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      Nachtigallensteine

      Der Marder hat einen Leberschaden

      

      

      

      

      

      46 Zwischendurchgeschichten

      von Petra Hofmann

      Copyright © 2019 Petra Hofmann und Jörg Starkmuth

      Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt und darf – auch auszugsweise – nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Autorin und des Verlegers vervielfältigt oder kommerziell genutzt werden. Ausgenommen sind kurze Zitate mit Quellenangabe.

      Starkmuth Publishing, Hennef – www.starkmuth.de

      ISBN 978-3-947132-10-2

      ISBN der gedruckten Ausgabe: 978-3-947132-09-6

      Lektorat, Layout und Cover-Design: Jörg Starkmuth

      Für meine Katze

       Die Autorin:

      Petra Hofmann befindet sich irgendwo zwischen

      Pubertät und Pflegeheim. Sie arbeitet als Heilpraktikerin

      und schreibt zusammen mit ihrer Katze Minka Bücher.

      Diesmal war es genau so! *

       * Anm. d. Lektors: Also, die Geschichte mit dem Lektor war jetzt nicht wirklich genau so. Aber fast. Eigentlich wurde nur der Name geändert. Zu den anderen Geschichten sag ich mal lieber nichts. Auch nicht zu der mit dem T-Rex. Ich war ja nicht dabei.

       Früher Vogel

      Der frühe Vogel fängt den Wurm. Oder besser: Ich fange dem frühen Vogel den Wurm. Genauer gesagt, dem Vogelbaby. Da ist eines aus dem Nest gefallen. Ein kleines, süßes, vollkommen federfreies Vogelbaby. Vielleicht war es zu neugierig und wollte schon in die Welt hinaus. Oder es wollte seinen Horizont erweitern und hat mal über den Tellerrand geschaut. Oder es war einfach zu laut und die Vogelmama hat es vor die Tür gesetzt. Nest zu voll? Wie dem auch sei – nun ist es hier bei uns.

      Noch steht nicht fest, was es mal werden soll. Könnte ein Amselkind sein oder eine Wachholderdrossel? Aber vielleicht auch eine Kohlmeise oder ein Straußenbaby. Das kann man jetzt noch gar nicht so genau sagen. Dem Appetit nach muss es sich aber um einen Strauß handeln.

      Das Füttern ist eine Angelegenheit für sich. Es kann nämlich noch nicht richtig essen. Die Kinder haben Würmer gesammelt, aber laut Internetrecherche sollten die leicht vorverdaut sein, bevor die Babyvogelspeiseröhre diese aufnehmen kann. Und tief in den Rachen des Vogels soll der Wurmbrei.

      Und nun steh ich da. Vor mir ein Schälchen mit Würmern, welche die Kinder im Garten gefunden haben. Damit mach ich jetzt genau was? Kauen und wieder ausspucken? Und was ist mit dem Wurm? Der hat vielleicht auch Familie? Wer kümmert sich nun um die Wurmbabys? Ich muss fast heulen bei dem Gedanken, dass jetzt ganze Familien auseinandergerissen wurden, und bitte meine Kinder, die Würmer wieder ganz genau dorthin zu bringen, wo sie sie hergeholt haben. Sie verdrehen die Augen, aber ich dulde hier kein „Ja, aber …“.

      Das Straußenkind schaut mich mit seinen geschlossenen Augen hungrig an. Sein Schnäbelchen zuckt. Da muss jetzt was rein. Ich nehme der Katze das Katzenfutter weg, püriere es zu Brei und fülle es in eine leere Spritze. Der Katze gefällt dies leider nicht. Sie ist bereits auf dem Weg, sich den Vogel zu schnappen, um ihn ebenfalls zu Brei zu pürieren.

      Ich gebe mir größte Mühe, eine gute Vogelmutter zu sein, aber der Strauß macht den Schnabel einfach nicht auf. Vielleicht bin ich aber auch nur eine Rabenmutter und kann nur Rabenkinder und keinen Strauß?

      Ich versuche es mit: „Ein Löffelchen für die Katze …“, aber er will nicht. Oder er weiß nicht wie. Laut Google drückt eine richtige Vogelmutter dem Nachwuchs den Schnabel auseinander, um dann den Speisebrei hineinzubefördern. Das versuche ich jetzt auch – mittels Fingernägeln und Pinzette. Und es funktioniert. Gefühlte zwei Stunden später ist die erste Mahlzeit im Vogelbauch. Und ich bin gestresst.

      Da so ein Vogelkind unglaublich schnell wächst, braucht es auch unglaublich viel Nahrung. Wir wiederholen die Prozedur etwa alle zwanzig Minuten. Und zwar von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang. Hat jemand eine Vorstellung, wann im Frühjahr die Sonne aufgeht? In aller Frühe steh ich da, noch nicht fähig, die Augen zu öffnen, und zermalme Katzenfutter. Ich flehe die Sonne an, morgen später mit dem Scheinen zu beginnen, aber sie hat kein Erbarmen mit mir. Alle zwanzig Minuten kommt ein „Piep!“ und ich sorge für Nachschub. Meine Kinder unterstützen mich dabei und übernehmen nach Absprache die Früh- oder Spätschicht.

      Die Nachtruhe schrumpft auf einen überschaubaren Zeitraum zusammen, was mir zwei Wochen später einen Anruf aus der Schule beschert. „Ihre Tochter nimmt Drogen!“, erklärt mir die Lehrerin. Jedenfalls sähe sie so aus. Ich erkläre ihr, dass sie zurzeit ihr Nachtlager mit einem Strauß teilt. „Nehmen Sie etwa auch Drogen?“, will die Frau wissen. Wozu noch Drogen? Ist doch schon abgedreht genug hier.

      Der Piepmatz wächst und gedeiht proportional zu unserer Erschöpfung. Wir machen alles, was auch Vogeleltern tun würden. Wir bringen ihm bei, wie man Körner pickt, und die Kinder springen abwechselnd vom Bett, um ihm zu zeigen, wie das Fliegen funktioniert. Und dann – vier Wochen später – ist es endlich so weit. Unser Vogelbaby wird flügge. Wir bringen es in den Garten, dorthin, wo noch andere Vögel sind.

      Während sich die Kinder hier und da ein Tränchen aus dem Gesicht wischen, suche ich mein Bett auf. Schlafen – jetzt einfach nur schlafen. Und zwar von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang. Und dazwischen auch.

      Der Strauß ist übrigens ein Spatz geworden.

       Postbank

      Ich habe mich vertippt. Das ist im Grunde nicht wirklich schlimm. Es sei denn, man vertippt sich gleich mehrmals hintereinander. Und es sei denn, es geht dabei um einen Online-Zugang für ein Postbank-Konto.

      Als ich das Passwort das erste Mal eingeben will, muss ich so schlimm niesen, dass ich irgendwie zu früh auf die Enter-Taste abrutsche und die Internetseite mir die Meldung bringt, dass Kontonummer und PIN nicht übereinstimmen. Beim zweiten Mal springt mir just in dem Moment, als ich die letzte Ziffer eingeben will, die Katze auf die Tastatur. Und beim dritten Mal habe ich glatt vergessen, wie das Passwort nun wirklich lautet.

      Nun ist es zu spät. Der Account ist gesperrt, und ich solle mich an einen freundlichen Mitarbeiter der Postbank wenden. Unter der folgenden Telefonnummer würde man mir jeden Wunsch von den Augen ablesen.

      Als ich da anrufen will, ist allerdings besetzt. Beim zweiten Mal ebenfalls. Und beim dritten Mal auch noch. Ich versuche es noch x-mal. Als ich dann endlich durchkomme, verlangt eine freundliche Computerstimme von mir, ich solle die fünfstellige Telefon-PIN eingeben.

      Der erste Versuch schlägt natürlich fehl. Ich vertippe mich dummerweise. Der zweite Versuch – ihr könnt es euch schon denken – schlägt ebenfalls fehl. Die Katze hat sich in meine Waden gekrallt. Sie möchte irgendwas. Und es ist Sommer, das heißt, ich habe eine kurze Hose an. Autsch. Beim dritten Mal – wie könnte es anders sein – habe ich doch glatt die PIN vergessen. Ich bin gesperrt. Und zwar komplett. Und genervt und überfordert bin ich auch noch.

      Der E-Mail-Verkehr entpuppt sich leider als der nicht für diesen Zweck vorgesehene Weg. Zwar habe ich ein paar Stunden später einen scheinbar echten, menschlichen Kontakt über das Netz, aber von wirklichem

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