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      „So, so. Mein Essen ist aber besser. Oder hat Dir da etwa ein ‚slap in the face‘ den Appetit verhagelt?“

      „Wie Du weißt schon davon?“

      „Wer ja schlimm, wenn ich es nicht wüsste. So etwas kommt schließlich nicht alle Tage vor.“

      „Und Du gehst nicht auf Abstand zu mir?“

      „Quatschkopp. Ich denke wir sind Freundinnen. Da müsste schon ein bisschen mehr passieren, als eine Ohrfeige für einen zudringlichen Passagier. Und nun mach Dich auf die Socken.

      Morgen musst Du zum Sultz und da solltest Du halbwegs ausgeschlafen sein.“

      „Bin gleich da.“

      Es wurde dann doch fast Mitternacht, bis Anne die ganze Wahrheit von Nephele erfahren hatte. Was eigentlich ziemlich einfach war, weil Nephele sich selbst verraten hatte. Anne hatte ihr u.a. eine Frage gestellt:

      „Wenn Du morgen wieder fliegst und es wird wieder einer frech – was machst Du da?“

      „Laut um Hilfe rufen.“

      „Sehr gut. Und was machst Du auf gar keinen Fall?“

      „Ihm eine kleben.“

      „Auch richtig. Und nun die 1-Million-Dollar-Frage: Warum hast Du das nicht gleich so gemacht?“

      Statt einer Antwort wurde Nephele wieder einmal puterrot.

      „Kann es sein, liebe Nephele, dass der Kerl nicht versucht hat Dich zu küssen, wie es in Deinem Bericht steht, sondern dass er Dich gar richtig geküsst hat? Und kann es weiter sein, dass die Geküsste das so wunderschön fand, dass ihr Verstand ausgesetzt hat?“

      „Ach Anne…“

      „Ach Anne was? Hab ich wohl ins Schwarze getroffen? Und das erklärt auch, warum Du nicht nur rot geworden bist, sondern schon glühst. Ich glaube, ich glaube…“

      „Was glaubst Du?“

      „Dass Du bis über beide Ohren verliebt bist.“

      „Ach Anne…“

      „Kannst Du auch noch was anderes sagen als ‚ach Anne‘?“

      „Ich schäm mich so, Anne. Ja, Du hast ja Recht. Der Kerl will mir nicht aus dem Kopf.“

      „Du willst ihn also wiedersehen.“

      „Weiß nicht, ob das eine gute Idee ist.“ Und dann trug sie Anne mit fast den gleichen Worten wie bei Alexa ihre Bedenken vor. Und war irgendwie erleichtert, dass Anne beinahe wortgleich wie Alexa ihre Bedenken zerstreute.

      „Aber ich kann dem doch nicht hinterherlaufen?“

      „Mensch Mädchen – wenn Du an dem wirklich Interesse hast – warum nicht? Wir leben doch nicht mehr im vorigen Jahrhundert. Gleichberechtigung ist nicht nur höchst angesagt, sondern in Deinem Falle sogar das Gebot der Stunde. Und glaubst Du denn, mein Hans ist vor mir nur auf den Knien rumgerutscht? Da hab ich auch ein wenig nachhelfen müssen.“

      „Hm.“

      „Hm – was?“

      „Dann müsste ich mal in die Passagierliste reinschauen.“

      „Vergiss es, Nephele, an die kommst Du nicht ran.“

      „Auch nicht, um mich bei dem Mann zu entschuldigen?“

      „Auch dann nicht, weil Sultz ihm schon ein dreiseitiges Entschuldigungsschreiben geschickt hat, einen Freiflug First Class avisierte und das alles obendrein mit 3 Flaschen Champagner garniert hat.“

      „Dann erfahre ich den Namen nie.“

      „Er heißt Friedhelm Petersen, arbeitet bei der ITSolutions AG in Frankfurt und ist Assistent des Vorsitzenden des Vorstandes Prof. Dr. Mertens, einem unserer HONs. Mehr weiß ich auch nicht. Aber das ist doch schon mal ein Anfang.“

      „Wie Du hast…?“

      „Irgendwie hatte ich so ein Gefühl im Bauch, dass der Name von dem Menschen noch gebraucht werden könnte.“

      „Ja aber…“

      „…hast Du gar keine Ausreden mehr. So ist es.“

      „Ach Anne.“

      „Sag mal, wie oft muss ich mir dieses ‚ach Anne‘ denn heute noch anhören?“

      „Wie soll ich denn an den rankommen. Wo ich so viel unterwegs bin. Kann mich doch nicht 24 Stunden vor den Firmensitz hinstellen, in der Hoffnung, dass er da mal aufkreuzt. Und außerdem - wenn ich morgen rausfliege, bringt das alles sowieso nichts, weil ich dann in Zypern wieder als Physiotherapeutin arbeite. Also muss ich den Mann vergessen.“

      Und ganz leise, kaum hörbar fügte sie hinzu:

      „Weiß nur nicht, wie das gehen soll.“

      „Gar nicht. Ja, Du fliegst. Aber nicht raus, sondern wieder wie bisher in der Luft mit Airbussen oder Boeings.“

      „Wie - Du meinst, ich werde morgen nicht gekündigt?“

      „Das meine ich nicht, sondern weiß es.“

      „Nun sag schon – was hat Sultz mit mir vor?“

      „Sag ich nicht. Ich hab’s hoch und heilig versprochen, nicht zu plaudern und daran halte ich mich. Aber Dein Kopf bleibt dran und fliegen wirst Du auch wieder.“

      „Aber nicht als Kabinenchefin.“

      „Wart’s ab.“

      „Muss ich ja wohl.“

      „Musst Du. Und jetzt trinken wir noch einen Absacker und dann geht’s in die Heia. Und damit Du schneller in die Koje kommst, bleibst Du heute Nacht hier. Keine Widerrede.“

      „Ach Anne.“

      „Nephele, Du nervst.“ erwiderte Anne lachend.

      „Aber drücken darf ich Dich mal? Weil Du mir so lieb hilfst?“

      „So, Frau Mantalos oder meinetwegen auch Frau Mantalo, nun erklären Sie mir mal, was Sie sich dabei gedacht haben, einen Senator-Passagier zu ohrfeigen.“ Dr. Sultz schaute sein Gegenüber ziemlich ernst an, wie sie fand.

      Nephele berichtete nochmals über den Vorfall, hielt sich dabei genau an ihren Bericht und versuchte gar nicht erst, sich zu rechtfertigen, sondern entschuldigte sich stattdessen. Was Dr. Sultz insofern etwas irritierte, weil sie ihm damit praktisch den Wind aus den Segeln nahm.

      „Und warum haben Sie nicht um Hilfe gerufen? So, wie Sie eben selbst sagten, dass es korrekt gewesen wäre?“

      Nephele wurde wieder ziemlich rot und ärgerte sich über sich selbst – sie konnte und wollte auf gar keinen Fall zugeben, dass es zum Kuss gekommen war und erst recht nicht, dass der so wunderschön gewesen war. Und dass sie ganz weiche Knie bekommen hatte.

      „Ich weiß es auch nicht Herr Dr. Sultz, der Flug war ja wegen der Turbulenzen etwas schwieriger als gewöhnlich und dadurch wohl auch anstrengender als sonst. Und da hab ich leider falsch reagiert.“

      Nephele war auch eine ganz passable Schauspielerin – der aufgesetzte Dackelblick erweckte bei Sultz so den Eindruck, dass es der jungen Frau wirklich leidtat, mit dem, was sie da angerichtet hatte. Aber ein wenig streng musste er nun doch sein.

      „Sie wissen, was in so einem Fall normalerweise angesagt ist?“

      „Die Entlassung. Fristlos. Und ich müsste das akzeptieren.“

      „Richtig. Aber da sie sonst immer sehr gut gearbeitet haben, machen wir es anders. Ab sofort sind Sie für 4 Wochen wieder eine ganz normale Stewardess.“

      Nephele lächelte jetzt etwas zaghaft. Eigentlich müsste sie sich ja freuen, aber das wegen der Rückstufung gefiel ihr überhaupt nicht.

      „Darf ich mir das überlegen, Herr Dr. Sultz? Die

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