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auf den Mund gefallen war, sondern auch konstruktiv mitdachte.

      Ersteres interessierte den Vorsitzenden der Gewerkschaft Ufo, der sie umwarb, Mitglied zu werden. Sie habe gute Chancen, bei den nächsten Betriebsratswahlen aufgestellt zu werden und bei ihrem Ansehen habe sie auch gute Chancen, gewählt zu werden.

      Nephele bat sich Bedenkzeit aus und lehnte dann ab. Eine Gewerkschaft war nicht ihre Welt, sie wollte frei sein und frei bleiben, sich nicht in ein Korsett einzwängen lassen, wo man ihr per Mehrheitsbeschluss verkünden würde, was sie der Geschäftsleitung zu sagen hätte und was nicht. Zumal sie mitbekommen hatte, dass viele Forderungen der Gewerkschaft nach ihrer Meinung maßlos überzogen waren, als durchaus berechtigt vermochte sie höchstens 30 Prozent anzusehen. Und diese Spielchen, 100 Prozent zu fordern, um dann weniger als die Hälfte durchzusetzen und dies dann noch als großen Erfolg zu verkaufen, auf dass man beim nächsten Mal wiedergewählt werde, mochte sie noch weniger.

      Der Gewerkschaftsvertreter nahm übel, sie meinte aber, das aushalten zu können.

      Und sie hatte offenbar recht mit ihrer Einschätzung, denn ihre Haltung war auch zu ihren Vorgesetzten durchgesickert. Man wollte sie vorzeitig zur Chef-Stewardess machen, ihr also die Leitung der Kabinen-Crew übertragen. Der Betriebsrat meuterte. Die Geschäftsleitung hielt dagegen und saß natürlich am längeren Hebel – mit vier Wochen Verspätung wurde sie Chef-Stewardess für alle Flüge auf der sog. Kurzstrecke, also Deutschland und Europa.

      Natürlich hatte sie alles vorher mit Anne besprochen gehabt. Die hatte ihr zugeraten, in die Gewerkschaft einzutreten – sie müsse ja nicht gleich ein Amt übernehmen. Und auch ihr Hans hatte gemeint, es sei besser sich zu organisieren, er selbst sei auch Mitglied bei der Cockpit. Aber sie hatte den beiden gegenüber gut argumentiert und sie hatten ihre Entscheidung schließlich akzeptiert, nicht zuletzt, weil sie Zypriotin war. Und der engen Freundschaft vor allem zu Anne hatte das alles ohnehin keinen Abbruch getan.

      Sie fühlte sich am wohlsten, wenn sie fliegen konnte. Bisher hatte man sie immer eingeteilt zu dem, was sie zu tun hatte und seltsamerweise, hatte sie immer den hintersten Teil der Economy zu bedienen – der lange Arm der Gewerkschaft. Sie nahm es gelassen hin. Und jetzt war sie diejenige, die einteilte. Und blieb ihrer Erkenntnis treu, dass die Gäste in der Economy liebenswerter waren. In schönster Regelmäßigkeit teilte sie ein oder zwei ihrer Kolleginnen für die Business-Class ein, sie selbst übernahm den vorderen Teil der Economy.

      „Ihr lernt da mehr, wenn Ihr vorn den Service macht, ich bin gleich hinter dem Vorhang – wenn es ein Problem geben sollte, bin ich so schnell bei Euch.“

      Ihre Vorgehensweise sprach sich bald herum. Die für vorn eingeteilten Kolleginnen – bisweilen auch mal ein Kollege - waren ihr höchst dankbar. Ihre tatsächlichen Beweggründe behielt sie natürlich für sich.

      Und dann gab es tatsächlich mal auf einem der Flüge ein scheinbares Malheur. Nephele hörte in der Business Class einen Passagier laut schimpfen. Eine junge Kollegin stand hilflos vor ihm und wurde lautstark in gebrochenem Englisch zusammengestaucht.

      „May I help you, Sir? “

      Nephele versuchte erst Ihr Heil auf Englisch, hatte aber den Verdacht, dass es ein Spanier sein könne. Inzwischen hatte ihr die Kollegin zugeraunt, dass er behaupte, das servierte Essen sei lauwarm.

      Nephele probierte es auf Spanisch, wenn sie da auch nicht so sehr gut war. Nebenbei nahm sie ihm das Essen weg.

      „Hol Ihm ein anderes Essen.“

      „Das ist doch auch nicht anders.“

      „Tu, was ich Dir sage und dann bediene hinten weiter. Ich versuche, das hier in Ordnung zu bringen.“

      Nephele entschuldigte sich für das Malheur, das jetzt Gereichte, sei aber sehr heiß, er möge vorsichtig sein.

      Der Spanier strahlte sie jetzt an und hatte seine Beschwerde längst vergessen. Er redete wie ein Wasserfall, Nephele verstand nur die Hälfte, bekam aber mir, dass er voller Stolz die Schönheiten seiner spanischen Heimat pries. Nephele ging darauf ein, der Mann strahlte, vergaß völlig sein Essen. Nach fünf Minuten, gefühlt mindestens 15, machte sie ihn vorsichtig darauf aufmerksam, dass seien Mahlzeit kalt werde. Er grinste, bedankte sich und versicherte Nephele, dass sein Essen nun perfekt sei.

      Nach dem Flug kam Franziska, so hieß die junge Kollegin, auf Nephele zu.

      „Jetzt wirst Du das melden?“

      „Was soll ich melden?“

      „Das mit dem verpatzten Essen natürlich.“

      „Denke im Traum nicht daran. Der war doch nachher ganz zahm.“

      „Aber doch nicht bei mir. Mich hat er angebrüllt.“

      „Ach Franziska, so etwas meldet man doch nicht. Der Mann war doch nachher hochzufrieden. Melden würde ich so etwas nur, wenn ich ihn auch nicht kirre bekommen hätte.“

      „Danke Nephele.“

      „Schon gut, Franziska. Mach Dir da keinen Kopf.“

      Der Vorfall sprach sich natürlich doch herum. Franziska hatte ihn publik gemacht. Was für eine tolle Kollegin die Nephele sei. Dem Betriebsratsvorsitzenden schmeckte das natürlich überhaupt nicht.

      Er bestellte Nephele zu sich. Sie ging nicht hin. Nun war er sauer. Schließlich ging sie doch.

      „Frau Mantalo, sie hätten das melden müssen. Tut mir leid, jetzt muss ich es tun. Sie werden ziemlichen Ärger bekommen. Wären Sie bei uns, hätte ich das verhindern können.“

      „Tun Sie was Sie nicht lassen können. Übrigens ich werde dann meinem Chef sagen müssen, dass Sie versucht hatten, mich zu erpressen.“

      „Ich fürchte, das wird Ihnen keiner abnehmen.“

      Drei Tage später wurde Nephele zu ihrem Chef bestellt. Vorher hatte sie mit Anne über den Vorfall gesprochen.

      „Ich rede mit dem Dr. Sultz. Wie ich ihn kenne, nimmt der den Herrn Betriebsratsvorsitzenden schrecklich ernst, um dann die Sache zu den Akten zu legen.“

      „Tust Du mir einen Gefallen, Anne? Sag dem Sultz bitte nichts. Ich will da alleine durch.“

      „Ok. Versprochen.“

      Dr. Sultz war mehr als verständnisvoll.

      „Aber Sie hätten es eigentlich melden müssen, Frau Mantalo.“

      „Was hätte ich denn melden sollen? Dass einer unserer Gäste mal einen Moment verärgert war und dann mit unserm Service hochzufrieden war und sogar einen Brief an Franz schreiben wollte, dass die LH auf seinem Flug einen ganz manierlichen Service geboten hatte?“

      “Der hat sogar wirklich geschrieben. Wollen Sie mal lesen?“ Nephele las das Schreiben – dieses Mal in perfektem Englisch.

      „Sehen Sie mal Herr Dr. Sultz – hätte ich da was gemeldet, stünde ich ja jetzt sogar als Lügnerin vor Ihnen. Kein Wort über den Vorfall steht in dem Brief.“

      „Sie sind mir ja eine. Gut, Schwamm drüber. Aber wenn wirklich mal etwas vorfällt, dann bitte auch melden.“

      „Klar mach ich das. Und was ist jetzt mit dem Betriebsrat? Der hatte mir große Schwierigkeiten prophezeit.“

      „Na, die habe ich Ihnen doch soeben bereitet?“

      Sie lächelten jetzt beide fast versonnen vor sich hin.

      „Noch etwas, Frau Mantalo. Hätten Sie Lust, auch weltweit zu fliegen?“

      „Weiß nicht so recht. Eigentlich gefällt mir es so, wie es jetzt im Moment ist, richtig gut. Und da müsste ich ja wieder ganz unten anfangen.“

      „Das wäre in der Tat so. Aber so wie Sie sich anstellen, schätze ich, hätten Sie nach einem halben Jahr wieder den Chef-Status.“

      „Wären Sie sauer, wenn ich Ihnen einen Korb gäbe?“

      „Nicht wirklich. Und fast alle,

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