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Die hat dann ja einen völlig falschen Eindruck von mir.“

      „Dass Du fast jeden Abend eine andere abschleppst. Das wäre der Eindruck. Und der wäre ja nicht falsch. Denn dieses zarte Kleidungsstück gehört ja sicher nicht der Frau, die Du demnächst heiraten willst. Was sagen eigentlich Deine Eltern zu Deinem Lebenswandel?“

      Irgendwie hatte Fietje auf einmal den Eindruck, dass der Chef gar nicht richtig sauer war, sondern mehr so tat als ob.

      „Och mein Vater meint immer, meine Mutter solle mich in Ruhe lassen.“

      „Und was sagt Deine Mutter?“

      „Na ja, so ganz richtig wäre das nicht, meint sie immer. Und wann ich denn nun endlich mal eine feste Bindung eingehen würde.“

      „Kluge Frau.“

      „Vor allem ist sie eine ganz prima Mutter. Eigentlich habe ich sogar ganz tolle Eltern.“

      „Und die einen hormongesteuerten Halbstarken als Sohn.“

      „Ach Chef, so schlimm bin ich doch gar nicht.“

      „Schreib Dir hinter die Löffel, was ich vorhin gesagt habe. Das meinte ich ernst. Und wenn Du unbedingt meinst, mal wieder ein kleines Mädchen beglücken zu müssen, mach das gefälligst in Deiner Karre. Die bietet Platz genug. Und meinen Schlitten nehmen Dir Deine Verehrerinnen ohnehin nicht ab.“

      „Aye, aye Chef.“ war alles, was Fietje erwiderte.

      Kaum hatten sie das Vorzimmer zu Mertens Büro betreten, lächelte Irmi Hermann sie an.

      „Guten Morgen die Herren. Was ist denn mit Euch los?“

      „Wir hatten einen kleinen Disput Frau Hermann. Der ist abgehakt und wir haben Stillschweigen vereinbart. Und wieso hast Du noch keinen Café für mich, Irmi Hermann?“

      „Habe ich selbst getrunken, weil Ihr erstens so spät seid und zweitens Mühlhaus nichts gesagt hat, dass Ihr in der Anfahrt seid. Nun müsst Ihr warten.“

      „Eine gute Sekretärin spürt, wenn der Chef kommt.“

      „Du Ekel, mach mal so weiter, dann kannst Du Dir eine neue suchen.“

      „Ach ich will es ja auch nun, ganz gewiss nie wieder tun.“

      „Wilhelm Busch.“ ergänzte Fietje.

      Irmi Hermann erfuhr wenige Tage später doch von dem ‚Vorfall‘, Fietje selbst hatte gebeichtet.

      Sie hatte Fietje streng angeschaut und „Schäm Dich.“ gesagt. Was Fietje allerdings keineswegs tat. Und er mochte auch nicht auf den Wagen des Chefs verzichten, zumal der abends schön warm war – Fietje ließ dann immer die Standheizung laufen. Aber er passte gut auf, dass nichts mehr liegen blieb. Nur einmal hatte Mühlhaus ihm morgens freundlich grinsend einen kleinen Ohrring überreicht:

      „Wissen Sie, wem der gehört? Frau Mertens ganz sicher nicht.“

      Fietje hatte zurückgegrinst:

      „Danke, Herr Mühlhaus.“

      Wenige Wochen später nahm Mertens Fietje erstmals auch auf eine Auslandsreise mit – es ging nach Paris zur UITC, es war der Internationale Verband für IT-Technik und Kommunikation.

      Mertens in der Business, Fietje Economy. Was Mertens als blöd empfand, weil er so die Zeit nicht mehr für die gemeinsame Vorbereitung der Sitzungen nutzen konnte. Er besprach die Sache mit seinem Aufsichtsratsvorsitzenden. „Herr Mertens, danke, dass Sie mich fragen. Entscheiden Sie, was da für Sie das Richtige ist. Und wenn irgendjemand daran Anstoß nehmen sollte – ich decke das ab.“

      Ab da flog Fietje voller Stolz ebenfalls Business. Kopenhagen, Stockholm, Paris, Madrid, London waren die häufigsten Ziele, meistens waren es vor Ort die Großbanken und bisweilen auch Regierungsvertreter, mit denen Mertens verhandelte. Und wenn mal übernachtet werden musste, hatte Frau Hermann stets erstklassige Luxushotels gebucht – für den Chef meist eine Suite, für Fietje ein schönes Zimmer. Mertens sprach fließend Englisch und Französisch, Fietje nur Englisch und ein klein wenig Spanisch, das er mal auf der Schule als Wahlfach hatte.

      Zum Glück war die Verhandlungssprache in aller Regel Englisch, sodass er hinterher fast mühelos die Ergebnisse der Gespräche schriftlich festhalten konnte. Meist machte er seine ‚Hausaufgaben‘ mit Hilfe seines Laptops immer schon auf dem Rückflug, während der Chef schlief.

      Bis dahin hatte der alle längeren Reisen immer alleine gemacht, doch Hertha überredete ihn eines Tages, sich ruhig ein wenig zu schonen und seinen jungen Mann von nun an immer mitzunehmen.

      Die erste große Reise ging nach Kapstadt. Und bei der Gelegenheit hatte Mertens vorher mit Irmi Hermann besprochen, dass er in Zukunft keine einfache oder Juniorsuite haben wolle, sondern eine mit zwei Schlafzimmern, sodass Fietje mit in der Suite nächtigen konnte.

      Fietje war über die Suiten und die First Class hin und weg. Luxus pur, man wurde nach Strich und Faden verwöhnt, konnte fast ganz richtig schlafen und wer wollte, hätte sich im Flieger jeweils mit Champagner bis zur Halskrause abfüllen können.

      Und nachdem sie in Tokio, Bombay, Los Angeles, und Rio de Janeiro gewesen waren, empfand Fietje den Luxus fast schon als normal. Es war angenehm, so zu fliegen, so zu übernachten, aber brauchen tat er es eigentlich nicht. Obendrein hatte er festgestellt, dass in der Economy auch auf langen Strecken fast ausnahmslos die hübschesten Mädchen reisten. Nur selten saß auch mal in der Business eine sehr gut aussehende junge Frau. Und auf dem Flug nach Los Angeles erspähte er sogar mal in der First Class eine ausgesprochene junge Schönheit – die Stewardess klärte Fietje auf Befragen auf, dass es sich um ein ziemlich bekanntes Model handele, das obendrein als Passagier recht zickig sei.

      Mertens mochte die weiten Reisen eigentlich gar nicht. Ein paar Mal war Hertha mitgekommen, aber sie tat es nur ihrem Ewald zuliebe, denn sie strengten die weiten Flüge noch mehr an als ihn. Wenn er alleine mit Fietje unterwegs war, war er meistens recht brummig, weil ihn der Jetlag in aller Regel fürchterlich schlauchte. Fietje litt unter Jetlag so gut wie gar nicht, wenn ihm danach war, machte er sich lang und konnte dann auch sofort tief und fest schlafen.

      Prof. Mertens hatte plötzlich ein Problem mit Mühlhaus. Der war ja wirklich nicht mehr der Jüngste und der Chef meinte, es wäre besser ihn in den Vorruhestand zu schicken.

      Irmi Hermann fand das gar nicht gut, Hertha Mertens war schon fast empört, aber beide Frauen hatten keine rechte Lösungsmöglichkeit, wie man es vermeiden könne, dass Mühlhaus Überstunden ‚ohne Ende‘ hatte. Wehe, wenn Sie mal einen Unfall hätten.

      Und so sprach Mertens eines Morgens mit seinem Fahrer.

      „Sie Herr Mühlhaus, wie alt sind Sie eigentlich?“

      „59, Herr Professor.“

      „Da sollten Sie langsam aufhören. Was meinen Sie?“

      „Als Fahrer – habe ich Sie da richtig verstanden?“

      „Ja. Das wird doch alles viel zu anstrengend für Sie.“

      Mühlhaus schwieg. Fietje sah zu ihm hin und bemerkte, wie der Mann sich völlig verkrampfte, ganz leicht zitterte und ihm dann mühsam unterdrückt ein paar Tränen die Wange herunterliefen.

      „Ich finde eine gute Lösung für Sie, Mühlhaus.“

      „Wenn Sie meinen.“ presste er mühsam eine Antwort heraus. Als sie den Wagen verließen, raunte Fietje Herrn Mühlhaus zu:

      „Ich versuche mal, was zu retten.“

      Sie fuhren im Fahrstuhl in die Vorstandsetage. Und in dem Moment, als sie ins Vorzimmer eintraten, platzte Fietje damit heraus.

      „Das können Sie nicht machen Chef.“

      „Was kann der Chef nicht machen? Guten Morgen die Herren. Der Café ist gleich fertig.“ Irmi Hermann erwartete eigentlich, dass ihre zwei ‚Helden‘ ihren Gruß erwidern würden. Stattdessen sprudelte Fietje los:

      „Der

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