag der Fall.«

      »Das ist ja schrecklich«, meinte Dr. Daniel entsetzt.

      Dr. Metzler seufzte. »Mehr als das, Robert, viel mehr als das – vor allem, weil wir nicht wissen, wer diese Krankheit eingeschleppt hat. Ich werde mich jetzt mit dem Gesundheitsamt in Verbindung setzen, und ich fürchte, daß über ganz Steinhausen eine strenge Quarantäne verhängt wird. Dann können wir nur noch hoffen, daß die Krankheit nicht von außerhalb kommt, denn sonst könnte bereits die ganze Region in Gefahr sein.«

      *

      Obwohl Dr. Daniel von all dem, was Dr. Metzler ihm erzählt hatte, ziemlich geschockt war, vergaß er nicht, daß er noch andere Pflichten hatte. Valerie Doschek wartete drüben in der Gynäkologie darauf, daß ihre Dammnaht wieder geschlossen werden würde.

      Als Dr. Daniel die Eingangshalle erreichte, erfuhr er von der Stationsschwester der Gynäkologie, Bianca Behrens, daß der dortige Operationssaal bereits belegt war.

      »Frau Dr. Reintaler mußte bei einer Patientin eine Ausschabung vornehmen«, erklärte sie. »Frau Dr. Teirich hat die Anästhesie übernommen.«

      Dr. Daniel nickte. »Dann bringen Sie Frau Doschek in die Chirurgie hinüber, und informieren Sie Dr. Parker.«

      »Bin schon hier«, meldete sich der sympathische junge Änasthesist, dann wandte er sich mit besorgtem Gesicht Dr. Daniel zu. »Haben Sie von diesem seltsamen Virus gehört, das hier umgehen soll?«

      Dr. Daniel nickte seufzend. »Der Chefarzt hat mich gerade informiert. Eine schreckliche Geschichte.«

      »Das kann man wohl sagen. Bloß gut, daß sich Wolfgang anscheinend bestens mit dieser Krankheit auskennt.«

      »Ja, er hat im Ausland viel Erfahrung sammeln können, die uns hier schon mehrmals zugute gekommen ist«, meinte Dr. Daniel, dann wandte er sich dem Operationssaal zu. »Wir sollten uns allmählich bereit machen.«

      Gemeinsam betraten die Ärzte den Operationssaal.

      »So, Frau Doschek, in einer halben Stunde ist alles vorbei«, meinte Dr. Daniel lächelnd, während Dr. Parker schon die Narkose einleitete.

      »Okay, Robert, Sie können anfangen«, erklärte er.

      Von diesem Augenblick an gestattete sich Dr. Daniel keinen Gedanken mehr an die gefährliche Krankheit, die möglicherweise in Steinhausen kursierte, sondern verrichtete gewissenhaft seine Arbeit.

      »So«, meinte er dann. »Diese Naht wird mit Sicherheit nicht mehr aufgehen.«

      Dr. Parker grinste, was nur an den Fältchen, die sich um seine blauen Augen bildeten, zu erkennen war, weil er hier im Operationssaal ja einen Mundschutz tragen mußte.

      »Die in der anderen Klinik hatten wohl keine gute Nähmaschine«, scherzte er.

      »Sieht so aus«, stimmte Dr. Daniel zu, dann wandte er sich der OP-Schwester zu. »Petra, bringen Sie die Patientin in den Aufwachraum hinüber. Ich kümmere mich persönlich um sie.«

      »Ist in Ordnung, Herr Direktor.«

      Dr. Daniel sah ihr nach, dann seufzte er. »Also, diesen Direktor kann ich wirklich nicht mehr hören.«

      Dr. Parker nahm seinen Mundschutz ab und lächelte. »Sie sind zu bescheiden, Robert.«

      Dr. Daniel mußte lachen. »Ist das nun ein Kompliment, Jeff, oder eher eine Beleidigung?«

      »Weder – noch, nur eine

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