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Schmiss.

      Als der Sarazenenhauptmann das mitbekam, ließ er den Wächter zu sich kommen und verpasste diesem ebenfalls einen. »Das zieh’ ich dir von deinem Gewinn ab« schrie er den Wächter an. »Und jetzt sieh zu, dass das wieder in Ordnung kommt.«

      »Jawohl, Sir« rief der Angeschnauzte und rannte sofort zu Robert zurück, wo er die Wunde mit einer Salbe versorgte.

      Obwohl einige der Gefangenen mit Blessuren kämpfen mussten, kam die Karawane sehr schnell voran und nach etwa einer Woche erreichte man bereits die Ausläufer des Plateau Langrés, eines kleinen Gebirgsmassives im Herzen von Burgund. Nachdem die Straße bis dahin immer nur flach und geradewegs nach Süden verlaufen war, zog sich der Weg jetzt Stück für Stück nach Südosten. Dabei ging es stetig aufwärts und das Tempo wurde zusehends langsamer. Die meisten Männer der Karawane waren recht gut gebaut, so dass es anfänglich keine körperlichen Schwierigkeiten gab. Aber es wurde langsam immer kühler und besonders des Nachts fiel die Temperatur schon mal unter zehn Grad. Als sie dann immer höher kamen, wurde auch der Weg immer steiniger und manche Sklaven, deren Schuhe nur schlecht verarbeitet waren, bekamen jetzt Probleme mit ihren Fußsohlen. Teilweise sickerte das Blut schon durch den Schuh hindurch. Dann wurden wieder Kräuterverbände angelegt und David musste auf seinem Karren enger zusammen rutschen.

      Manchmal waren die Steige allerdings derart schmal, dass gerade noch zwei ausgewachsene Männer neben einander stehen konnten. Dann wurde in eine Zweierreihe umformiert und sehr behutsam weitergegangen. Die Karren, die hier auf keinen Fall vorbeigekommen wären, wurden kurzer Hand auseinandergeschraubt und Stück für Stück über den schmalen Steig getragen. Waren sie auf der anderen Seite wieder zusammengesetzt, ging der Marsch sofort weiter. Aber solche Aktionen hielten den Transport sehr lange auf, und wurden daher nur in Situationen getätigt, in denen der Hauptmann absolut keine andere Möglichkeit mehr sah. So schraubte sich die Karawane um die Berge herum nach oben, und wenn der Weg an der Ostseite vorbeilief, konnte man schon die Gipfel der Vogesen oder die Höhen von Lothringen sehen. Aber noch immer waren sie nicht über den endgültigen Pass und noch immer zog es sich aufwärts. Und weil es auch ständig kälter wurde, gab der Hauptmann jetzt sogar Decken aus, die sich allerdings immer je drei Mann teilen mussten. Da momentan kein zusätzlicher Patient auf seinem Wagen lag, bekam David eine eigene Decke und er bedauerte Robert, der sich nachts sicher nur die Beine oder einen anderen Bruchteil seines großen Körpers zudecken konnte. Gerne hätte er ihm etwas von seiner Decke abgegeben, aber leider war das nicht möglich.

      David musste immer öfter auch beim Kochen helfen, und nicht nur, wie es anfangs der Fall war, vorbereiten. Sie hatten bereits durch den Aufstieg und die mehrmalige Zerlegung der Karren zu viel Zeit verloren, weshalb der Hauptmann jetzt Befehl gab, das Essen bereits unterwegs zuzubereiten. Hierzu war eine fahrende Kombüse auf Robert’s Wagen, eingerichtet worden. Und zu Beginn der Reise übernahm einer der Wächter das Kochen, während David das Gemüse schälte. Doch weil der Hauptmann zu seiner eigenen Freude festgestellt hatte, dass David mehr Ahnung vom Zubereiten von Speisen hatte, als seine ganze Mannschaft zusammen, wurde er jetzt zum Kochen eingeteilt, und die Wächter mussten das Schälen und Putzen übernehmen. Das gefiel David sehr, hauptsächlich freute er sich aber über die vielen neuen Gewürze, die er dabei kennenlernen und ausprobieren dürft. Ein Gewürz nach dem anderen, keine Ahnung wie die alle hießen, warf er in den Eintopf oder gab er als Würze zum Fleisch hinzu. Auch Soßen wurden davon nicht verschont. Mit jedem Tag wurde er besser und das Essen wurde zusehends schmackhafter. Er erkannte selbstständig Geschmacksrichtungen, von denen die Köche auf den Kriegsschiffen nur träumen würden. Das gefiel dem Hauptmann sehr und er ermunterte David sogar dazu, sich noch mehr zu trauen und die Geschmacksvielfalt weiter zu vergrößern. Offenbar war der Hauptmann ein echter Feinschmecker.

      »… was sich später vielleicht noch auszahlen könnte« dachte David.

      Vor jeder Mahlzeit, wenn die Truppe noch etwa fünf Meilen vom nächsten Lagerplatz entfernt war, kam einer der Osmanen zu David, und gab ihm eine Zunderbüchse. Dann entfachte er ein Feuer auf seinem Karren und bereitete das Essen vor. Wenn dann alle Speisen ausgegeben waren, kam normalerweise immer einer der Gemüseschäler zu ihm zurück und nahm die Zunderbüchse wieder an sich. Doch mit der Zeit wurde es ihnen lästig und sie überließen sie David zur eigenen Aufbewahrung. »Mach keinen Unsinn damit … verstanden?« sagte der Wächter und ging unbekümmert wieder zu seinem Essen zurück.

      David war nicht besonders groß, weshalb er meist auf das falsche Alter geschätzt wurde, so auch von Robert, der ihn für zehn oder elf gehalten hatte - »… auf keinen Fall älter« wie er bei Sir Lorradale noch dachte. Und so war es wahrscheinlich auch hier. Die Muselmanen konnte sich einfach nicht vorstellen, dass ein so kleiner Junge mit einer Zunderbüchse Unheil anstellen konnte. Doch David war vor kurzem noch der Schiffsjunge auf einem Marineklipper gewesen und er - und auch der dicke Zeh des Kochs - wussten ziemlich genau, was man alles mit einer Zunderbüchse anstellen konnte.

       Kapitel VI – Eine Floßfahrt, die ist lustig

      Macon, zwei Tagesmärsche nördlich von Lyon

      1456 anno Domini, Sommer

      Am vierten Tag der Bergwanderung, es war der elfte Tag nach ihrer Gefangennahme, stieg der Pfad endlich wieder abwärts, ins Tal von Chalon. Schon von weit oben konnte man das Rauschen eines Flusses hören, der wild und unbändig die Schluchten von Macon durchfloss. Es war die Soâne, die sich am Monte Lyonaisse mit der Rhône vereinigte, und als gewaltiger Strom im Golf du Lion das Mittelmeer mit kaltem Gletscherwasser versorgte.

      Kurz bevor der Abstieg ins Tal geschafft war, erkannte man von oben zwei große Flöße, die ruhig an einer flachen Stelle der Soâne angelandet waren. Am Rand des Ufers waren Lagerfeuer angezündet worden und es duftete herrlich nach gebratenem Lamm. Offenbar wurde die Gesellschaft bereits erwartet, denn die Anzahl der Feuer übertraf die wartenden Osmanen an Zahl, um mehr als das doppelte. Und obwohl die Stimmung inmitten der Sklaven verständlicherweise nicht sonderlich gut war, konnte man an diesem Abend doch ein Gefühl der Zufriedenheit spüren. Jedem war klar geworden, dass der anstrengendste Teil der Reise vorbei sein würde. Ab jetzt ging es von Macon aus, auf einem Floß bis zum Mittelmeer, wo wahrscheinlich ein Schiff warten und sie in Richtung Osten befördern würde. Was danach kam, konnte niemand wissen und lag - zumindest für heute – noch in weiter Ferne.

      Die Nacht war ruhig gewesen, denn die großen Lagerfeuer, die hier im Tal aufgebaut worden waren, spendeten mehr Wärme als in allen Nächten zuvor, und so hatten alle Sklaven einen geruhsamen Schlaf. Am nächsten Morgen, fast zwei Wochen nach Beginn der unglückseligen Wanderung wurden die Unfreien auf Flöße verladen. Der restliche Weg, es war noch immer mehr als das doppelte der bereits gelaufenen Strecke, sollte, wenn es nach dem Anführer der Osmanen ging, in etwa drei Tagen zu schaffen sein. Als die Soldaten ihr spärliches Frühstück eingenommen hatten, wurden sie von ihrem Hauptmann aufgefordert, die Lastenkarren zu verladen. David war deshalb auch als einer der ersten auf dem vorderen Floß. Die Pferde wurden zurückgelassen und Robert vermutete ganz zu Recht, dass der ein oder andere diese die Flussfahrt wahrscheinlich nicht ohne Herzanfall überstehen würde. Er und noch etwa vier Duzend seiner Leidensgenossen wurden ebenfalls auf dem ersten Floß angekettet. Jeder für sich und alle verankert an einem in der Mitte aufgestellten Holzgerüst. Wahrscheinlich um sich besser den Gegebenheiten der Flussfahrt anpassen zu können, falls die Fahrt mal etwas holpriger werden würde.

      Als auch das zweite Floß beladen war, wurden die Feuerstellen gelöscht und die Flussfahrt ging ohne weitere Verzögerung los. Zunächst war sie fast erholsam. Der Fluss lag ruhig vor ihnen und jeder der Sklaven hatte seinen Platz an Bord gefunden. Und davon war reichlich vorhanden, denn die Holzflöße bestanden aus etwa fünfzehn Meter langen Baumstämmen, die parallel zueinander aufgereiht waren, und so eine Breite von etwa acht bis zehn Meter ergaben. Die Sklaven saßen in der Mitte, angekettet an das mittlere Holzgestell, während die Wagen und die Wächter weiter außen ihren Platz fanden. »Keine Möglichkeit hier etwas auszurichten, ohne dabei gesehen zu werden« dachte Robert. »Dafür stehen die Wachen viel zu nah aneinander. Aber es wird schon noch eine Gelegenheit kommen.«

      Im hinteren Bereich des Floßes war die Ruderanlage untergebracht und wurde von drei osmanischen Wächtern bedient. Seitlich versetzt dazu,

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