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Geschirrgeklapper. „Hallöchen, bist du wach?“

      „Mhm, ich gehe nur noch schnell duschen.“

      „Lass dir Zeit und such’ dir was Frisches aus meinem Kleiderschrank!“.

      Karin hätte dies gerne in Anspruch genommen, denn ihr T-Shirt und ihre Jeans, die sie mit spitzen Fingern hochhob, wirkten nicht mehr so ganz frisch duftend. Aber Florians spleenige Klamotten? Mal sehen! Sie öffnete den großen Kleiderschrank in Florians Schlafzimmer. Das Geklapper hatte aufgehört und sie hörte Florians eilige Schritte auf den Treppenstufen nach oben kommen. „Mal sehen, mal sehen“, er wuselte ins Zimmer, schob Karin sanft zur Seite, „da muss der Fachmann ran, meine Liebe. Nichts für ungut.“ Er zog eine pinkfarbene Hose aus einem Fach. „Hier, die Farbe steht dir!“

      „Machst du Witze?“

      „Aber nein, du bist der Sommertyp! Du bist wie geschaffen für dieses Pink!“

      „Für Pink vielleicht“, Karin hielt die Hose eine Armeslänge von sich, „aber nicht die Größe!“ In der Tat war Florian einen Kopf größer als sie und dünn wie eine Bohnenstange. „Die Hose bekomme ich maximal bis zu meinen Knien hochgezogen.“

      „Was gäbe ich für deine weiblichen Rundungen“, seufzte Florian, während sein Kopf zwischen den Regalbrettern im Schrank verschwand. Wild flogen Hemden, T-Shirts und Hosen durch die Luft. Doch die Ausbeute war dürftig. Zum Schluss einigten sie sich darauf, dass Karin seine Tunika überstreifen konnte, bis ihre eigenen Kleidungsstücke gewaschen und getrocknet waren. „Es muss doch irgendeine Möglichkeit geben, meine Kleidung aus Tante Hildegards Haus zu holen?“, seufzte Karin, als sie sich an den edel gedeckten Tisch, den Florian auf der kleinen Terrasse aufgebaut hatte, niederließ. Bei ihrem alten Jugendfreund gab es aus Geldmangel keine teuren Speisen, doch kein Mahl ohne Tischtuch, leinenen Servietten und den edlen Trinkgläsern seiner längst verstorbenen Großeltern.

      „Während du schliefst, bin ich kurz in deinen Garten gegangen, um nach dem Kater zu sehen. Frau Zwiebel hat frisches Futter und Wasser hingestellt.“

      „Hast du Streuner auch gesehen?“

      „Ja, aber nur ganz kurz, er ist sofort weggerannt, als er mich kommen sah.“

      Karin blutete das Herz. „Ich muss mich um ihn kümmern, er ist die einzige Familie, die ich noch habe.“

      „Außer mir!“

      „Tja…“

      „Was heißt hier, „tja“, meine Liebe! Du hast die außerordentliche Freiheit, dir deine Familie selbst auszusuchen. Ein Privileg, um das dich Tausende und Abertausende beneiden würden!“

      Karin nippte an ihrem Glas, noch nicht ganz überzeugt.

      „Stell dir vor, du hättest Herrn Lohmeier, deinen Nachbarn aus der St.-Benedikt-Straße als Papa oder Onkel Peter“, Florians Vorstellungskraft begann aus seinen beiden blauen Augen zu leuchten. „Immerhin ein Garant für Recht und Ordnung. Als ehemaliger Polizist macht er die St.-Benedikt-Straße zur sichersten Straße von ganz Wasserburg und Umgebung. Keine Bewegung seiner Nachbarn entgeht ihm. Kein Unkräutlein wagt es über seine Gartenzaunschwelle.“

      „Ist seine Frau nicht erkrankt?“ Karin erinnerte sich dunkel, dass Tante Hildegard etwas vor längerer Zeit geschrieben hatte.

      Ein Käsewürfel verschwand in Florians Mund, „vor Kurzem verstorben. Wobei, das muss man Herrn Lohmeier wirklich zu Gute halten…“, er spitzte genussvoll die Lippen, „er hat sich aufopfernd um sie gekümmert, sich sogar frühpensionieren lassen, damit er die ganze Zeit für sie da war. Und somit den Verbrechern im Landkreis wieder die Möglichkeit gegeben, sich von Herrn Lohmeier zu erholen und neu zu formieren.“

      „Und die Zwiebels?“

      „Da gibt es nichts Neues. Sie ist mittlerweile auch frühpensioniert. Aber ich glaube, sie bereut es. Wahrscheinlich ist es lustiger, sich mit pubertierenden Jugendlichen herumzuschlagen als mit ihrem griesgrämigen Göttergatten.“

      „Also, so ziemlich alles beim Alten.“

      „Aber nein, das Beste kommt noch!“, Florian seufzte laut und theatralisch. „Direkt neben dir ist ein Typ eingezogen, zum Schmelzen!“

      „Du meinst jetzt aber nicht den, den Tante Hildegard als äußerst dubios und ganz und gar nicht koscher beschrieben hat?“

      „Nichts gegen deine Tante, aber sie hat die Vorzüge wohl aufgrund ihres Alters nicht mehr richtig gesehen.“

      „Hmmm?“

      „Ein Body, sage ich dir, einen Body hat dieser Sebastian Salzinger! So durchtrainiert. Und die Glatze steht ihm, wirklich!“ Karins grinsendes Gesicht störte Florian nicht. „Ok, ich stehe jetzt nicht auf Tattoos…“

      „Kann er auch sprechen?“ Karin wartete darauf, dass Florian plötzlich auch Springerstiefel ganz toll fand.

      „Keine Ahnung, aber das bekommen wir heraus, sobald du einziehst.“, Florian lehnte sich mit seinem Glas Rotwein in den mit bunten Kissen ausstaffierten Sessel zurück.

      „Wieso redest du eigentlich immer von meinen Nachbarn? Und einziehen? Ich ziehe da nicht ein, ich kann gar nicht.“

      „Aber warum nicht? Du willst doch nicht etwa nach Schottland zurück und um diesen verlogenen Andrew kämpfen, damit er zu dir zurückkommt, oder? Falls du das vorhast, meine Liebe, sperre ich dich hier ein, bis du Vernunft angenommen hast.“

      Karins Stirn legte sich in Falten, sie seufzte tief auf. „Nein, keine Angst, so tief werde ich bestimmt nicht sinken. Aber ich habe überhaupt keine andere Wahl. Tante Hildegard wollte ihr Haus doch dem Tierschutz vererben. Und das heißt, ich muss mir irgendwo anders Arbeit und Unterkunft suchen.“

      Florians Mund klappte auf, seine Hand mit dem Rotweinglas blieb in der Luft hängen. „Und das hast du ihr geglaubt?“

      Karin nickte. „Warum denn nicht? Tante Hildegard hat immer gehalten, was sie gesagt hat.“

      „Aber, aber“, Florian sammelte sich. „Aber, weißt du noch, wann sie das gesagt hat, das mit dem Tierschutz, und auch zu wem?“ Karin zögerte und überlegte. „Ich glaube, das hatte sie Andrew gesagt.“

      „Und warum hat sie das Andrew gesagt?“, fragte Florian bedeutungsvoll und gab gleich darauf sich selbst die Antwort, „Vielleicht, weil Andrew sie ziemlich unverfroren danach gefragt hatte?“

      Karin sah immer noch aus, als verstehe sie nur Bahnhof. „Warte! Jetzt ist der richtige Zeitpunkt!“

      „Der richtige Zeitpunkt für was?“ Doch Florian war bereits aufgesprungen und im Haus verschwunden. Kurz darauf erschien er wieder mit einem Umschlag in der Hand. „Hier. Für dich. Den wollte ich dir heute Abend sowieso noch geben.“

      „Was ist das?“ Doch Karins Augen füllten sich bereits wieder mit Tränen‚ als sie die Handschrift ihrer Tante Hildegard auf dem Umschlag erkannte. Für Karin, stand da mit großen Lettern. Florian legte den Brief behutsam in Karins Hände, „den hat mir deine Tante gegeben, kurz nachdem du wieder nach Edinburgh aufgebrochen bist. ‚Falls mir was passieren sollte‘ hat sie gesagt, ‚dann gibst du ihn Karin‘.“ Er verschwand lautlos im Haus.

      Mein liebes Mäuschen,

       wenn du das liest, sitze ich bereits auf meiner Wolke und wenn Gott es zulässt, blicke ich ab und zu herunter und beobachte, wie mein großartiges Mädchen ihr Leben meistert. Du hast alles in dir, um ein glückliches, zufriedenes Leben zu führen. Also, habe keine Angst und wage es, den Stier bei den Hörnern zu packen und selbstbewusst deine Pläne zu verfolgen. Du schaffst das!

      Glaube mir und traue dich einfach. Du warst immer mein Kind und wenn ich dir auch die fehlende Mutter nicht ersetzen konnte, hoffe ich, dass ich dir zumindest zeitweise ein Heim geben konnte.

      Ich weiß, dass ich gesagt habe, mein Haus und mein bescheidenes Vermögen soll an den Tierschutz gehen. Aber das habe

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