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in deinen Käfig...«

      *

      Zwei Männer saßen sich in dem von Kunstlicht erhellten Büro in den Tiefen des FSA-MILCOM-Hauptquartiers gegenüber.

      Der eine war Oberst Sheehy.

      Major Angus Santana war der andere.

      Santana war Sheehys rechte Hand.

      Ein äußerst fähiger Mann.

      Einer, der sich Chancen ausrechnete, einmal selbst Sheehys Platz einzunehmen. Früher oder später.

      »Es ist so bekloppt, dass es jeder Beschreibung spottet«, knurrte Sheehy.

      Angus Santana zuckte mit den Schultern, schwieg aber.

      »Das Dumme daran ist, dass er es wirklich so meint, wie er es gesagt hat«, fuhr der Oberst fort, dem das Schweigen seines Adjutanten nicht auffiel. »Was den Alten anbelangt, soll ich tatsächlich in den Stralags nach geeigneten Leuten für diesen Job forschen.« Er knackte mit den Fingerknöcheln. »Ist das nicht bekloppt?«

      »Wie man's nimmt«, meinte Santana zurückhaltend. »Aber er ist nun mal wie er ist, und der Generalstab will, dass er auch so bleibt, weil einige einflussreiche Kongressabgeordnete es so wollen. Und Sie wissen, wie das mit der Politik ist, Sir. Außerdem ist an General Strykers Vorschlag was dran, Sir. Die Militärstraflager enthalten eine Menge brachliegendes Potential bestens ausgebildeter Männer, die nur deshalb dort landeten, weil sie nach dem Ende der Ölkriege und den Strafexpeditionen in Moldawien sowie an der russisch-chinesischen Grenze plötzlich nicht mehr gebraucht wurden. Wir haben da auch eine gewisse Verantwortung, möchte ich behaupten. Haben die Leute zu Killern trainiert und erwarten nun, dass sie sich wieder wie normale Bürger verhalten. Schizophren, wenn Sie mich fragen. Ja. Ich glaube, es wäre nicht verkehrt, diese Möglichkeit ins Auge zu fassen – wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, Sir«, setzte er hinzu.

      Oberst Sheehy musterte seinen zweiten Mann eine Zeitlang prüfend. Schließlich fragte er: »Ich kenne Sie, Angus. Worauf wollen Sie hinaus?«

      Major Santana blickte angelegentlich über Sheehys Schulter auf die Weltkarte, die hinter dem ranghohen Offizier an der Wand hing. »Ich frage mich«, begann er mit einem Räuspern, »ob wir die Anregung nicht doch ernsthaft in Betracht ziehen sollten, jetzt, wo wir eigentlich das Okay haben.«

      »Sie meinen, Sträflinge für die Mission rekrutieren?«

      Santana nickte.

      »Sie sind nicht bei Trost, Angus«, wurde Sheehy persönlich.

      »Keine Kriminellen«, wiegelte Santana ab. »Keine Mörder und Vergewaltiger, sondern Leute, die das Töten als Kriegshandwerk gelernt haben.«

      »Kommen Sie, das ist nicht Ihr Ernst!« Sheehy sah Angus Santana verweisend an. Dann zeichnete sich Erkenntnis auf seinen Gesichtszügen ab. »Doch... doch. Es ist Ihnen ernst, Major... habe ich recht? Und wie ich Sie kenne, bringen Sie mich nicht ohne Grund in Rage. Heraus damit! Wen haben Sie im Visier?«

      »Den möglicherweise härtesten Mann im Universum – Morton Conroy.«

      Um Sheehys Mundwinkel bildeten sich kleine Buckel.

      »Natürlich! Conroy – von Ihnen höre ich seit Wochen immer nur Conroy! Sie haben einen Narren an dem Mann gefressen«, behauptete der Oberst. Brüsk erhob er sich und wanderte im Raum auf und ab. Seine Haltung signalisierte Ablehnung, aber Santana machte sich darüber wenig Sorgen. Er kannte seinen Vorgesetzten; er war selbst zeitweise genauso unempfindlich gegen Ratschläge wie dieser.

      »Ich weiß, ich gehe Ihnen damit schon gehörig auf die Nerven, Sir, aber Conroy ist eine wandelnde und sprechende Legende im Blackwatch-Regiment. Wenn man im Wörterbuch unter dem Begriff ›knallhart‹ nachschlägt, dann findet sich Conroys Holographie direkt neben diesem Eintrag.«

      »Übertreiben Sie jetzt nicht eine Spur zuviel?« Oberst Richard Sheehy blieb vor dem Schreibtisch stehen, beugte sich vor und sah seinen Adjutanten mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Warum sollten wir das tun, Angus? Und warum ausgerechnet Conroy?«

      »Warum nicht Conroy, Sir?» versetzte Angus Santana. »Erkundigen Sie sich bei irgendjemandem von der Ultra Force nach Conroy, und man wird Ihnen von seinem mittlerweile legendären ›Ein-Mann-Angriff ohne Rückfahrkarte‹ auf die ukrainische Ölplattform während des Bessarabienkrieges erzählen. Damals behauptete man, niemand könne diese Mission schaffen, aber andererseits ist Conroy kein gewöhnlicher Mann. Das zeigte sich an seinen Taten. Er stieg in zehntausend Meter Höhe aus dem Transporter und ließ sich im freien Fall bis auf fünfhundert Meter fallen, ehe seinen Lenkschirm öffnete und punktgenau auf der Kuppel der Ölplattform landete. Niemand hat ihm dieses Bravourstück je nachgemacht. Er hat sich große Verdienste während der Ölkriege erworben, weshalb er vom Pentagon zum Oberleutnant befördert wurde. Während der russisch-chinesischen Aufstände hat er sich wochenlang bei Rungmar Thok im Hochland von Tibet hinter den feindlichen Linien aufgehalten und schaltete eine Reihe Widerstandsnester im Alleingang aus, ohne entdeckt zu werden. Er ist ein Sprachphänomen. Er spricht fließend Neuchinesisch, Tibetanisch und beherrscht neben einigen anderen östlichen Idiomen auch noch die japanische Sprache. Er hat Medaillen für herausragende Einzelkampfleistungen verliehen bekommen, andere für hervorragenden Einsatz in besonderen Gefechtssituationen. Die Ehrenmedaille erster Klasse für außergewöhnliche Pflichterfüllung, den Silberkometen für Mut und Tapferkeit, den großen Staatsorden der FSA, nur vier Männern wurde diese Ehrung zuteil, dreien davon posthum, und...«

      »Und er sitzt im Hochsicherheitstrakt von STRALAG-2. Zum gemeinen Soldaten degradiert!«, versetzte Sheehy trocken und unterbrach ihn mit einer Handbewegung. »Was Sie mir zu sagen versuchen, ist Schnee von gestern, Major. Conroy ist ein Sicherheitsrisiko. Er steht aufs Töten. Zu schnell mit der Waffe zugange...«

      »Was ihn bis jetzt davor bewahrte, zu jenen zu zählen, deren Namen auf polierten Stelen oder im Netzwerk der FSA-Streitkräfte verewigt wurden.«

      »Der jemanden auch schon mal in den Rücken schießt, um des eigenen Vorteils willen«, beharrte der Oberst. »Auch ich kann Dateien lesen, Major.«

      »Um seine oder die Haut seiner Kameraden zu retten«, berichtigte Santana. »Was ist daran verwerflich im Krieg? Conroy ist ein Patriot, wenn Sie mich fragen.«

      »Der Mann ist ein Soziopath und ein Killer!«

      »Ich will's mal so ausdrücken, Sir«, erwiderte Santana. »In der Tat bevorzugt er Situationen, deren mögliche Eskalation ein rasches, entschlossenes und konsequentes Handeln erfordert.«

      Sheehy wölbte die Brauen.

      »Oho! Gut gebrüllt, Löwe. Sie sollten in die Politik gehen, Major«, schlug er vor. »Bei Ihrer Wortwahl.«

      Santana lächelte verhalten, dann fuhr fort: »Gut. Er kann sich nicht unterordnen, zugegeben. Er folgt keinen Befehlen, wenn er der Meinung ist, sie seien unsinnig oder gefährdeten Zivilisten, auch zugegeben. Er hat was gegen Ungerechtigkeiten...«

      »Und gegen höherrangige Offiziere. Offensichtlich. Hat schließlich versucht, einen zu töten...« erinnerte ihn Sheehy.

      »Wurde nie aufgeklärt, ob es tatsächlich ein Mordversuch war«, wehrte Santana ab. »Die Sache ist meiner Meinung nach eine reine Strafaktion des damaligen Kommandeurs gegen Conroy gewesen...«

      »... und kam deshalb vors Kriegsgericht.«

      »Wo er zu allen Anschuldigungen im Interesse des Korps schwieg.«

      »Ja, ja«, winkte Sheehy ab. »Wie Sie schon sagten: ein echter Patriot. Sie meinen also, er wurde zu Unrecht verurteilt?«

      »Möglicherweise ja. Vielleicht auch nein. Zumindest bestehen berechtigte Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussagen des Hauptbelastungszeugen, Oberstleutnant Gared Swan. Ich bin jedenfalls überzeugt, dass Conroy der Richtige für diesen Job wäre. Er hätte das Zeug dazu, in Basis Alpha

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