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etwa schmeckt so, wie er schmeckt, weil die Bauern rund um Frankreichs bedeutendsten Hafen für den Handel mit Nordeuropa sich für jene Trauben entschieden, die am verlässlichsten reiften für den Wein, den sie exportieren konnten. Der heimische Markt? Nicht für den guten Stoff.

      Champagner hat seinen aufregenden Charakter gewonnen, weil die besten Trauben Ostfrankreichs recht schwächlich werden, wenn sie weiter im Norden wachsen. Die Weine, angebaut unweit von Paris und der reichen flandrischen Märkte, waren zu dünn, um zu gefallen – außer man vergor sie so, dass sie schäumten. Wie Burgunder und Bordeaux verband sich der Champagner mit einem nahegelegenen Luxusmarkt. Das war nur wenigen Weinen vergönnt. Ein anderes natürliches Beispiel ist der Rhein mit seinen Weinen; Port und Sherry hingegen mussten erfunden werden: Nierenwärmer für schlotternde Nordländer.

      Bis noch vor wenigen hundert Jahren war der Weinbau auf Europa beschränkt. Man muss sich nicht darüber wundern, dass die Rebenpioniere der Neuen Welt sich am Goldstandard der berühmtesten Weine Europas orientierten. Also wurden die gleichen Rebsorten gepflanzt. So gelangten wir vor etwa 100 Jahren auf eine Art Plateau, insofern, als den meisten der ehrgeizigen Weinbaugebiete die gleichen Trauben wuchsen: diejenigen, die im Lauf der Geschichte aus sehr unterschiedlichen Gründen selektiert worden waren.

      Wir wechseln die Traubensorten

      Auf diesem Plateau sind wir noch immer – aber wie lange noch? Ein Wechsel liegt in der Luft, die Blicke richten sich überallhin, nach außen und nach vorn. Wann hörten Sie zum ersten Mal den Namen Albariño? Oder sogar (außer Sie waren schon ein ziemlicher Spezialist) Carmenère oder Touriga oder Vermentino? Sagt Ihnen Fiano irgendetwas? Aghiorgitiko? (Ah, Sie haben erraten, dass das griechisch ist.) Es war unvermeidlich, dass neue Weine sich Ihre Identität zunächst von prestigeträchtigen Traubennamen ausliehen. Aber das ist 50 Jahre her. Mit der neuen Welle wird gerade voll Stolz etwas eingeführt, was man »ethnisch« nennen könnte – so wie derzeit an jeder Ecke Sushi oder Tapas oder Dim Sum zu bekommen ist. Mit Aglianico, Arneis, Blaufränkisch, Bourboulenc, Cannonau, Fiano, Dolcetto, Godello, Primitivo, Leanyka, Tannat, Malvasia, Saperavi, Ribolla sind die Weinlisten bereits doppelt so lang geworden. Aber das ist erst der Anfang. Warum sich auf bereits existierende Rebsorten beschränken? Der Querdenker unter den kalifornischen Weinmachern, Randall Grahm, macht sich daran, bessere zu züchten. Und ich bin sicher, ihm oder andern wird es bald gelingen.

      Das sind die Trends, die kommen. Ganz vorne steht, stets im Wandel, die Frage nach dem Stil. Ich habe schon viele Moden vermerkt, manchmal auch gefördert und manchmal beklagt, etwa die naive Begeisterung für den Geschmack nach Eiche, die in den 1990er-Jahren ihren Höhepunkt erreichte und in manchen Kellern immer noch anhält. Die immer massiver werdende Alkoholstärke fast aller Weine seit den 1970ern bis erst vor kurzer Zeit war ein weiteres wiederkehrendes Motiv in diesem Buch, zusammen mit der Bedeutung von Robert Parker und seinem verführerischen Punktesystem. Zum Glück meine ich, dass die 100 Punkte nun allen Schaden angerichtet haben, zu dem sie fähig waren. Die Kellermeister haben erkannt, dass Ein-Glas-Weine eine Sackgasse sind; auf lange Sicht lohnt es sich viel mehr, etwas so Köstliches und Harmonisches zu produzieren, dass der Kunde eine zweite Flasche möchte.

      Die Alkoholfrage ist ärgerlich und gar nicht so einfach zu lösen. Zu ihr gehört auch die Inflation in den Weingläsern. Früher fassten sie, halb gefüllt, 75 ml, heute sind 200 ml normal. Kein Wunder, dass wir torkeln. Als der Alkoholgehalt in den 1990ern und 2000ern immer weiter nach oben ging, hat sich kaum einer beschwert. Ich kenne Leute, die sich immer noch nach »mächtigen Roten« von 15 Vol.-% umsehen. Es ist mir immer ein Rätsel geblieben, warum Erzeuger Weine produzieren, bei denen man nach ein paar Gläsern aufhört. Jetzt machen sie die globale Erwärmung verantwortlich.

      Doch der Klimawandel setzt die Erzeuger in warmen Gebieten zu Recht unter Druck. Das große Geheimnis der besten Weinberge der Welt ist, dass sie klimatisch in Randgebieten liegen. In den entscheidenden Augenblicken kühlen sie ab: nachts und nach der Lese, wenn alles etwas langsamer werden muss. Fast alle der neuen Rebflächen der Welt liegen in Gebieten, die ein bisschen wärmer sind als ideal. Wenn es dann noch wärmer wird, werden die Leute nervös. Darum zieht es schlaue Winzer im Norden weiter nach Norden und im Süden weiter nach Süden, und sowieso alle bergauf. Ein Gebiet ganz am Rand wie die Mosel hat seit mindestens einer Generation keinen schlechten Jahrgang alten Schlags mehr gehabt.

      Ich feile nun seit 40 Jahren an diesen Texten. Und nach so vielen Durchgängen möchte ich meinem Team von Mitwirkenden danken, 30 an der Zahl, die ihre Nasen in jede Weinecke auf dieser Welt stecken. Ich treffe sie nicht immer alle von Angesicht zu Angesicht, aber sie liefern. Dann koche ich das Süppchen daraus. Margaret Rand, meine Gesamtredakteurin, fügt alles zusammen, Hilary Lumsden, in Schottland, bringt es in Form, Yasia Williams kümmert sich ums Layout, und Denise Bates gibt es heraus. Ihr seid alle wunderbar. Danke. Und jetzt auf zu Nummer 41 …

      Hugh Johnson

      Der Jahrgang 2015

      Es war interessant zu beobachten, wie sich die Geschichte des Jahrgangs 2015 in Europa entwickelte. Zuerst, gleich nach der Lese, drehte sich alles nur um die Hitze (zuweilen ein bisschen viel), typischerweise gefolgt von Regen. Die Reaktionen der Winzer reichten von Wow! (Champagne) bis Puh! (Deutschland), mit allen möglichen Zwischenstufen. Doch nach und nach sind alle Zweifel verflogen. Zum Jahresende wurde der Jahrgang in ganz Europa durchweg als großartig bezeichnet. Nun, wir werden sehen.

      Für die Champagne war es ein großer Erfolg, und die 2015er dürften großteils Jahrgangschampagner werden. Burgund erlebte Hagel in Chablis, doch nur ein schmaler Streifen von premiers und grands crus – namentlich Les Clos, Montée de Tonnerre und Blanchot – wurde getroffen. Der diesjährige Chablis wird reichhaltiger und fruchtiger werden als der wunderbar scharfe, salzige 2014er. An der Côte d’Or linderte eine kühle Periode Anfang August den Druck der Hitze. Die Trauben waren in guter Verfassung, enthielten aber nicht sehr viel Saft – eine kleine Ernte mithin, aber gleichmäßig gut an beiden Côtes. Auch das Elsass erlebte einen schönen Jahrgang: die Pinot-Sorten, früh reifend und deshalb vom Regen verschont, machten sich ausgesprochen gut. Die Loire hingegen steckt irgendwo zwischendrin; die Weine, die gut gerieten, sind wirklich sehr gut und besser als 2014, Rote wie Weiße. Doch bei zu früher Lese blieben die Weine dünn und schwächlich, und wer zu bald nach dem Regen erntete, brachte nur verdünnte Tropfen hervor. Die Rhône scheint ebenfalls einen guten Kurs zwischen zu viel Hitze und zu viel Regen gesteuert zu haben, auch wenn der eine oder andere britische Händler zur Vorsicht mahnt. In Bordeaux fiel der Regen praktischerweise nach der Lese der weißen und vor der Lese der roten Sorten – die Erzeuger sind entzückt, die Weine sehen vielversprechend aus. Ob aber die Verbraucher, die sich ohnehin mehr und mehr Burgund und Italien zuwenden, davon zu überzeugen sind, dass die Weine die (zweifellos) zu erwartenden weiteren Preissteigerungen wert sind, war bei Redaktionsschluss noch nicht abzusehen.

      Womit wir schon in Italien sind. In Bolgheri war der Juli furchtbar heiß, Ende August regnete es, und im September und Oktober herrschte sonnige Kühle; man konnte in Ruhe ernten, und die Ergebnisse sind laut Gaja »brillant«. Südtirol freut sich über die schöne Aromatik, und auch in der restlichen Toskana und im Piemont sind die Erzeuger begeistert. In Soave waren nach Osten ausgerichtete Lagen günstig, wenn die Hitze überhand zu nehmen drohte; in den Westlagen konnte es schlicht zu heiß werden. In Deuschland hielt man Anfang September die Luft an, als der Regen kam, doch er hörte rechtzeitig vor der Lese auf, und Ende November hoffte Ernst Loosen auf einen Temperaturrückgang, damit er die Ernte mit etwas Eiswein abschließen konnte. Auch der Spätburgunder sieht in Deutschland gut aus. In Spanien herrscht großer Optimismus, doch hat der Hitzestress im Sommer an einigen Orten die Reifung unterbrochen. Rioja berichtet ein erstklassiges Jahr, weshalb es auch keine Ausreden mehr gibt für weniger als erstklassige Weine. Im Land des Portweins ließ eine Hitzewelle im Juli die Erzeuger Vergleiche mit dem großen Jahrgang 2011 anstellen. Schön wär’s ja.

      Coonawarra in Australien erlebte ein besseres Jahr als 2014, was laut Sue Hodder, der Chefkellermeisterin bei Wynn’s, ins Muster passt. »Durch fünf teilbare Jahrgänge

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