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schöne rotwangige Äpfel, goldgelbe Birnen, und große braune Nüsse. Sogar das kleine Lieschen auf dem Schoße der Mutter schenkte ihm, auf Zureden der Mutter, das schöne purpurrote Äpfelein, das sie in den kleinen Händchen hielt, und mit den zarten Fingerlein kaum umspannen konnte.

      Die warme Suppe bekam dem erstarrten Anton sehr gut, und die liebliche Stubenwärme tat ihm nunmehr sehr wohl. Er ward wieder munter und fröhlich. »Aber was ihr doch in der Ecke eurer Stube Schönes habt!« fing er jetzt an. Er hatte schon unter dem Essen beständig nach der Krippe hinübergeblickt. »Das ist ja ein Frühling mitten im Winter!« sagte er. »So etwas Wunderschönes hab’ ich in meinem Leben noch nicht gesehen. Ich muß es doch näher betrachten.« Er sprang hin und die zwei Kinder folgten ihm.

      »Weißt du aber auch, was das alles vorstellt?« fragte Katharine. »Freilich weiß ich das«, sagte Anton. »Es stellt die Geburt Jesu vor. Was das für ein schönes liebliches Kindlein ist! Sein Angesicht ist so schön weiß und rot, wie Lilien und Rosen. Und was es für glänzende Äuglein hat, und wie freundlich es lächelt!« – »Das ist aber nicht das rechte Jesuskindlein!« sagte Katharine. »Jesus ist jetzt kein Kind mehr; er ist schon lange in den Himmel aufgefahren.« »Das weiß ich wohl.« sagte Anton. »Meinst du denn, ich sei ein Heide? Es ist schon bald zweitausend Jahre, daß Jesus als ein Kind in der Krippe lag. Das alles hier ist nur so gemacht, damit wir Kinder uns alles besser vorstellen können. Das da oben ist, glaube ich, die Stadt Bethlehem. Nicht so?« Katharine nickte. »Siehst du nun«, sagte Anton, »daß ich alles weiß! Ich bin nicht so dumm, als du meinst.«

      Die Kinder lachten und machten nun Anton noch auf allerlei Kleinigkeiten aufmerksam, die ihnen aber höchst wichtig vorkamen. »Sieh nur, Anton«, sagte Katharine, »das schöne weiße Schaf hier mit krauser Wolle, und die zwei allerliebsten kleinen Schäflein daneben! Sieh, hier herum graset die übrige Herde, und dort steht der Hirt und bläst auf der Schalmei. In dem niedlichen roten Hüttchen mit Rädern schläft er zu Nacht.«

      »Siehst du auch«, sprach Christian, »wie da aus dem Felsen ein kleines Quellchen, so fein wie ein Silberfädchen, hervorspringt, und sich in den hellen See ergießt? Sieh, zwei weiße Schwäne mit schöngebogenen Hälsen schwimmen auf dem See und spiegeln sich in dem ruhigen, silberklaren Wasser.« »Dort«, sagte Katharine, »kommt ein Hirtenmädchen den steilen Weg am Berg herab, und trägt ein zugedecktes Körblein auf dem Kopf. Darin werden wohl Äpfel oder Eier sein, die sie zur Krippe trägt.« »Und sieh«, sagte Christian, »dort schiebt einer auf seinem Schiebkarren einen Sack die hohe Bergschlucht hinauf. Was aber in dem Sacke ist, weiß ich nicht zu sagen.« So unterhielten sich die Kinder höchst angenehm, und kein kleines, streifiges Schnecklein, das an dem Felsen klebte, und kein buntes Müschelein am Ufer des Sees blieb unbemerkt.

      »Nun wohl«, sagte Anton, »das ist alles sehr schön. Allein das Schönste ist doch die Abbildung des himmlischen Kindes! Das freut mich am meisten. Denn um jenes Kindes willen, das hier abgebildet ist, hat mich der himmlische Vater aus meiner großen Not errettet.«

      Zweites Kapitel

      Geschichte des armen Anton

      Der Hausvater, in dessen Hause Anton so gut aufgenommen wurde, war ein Förster. Er saß, indessen die Kinder so mit einander plauderten, in seinem Lehnsessel am Ofen, und schien in Gedanken vertieft. Die Försterin setzte sich, mit dem kleinsten Kinde auf dem Arm, neben ihn auf einen Stuhl, und sagte über eine Weile: »Warum bist du so stille, und über was sinnst du nach?« »Ich sinne den letzten Reimen nach, die wir gesungen haben«, sagte der Förster. »Du hast nun freilich getan, wie sie lauten, und den armen Knaben gespeiset und erwärmt. Ich denke aber, wir könnten doch noch mehr an ihm tun. Sieh, es ist heute die heilige Nacht. Wir feiern das Andenken jener Nacht, in der das göttliche Kind geboren wurde, das zu unserm und aller Menschen Heil in die Welt gekommen. Und nun schickt Gott uns eben heute Nacht ein Kind her, dem wir zum Heile werden können. – Der Erlöser kam als ein Fremdling in die Welt, und er hatte nicht, wo er sein Haupt hinlege, als wollte er die Gastfreundlichkeit der Menschen auf die Probe stellen. Die Einwohner von Bethlehem bestanden bei dieser Probe schlecht, und verstießen ihn gleich anfangs zu den Tieren des Stalles; sollten wir den Knaben da auch verstoßen? Sag mir aber deine Meinung aufrichtig, Elisabeth, was wir tun sollen!«

      »Den Knaben annehmen«, sagte die Försterin freudig und freundlich. »Was ihr einem von diesen Mindesten tut, das habt ihr mir getan, sagte ja er, der in dieser Nacht geboren ward. Und der Anton scheint mir ein recht guter, sanfter Knabe, der ein edles Gemüt hat. Er sieht so fromm und unschuldig aus, und, obwohl er bettelt, so ist er doch gar nicht keck und verwegen. Gewiß ist er ehrlicher Leute Kind. Er hat so eine feine Aussprache, und obwohl seine rote Jacke etwas abgetragen ist, so ist sie doch von recht gutem Tuche. Wo ihrer fünf essen, essen auch sechs. Wir wollen den Knaben behalten.«

      »Du bist doch eine gute, liebe Frau«, sagte der Förster, und drückte ihr die Hand. »Gott wird es dir vergelten, und was du an einem fremden Kinde tust, unsern eigenen Kindern zu gut kommen lassen. Doch müssen wir den Knaben zuvor erst prüfen, ob er der Wohltat wert ist.«

      »Anton, komm einmal daher!« rief der Förster jetzt laut. Anton kam und stellte sich vor ihn hin, gerade und aufrecht, wie ein Soldat vor seinem Offizier steht.

      »Dein Vater«, fing der Förster an, »war also ein Soldat, und starb den Tod fürs Vaterland. Nun, das ist wohl traurig für dich, allein für ihn ist es schön und rühmlich. Aber erzähle uns doch mehreres von deinen Eltern. Wo waret ihr vor dem Kriege? Wie kam dein Vater um? Wie starb deine Mutter? Wie kamst du hieher in unsern Wald? Laß einmal hören!«

      Anton erzählte: »Meinen Vater, Gott hab ihn selig, nannten die Husaren ihren Herrn Wachtmeister. Unser Regiment lag, so lang ich denke, zu Glatz in Schlesien in Garnison. Meine Mutter nähte immer sehr fleißig und verdiente vieles. Sie war sehr geschickt. Da kam der Vater eines Tages eilig nach Hause und sagte: »Es ist Krieg; wir müssen morgen fort!« Er war ein tapferer Mann und wußte sich gut darein zu schicken. Meine Mutter aber hatte einen großen Schrecken und weinte bitterlich. Sie wollte ihn nicht allein ziehen lassen; der Abschied fiel ihr gar zu schwer. Auf ihr vieles Bitten nahm er uns endlich mit. Wir zogen weit – weit fort. Mit einmal hieß es: Der Feind rückt an. Mein Vater und die Husaren mußten ihm entgegen. Meine Mutter und ich blieben zurück. Da wurde uns nun wohl recht bange, als wir in der Ferne so fürchterlich schießen hörten. »Ach«, sagte die Mutter zu mir, »bei jedem Schuß geht mir ein Stich durchs Herz. Denn ich weiß ja nicht, ob die Kugel nicht das Herz deines Vaters durchbohrt.« Wir weinten und beteten, so lange das Schießen währte. Doch der Vater kam glücklich und unversehrt wieder zurück. So ging es nun öfter. Allein eines Tages kam nach einem Gefechte ein Husar mit des Vaters leerem Pferde in das Dorf gesprengt und sagte, der Vater sei schwer verwundet; er liege eine halbe Stunde vom Dorfe auf der Walstatt und werde wohl sterben. Die Mutter und ich eilten sogleich zu ihm. Er lag unter einem Baume. Ein alter Soldat kniete bei ihm und hielt ihn sanft in den Armen, so, daß der Vater den Kopf an die Brust des wackern Kriegers anlehnen konnte. Noch zwei andere Soldaten standen dabei. Mein armer Vater war durch die Brust geschossen und sah bereits so blaß aus wie ein Sterbender. Wir sahen es ihm an, daß er noch etwas sagen wollte; allein er konnte nicht mehr reden. Da blickte er mich mit seinen sterbenden Augen noch einmal schmerzlich an, dann blickte er auf die Mutter, und dann zum Himmel. Wenige Augenblicke nachher verschied er. Die Mutter und ich weinten uns fast die Augen aus. Die Leiche wurde auf dem nächsten Kirchhofe begraben. Einige Herren Offiziere und viele Soldaten kamen und begleiteten die Leiche. Die Trompete klang mir so seltsam und so traurig, daß mir’s ist, ich hörte sie noch immer. Sie erwiesen ihm noch die letzte Ehre, und schossen ihm noch in das Grab. Meine Mutter und ich wurden von dieser traurigen Ehrenbezeugung so erschüttert, als würde auf uns selbst geschossen. Viele Soldaten wischten sich die Augen, als sie vom Grabe zurückkehrten. Ich und meine Mutter aber zerflossen in Tränen.

      Die Mutter wollte nun wieder in ihre Heimat zurück kehren. »Ich habe dort freilich keine Verwandten mehr«, sagte sie, »aber doch noch eine gute Bekannte. Sie wird uns wohl in ihr Haus aufnehmen, und ich denke, dort von meiner Arbeit dich und mich zu ernähren.« Allein wir hatten kaum eine Tagesreise zurück gelegt, da wurde die gute Mutter unterwegs krank. Mir Mühe erreichten wir noch einen kleinen Weiler. Man wollte uns nirgends aufnehmen; endlich fanden wir in einer Scheuer ein

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