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seine Therapie entwickelte und auf welche Weise das bewährte Naturheilverfahren seine Wirkung entfaltet.

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      SCHÜSSLERS BIOCHEMIE – WAS IST DAS?

      Allgemein ist Biochemie (griech. bios: Leben, chemeia: Wissenschaft der Elemente) die Lehre von den Stoffwechselvorgängen im Körper, wie Atmung, Energiestoffwechsel und Verdauung. Wilhelm Heinrich Schüßler (1821–1898) verwendete den Begriff im Speziellen für die von ihm entwickelte Therapie, die auf den chemischen Vorgängen in den Körperzellen basiert. Sie arbeitet mit Mineralstoffen (Salzen), die von Natur aus im Körper vorkommen und die wir täglich mit der Nahrung aufnehmen. Schüßler stellte durch ihre homöopathische Aufbereitung Heilmittel her, die viel mehr können als Mineralstoffe in der Nahrung: Sie normalisieren den Mineralstoffhaushalt der Zellen, beheben so Fehlsteuerungen im Organismus. Auf diese Weise können Krankheiten geheilt werden.

      VON DER HOMÖOPATHIE ZUR BIOCHEMIE

      Für das Verständnis der Schüßler-Salze ist ein kurzer Einblick in Wilhelm Heinrich Schüßlers Werdegang hilfreich. Er kam 1821 in Bad Zwischenahn im Ammerland nahe Oldenburg zur Welt. Lange unterstützte er wegen des geringen Einkommens seines Vaters die Familie finanziell durch seine Tätigkeit als Sprachlehrer. 1852, mit 31 Jahren, nahm er ohne Abitur das Medizinstudium in Paris auf. Später wechselte er an die Universität nach Berlin und promovierte in Gießen. Um zur Staatsprüfung zugelassen zu werden und als Arzt praktizieren zu dürfen, holte er in Oldenburg das Abitur nach. Dort eröffnete er auch seine Praxis als Arzt, Wundarzt und Geburtshelfer.

      Schon bald galt Schüßlers besonderes Interesse der Homöopathie, mit der er 15 Jahre lang seine Patienten behandelte. Kein Wunder, dass der Weg zu seinem Heilverfahren und die Herstellung seiner Heilsalze von den grundlegenden Gedanken des Vaters der Homöopathie, des Meißener Arztes Dr. Samuel Hahnemann (1755–1843), geprägt wurden.

      Das homöopathische Prinzip

      Das Fundament der Homöopathie ist die Ähnlichkeitsregel. Was steckt dahinter? Ein Beispiel: Kaffee, spätabends getrunken, kann auch bei einem gesunden Menschen durch seine anregende Wirkung auf das Nervensystem den Schlaf verhindern. Zwar ist der Betreffende müde, er kommt aber wegen der unaufhörlich kreisenden Gedanken nicht zur Ruhe. Kann eine Substanz beim Gesunden so eindeutige Beschwerden (Symptome) auslösen, kommt sie bei ähnlichen Beschwerden als Heilmittel infrage. Wenn jemand also wegen nervlicher Erregung nicht einschlafen kann oder allgemein unruhig ist, eignet sich die Kaffeebohne (lateinisch Coffea) in sehr kleinen Mengen, also in verdünnter Form (in der Homöopathie spricht man von potenzierter Form) zur Behandlung.

      GROSSE MITTELVIELFALT

      Durch Versuche, auch an sich selbst, testete Hahnemann viele Substanzen aus dem Tier-, Pflanzen- und Mineralienreich. Dabei fand er heraus, welche Symptome sie bei Gesunden hervorrufen. Diese Versuche wurden von anderen im Laufe der Jahrzehnte fortgesetzt, um Ausgangsstoffe für neue Mittel zu finden.

      »Wer von kleinen Gaben hört, denkt gewöhnlich sofort an Homöopathie. Mein Heilverfahren ist aber kein homöopathisches, denn es gründet sich nicht auf das Ähnlichkeitsprinzip, sondern auf die physiologisch-biochemischen Vorgänge, welche sich im menschlichen Organismus vollziehen.«

      Wilhelm Heinrich Schüßler

      Bei der sogenannten homöopathischen Arzneimittelprüfung entstehen für jede Substanz umfangreiche Listen mit Symptomen. Diese werden jeweils zusammengefasst zu dem sogenannten Arzneimittelbild. Um das passende Mittel zu finden, muss der Therapeut die Symptome des Patienten mit den Arzneimittelbildern vergleichen.

      In der Homöopathie gibt es also nicht ein bestimmtes Mittel gegen eine bestimmte Erkrankung, zum Beispiel ein für alle wirksames Schnupfenmittel oder Fiebermittel. Vielmehr wird das Mittel herausgesucht, das dem kranken Menschen im Gesamten hilft – gleichermaßen bezogen auf seine charakteristischen Symptome, seine Gefühlsäußerungen, seine Gewohnheiten und Eigenheiten.

      Es gibt heute über 1500 homöopathische Mittel, unter denen der Therapeut das individuell passende für einen Patienten heraussucht. Die homöopathische Behandlung ist demzufolge ein sehr komplexer Vorgang, der sehr zeitaufwendig ist und viel Erfahrung sowie ein umfassendes Wissen des Therapeuten erfordert.

      Schüßler wollte angesichts der schier unüberschaubaren Mittelvielfalt der Homöopathie eine eigene Heilmethode entwickeln, die einfach anzuwenden ist – so einfach, dass sie auch für die Selbstbehandlung geeignet ist. Gerade diese wunderbare Einfachheit war es jedoch, die dem Erfolg des neuen Heilverfahrens zunächst im Wege stand, wie wir auf > noch sehen werden.

      Damit homöopathische Mittel ihre Wirkung entfalten, werden die Ausgangssubstanzen nach einem von Samuel Hahnemann entwickelten Verfahren mit Wasser, Alkohol oder Zucker schrittweise verschüttelt oder verrieben (potenziert). Dies geschieht in Verdünnungsschritten von 1 : 10 (1 Teil Substanz auf 10 Teile Verdünnung: dezimale Verdünnung) oder 1 : 100 (centesimale Verdünnung).

      Schüßler übernahm dieses Herstellungsverfahren später für seine Mineralsalze, jedoch ohne die in der Homöopathie angewandten »Schüttelschläge« (das sogenannte Dynamisieren). Zudem gab er für jedes Mittel eine Regelpotenz an: D6 oder D12, gemäß dem Prinzip »Jedes biochemische Mittel muss so verdünnt sein, dass die Funktionen gesunder Zellen nicht gestört, vorhandene Funktionsstörungen aber ausgeglichen werden können«.

      Bei dezimaler Verdünnung (wie bei Schüßler stets verwendet) wird dem Namen des Mittels ein »D« angehängt, man spricht von der D-Potenz. Wird einmal im Verhältnis 1 : 10 verdünnt, heißt die Potenz D1. Mischt man im zweiten Schritt 1 Teil D1 mit 10 Teilen Verdünnungsmittel, entsteht die D2-Potenz. Aus ihr gewinnt man die D3-Potenz und so weiter. D1 ist also 1 : 10, D2 ist 1 : 100, D3 ist 1 : 1 000, D6 ist 1 : 100 000, und D12 ist 1 : 1 000 000 000 000.

      Die Medizin zum Ende des 19. Jahrhunderts war gekennzeichnet von großen Entdeckungen und grundlegenden Veränderungen. Professor Dr. Rudolf Virchow (1821–1902) beispielsweise, seines Zeichens Pathologe an der Berliner Charité, erforschte in dieser Zeit die kleinste Lebenseinheit im menschlichen Körper, die Zelle. Der niederländische Wissenschaftler und Physiologe Jakob Moleschott fand wenig später heraus, welche Bedeutung Mineralsalze für die Funktionen des menschlichen ebenso wie des tierischen Organismus haben.

      Wilhelm Heinrich Schüßler war damals bereits seit Jahren auf der Suche nach einer neuen Behandlungsmethode, die, anders als die Homöopathie, mit wenigen Heilmitteln auskomme. Dabei inspirierte ihn ein Satz von Moleschott bezüglich der Verbrennung von totem tierischem und menschlichem Gewebe: »... die Stoffe, die bei der Verbrennung zurückbleiben, die sogenannten Aschebestandteile, gehören zu der formgebenden und artbedingten Grundlage der Gewebe. Kein Knochen ohne Knochenerde, kein Knorpel ohne Knorpelsalz, kein Blut ohne Eisen, kein Speichel ohne Chlorkalium.«

      Schüßler wollte herausfinden, welche Mineralsalze (neben den von Moleschott beschriebenen) im Körper hauptsächlich vorkommen. Um das zu erforschen, analysierte er die Asche von Leichen aus dem Krematorium. Dabei entdeckte er, dass in den Geweben und Organen jeweils unterschiedliche Salzverbindungen vorherrschen. So fand er etwa im Muskelgewebe überwiegend Magnesiumphosphat (Magnesium phosphoricum) und Kaliumphosphat (Kalium phosphoricum) vor, in den Schleimhäuten Kaliumchlorid (Kalium chloratum) und im Knochengewebe Kalziumphosphat (Calcium phosphoricum).

      Für den homöopathisch denkenden Schüßler war es nur ein kleiner Schritt zu der Idee, die für ein Gewebe typischen Salze (siehe Tabelle >) bei Erkrankungen eben dieses Gewebes als Heilmittel einzusetzen. Bei einer Erkrankung der Muskulatur etwa waren das also Kalium- und Magnesiumphosphat.

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