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es gut. Du hast Familie, eine Freundin. Und ich? Ich habe niemanden. Ich will endlich zu Liana«, schluchzte sie auf und krümmte sich auf ihrem Stuhl zusammen, dass Danny erschrak.

      »Marika, ich kann auch nicht zaubern. Du musst jetzt stark sein und durchhalten«, erklärte er aufgeregt und warf einen Blick auf die Uhr. Die Mittagspause war fast vorbei. Er musste zurück in die Praxis. »Ich muss jetzt fahren. Du legst dich am besten wieder hin und versuchst zu schlafen. Geh ja nicht vor die Tür und mach auch nicht auf, wenn es klingelt. Später habe ich hoffentlich die Ergebnisse dabei. Je nach dem, wie sie ausfallen, musst du vielleicht in die Klinik.«

      »Aber dort schicken sie mich zurück nach Hause. Das will ich nicht. Ich will zu Liana und da ein neues Leben anfangen«, wimmerte Marika. Viel Kraft hatte sie nicht mehr, und sie würde sich nicht mehr lange gegen die Pläne des Arztes wehren können.

      Danny dachte fieberhaft nach.

      »Du hast wirklich keine Adresse von deiner Tante?«, fragte er noch einmal vorsichtshalber. »Kannst du dich vielleicht wenigstens an den Straßennamen erinnern? An ein paar Buchstaben?«

      Marika trocknete sich die Tränen und schüttelte bedauernd den Kopf.

      »Nein, nichts. Die haben mir diese Diebe im Zug mit allem anderen gestohlen. Aber meine Liebe zu meiner Familie, die können sie mir nicht aus dem Herzen reißen«, erklärte sie so leidenschaftlich, dass es Danny trotz allem warm ums Herz wurde.

      »Wie heißt deine Tante denn mit Nachnamen?«, forschte er weiter in der Hoffnung, wenigstens einen Anhaltspunkt zu finden, um sich auf die Suche zu machen.

      »Turaschwili.«

      Danny lief hinüber zur Kommode, wo er in einer Schublade Stifte und Papier aufbewahrte.

      »Liana Turaschwili«, notierte er. »So viele wird es davon in München schon nicht geben.« Schon hatte er seine Hoffnung wiedergefunden und lächelte Marika aufmunternd an. »Vielleicht komme ich später nicht nur mit einem Untersuchungsergebnis, sondern auch mit der Adresse deiner Tante«, machte er ihr Mut.

      Ein feines Lächeln huschte über Marikas Gesicht.

      »Das wäre ein Traum!«, murmelte sie, während sie es sich wieder auf dem Sofa bequem machte. Noch bevor Danny die Wohnung verlassen hatte, war sie schon wieder eingeschlafen.

      *

      Nachdem Tatjana eine ganze Weile nach ihrem besten Freund gesucht, ihn aber nicht gefunden hatte, kehrte sie unverrichteter Dinge in ihre kleine Studentenwohnung zurück. Sie schlüpfte aus dem eleganten, aber unbequemen Kleid und tauschte es gegen Jeans und einen großen Pullover. Mit dicken Socken an den Füßen ging sie hinüber zur kleinen Küchenzeile, um sich einen Tee zu kochen. Mit einer großen, dampfenden Tasse in den kalten Händen ging sie zu dem kleinen Sofa, auf dem sie so oft mit Danny gekuschelt hatte. Diesen Gedanken schob sie schnell beiseite. Sie wollte nicht an Danny denken, stellte die Tasse zur Seite, legte sich auf die Couch und zog eine weiche Decke über sich.

      Vom Klingeln an der Tür wurde Tatjana geweckt. Verschlafen rappelte sie sich hoch und schlurfte zur Gegensprechanlage.

      »Hallo?«

      »Ein Glück, du bist zu Hause, Schnecke!«

      »Oli, was machst du denn hier?«, fragte Tatjana überrascht. Ohne eine Antwort abzuwarten, drückte sie auf den Türöffner und lauschte auf die schweren Schritte ihres besten Freundes, die im Treppenhaus wiederhallten. Bleich wie ein Gespenst tauchte er schließlich vor ihrer Tür auf, und kurz entschlossen zog sie ihn in die kleine Wohnung. »Komm rein.«

      »Ich kann nicht mehr nach Hause … Bin stundenlang draußen rumgelaufen.«

      »So?« Tadelnd schüttelte Tatjana den Kopf. »Ich bekomm schon Schüttelfrost, wenn ich nur daran denke, in so einem dünnen Sakko draußen rumzulaufen.«

      »Den Mantel hab ich im Wagen vergessen«, stammelte der Bräutigam zitternd vor Kälte. »Bin einfach losgelaufen. Hab gar nicht dran gedacht, ihn mitzunehmen.« Er sah Tatjana aus großen, verzweifelten Augen an. »Mann, Schnecke, was hab ich nur getan?«

      »Zumindest für Überraschung gesorgt«, erwiderte Tatjana ungerührt und fasste ihn am Arm. Willenlos folgte Oliver ihr hinüber zum Sofa. Der Tee war noch lauwarm, und sie drückte ihm die Tasse in die Hand. »Hier, jetzt wärm dich erst mal auf.« Fürsorglich breitete sie die Decke über seine Schultern und setzte sich neben ihn.

      Oliver mied den Blick seiner besten Freundin und trank einen Schluck Tee.

      »Ich weiß nicht, was da plötzlich passiert ist«, murmelte er wie zu sich selbst. »Auf einmal hab ich keine Luft mehr bekommen. Der Gedanke daran, dass auf einmal mein ganzes Leben für alle Zeiten vorbestimmt ist, es keinen Ausweg mehr gibt … das hat mir förmlich die Kehle abgeschnürt.« Endlich hob er den Kopf und sah Tatjana an. Die Hoffnungslosigkeit in seinen Augen war unübersehbar. »Da wollte ich nur noch weg. Kannst du das verstehen?«

      Tatjana antwortete nicht sofort. Sie dachte darüber nach, wie es ihr wohl ergehen würde.

      »Na ja, irgendwie schon«, gestand sie zögernd. »Aber hättest du dir das nicht ein bisschen früher überlegen können? Schließlich war es ja eure gemeinsame Idee zu heiraten.«

      »Das ist ja das Problem«, brach es plötzlich aus Oliver heraus. »Da gab es nichts zu überlegen. Alles schien sonnenklar und richtig, wie es war. Dieses Gefühl der Ausweglosigkeit hat mich einfach überfallen. Aus heiterem Himmel.« Er war heiser und nippte wieder an der Tasse Tee.

      Tatjana wusste nicht, was sie dazu sagen sollte.

      »Und jetzt?«, fragte sie hilflos.

      Oliver zuckte mit den Schultern.

      »Keine Ahnung. Ich frag mich, wie ich Natascha je wieder unter die Augen treten soll. Unseren Eltern, den Freunden …«

      Einen Augenblick dachte Tatjana nach. Dann hatte sie eine Entscheidung getroffen.

      »Meinetwegen kannst du erst mal hier schlafen. Ich hab zwar nur ein Bett, aber das ist groß genug für uns zwei.«

      Trotz seiner Verzweiflung huschte ein Leuchten über Olivers Gesicht.

      »Ist das dein Ernst, Schnecke?« Doch gleich darauf wurde er wieder ernst. »Aber was wird dein Freund dazu sagen, wenn wir hier in einem Bett schlafen? Ich meine, nicht, dass ich dich anrühren würde …«

      »Danny muss es ja nicht erfahren«, unterbrach Tatjana ihn mit einem grimmigen Lächeln. Sie ärgerte sich noch immer über ihren Freund und dachte gar nicht daran, das Kriegsbeil zu begraben. »Außerdem willst du ja nicht hier einziehen.«

      Über diese Bemerkung musste Oliver trotz seines Kummers lachen.

      »Nein, wahrlich nicht«, antwortete er und fühlte sich fast ein bisschen erleichtert.

      *

      Als Danny an diesem frühen Nachmittag in die Praxis zurückkam, wurde er von vielsagenden Blicken empfangen.

      »Oh Danny, dein Vater will mit dir sprechen«, teilte Wendy dem Junior notgedrungen den Wunsch des Chefs mit.

      »Es geht um den Laborbericht von Herrn Oppermann …«

      »Ich hab Ihnen doch gesagt, dass ich den haben will«, wandte sich Danny in seiner Not empört an Janine. Doch in diesem Fall erwies sich der Angriff nicht als beste Verteidigungsstrategie.

      »Falls ich Beihilfe zu Ihren schmutzigen Geschäften leisten soll, haben Sie sich geschnitten«, fauchte Janine so zornig, dass Danny einen Schritt zurückwich.

      »Mal abgesehen davon, dass ich die E-Mails im Beisein des Chefs geöffnet habe«, fuhr Wendy gelassen fort. »Und jetzt solltest du zu deinem Vater gehen und die Sache so schnell wie möglich in Ordnung bringen.« Sie kannte Danny gut genug, um zu wissen, dass er nicht in böser Absicht gehandelt hatte. Gleichwohl konnte sie dieses Verhalten nicht gut heißen.

      Wie ein begossener Pudel stand der junge Arzt vor dem Tresen. Zum Glück waren noch keine Patienten da, die

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