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Ferien Lesefutter Juni 2019 - 5 Arztromane großer Autoren. A. F. Morland
Читать онлайн.Название Ferien Lesefutter Juni 2019 - 5 Arztromane großer Autoren
Год выпуска 0
isbn 9783745209266
Автор произведения A. F. Morland
Издательство Readbox publishing GmbH
Sie schüttelte heftig den Kopf.
„Nicht für immer und ewig. Jass mich bitte los, Jo! Gib mich bitte frei! Gib mir das Band!“
Er breitete die Arme aus.
„Du musst es dir verdienen.“
„Okay.“ Sie nickte entschlossen. „Was soll ich für dich tun?“
„So gefällst du mir schon besser“, sagte er zufrieden. „Vorgestern, am Telefon, da warst du so abweisend - überhaupt nicht kooperativ. Ich muss gestehen, ich habe mich über dich geärgert. Aber nun bin ich dir nicht mehr böse. Ich bin nicht nachtragend. Das war ich noch nie.“
„Lässt du jetzt endlich die Katze aus dem Sack?“
„Immer mit der Ruhe. Nicht so ungeduldig, Schätzchen.“ Er hob sein Glas. Es war schon fast leer. „Möchtest du nicht doch einen Drink?“
„Nein.“
Er grinste breit.
„Ich kann dir auch einen Grog brauen. Wir haben damals eine ganze Menge von dem Zeug in uns hineingeschüttet, um die Unannehmlichkeiten zu vergessen, die wir wegen dieses Knaben hatten. Du erinnerst dich nicht gern daran, nicht wahr?“
„Wundert dich das?“
„Es ist ein Teil deines Lebens, wird es immer bleiben. Was geschehen ist, kann nicht ungeschehen gemacht werden.“
„Aber man kann den Mantel des Vergessens darüber breiten. Man muss den Schlamm nicht immer wieder aufrühren.“
„Da hast du recht, und ich hätte das auch nicht getan, wenn du dich nicht so hartnäckig geweigert hättest, mir zu helfen.“
„Helfen - wobei?“
Er leerte sein Glas und füllte es wieder.
„Ich möchte aussteigen und mich auf einer billigen Insel irgendwo in der Südsee zur Ruhe setzen. Um diesen lange gehegten Traum finanzieren zu können, muss ich ein allerletztes Ding drehen. Sobald es gelaufen ist, bekommst du das Videoband - es gibt keine Kopie davon. Ich schwör’s - und du kannst damit machen, was du willst, kannst es verbrennen, zerschneiden, in die Elbe werfen. Dann bist du frei. Für immer. Du siehst und hörst nie wieder von mir. Ich liege irgendwo unter Palmen an einem weißen Strand, höre das leise Rauschen des Meeres und lasse den lieben Gott einen guten Mann sein.“
Jeanette wollte, dass er endlich ganz konkret wurde, deshalb fragte sie nervös: „Was genau hast du denn nun vor?“
Jo Dengelmann grinste breit.
„Ich werde Boris Reitmann beklauen.“
Jeanette riss entsetzt die Augen auf. Sie starrte Jo an, als würde sie an seinem Verstand zweifeln. „Den Boss der Hamburger Unterwelt?“ Sie japste nach Luft. „Du bist verrückt.“
25
Claudia Meeles verfiel zusehends. Die Krankheit fraß ihre Schönheit auf. Sie war schwach, schlief viel und wurde immer wieder von Fieberschüben heimgesucht. Man hatte ihre Milz bestrahlt. Dr. Härtling hatte eine extrakorporale Blutbestrahlung angeordnet - das ist eine Bestrahlung des Blutes, während es ähnlich wie bei einer künstlichen Niere durch einen Apparat außerhalb des Körpers geleitet wird. Ihre Lymphknoten und einzelne blutbildende Organe wurden ebenfalls bestrahlt. Es ging ihr trotzdem immer schlechter. Also musste der nächste Schritt getan werden - die Ganzkörperbestrahlung. Man bestrahlte den ganzen Organismus durch eine äußere Strahlenquelle und führte intravenös Radionukliden zu.
Nichts half.
Auch mit einer intensiven Chemotherapie hatten die Ärzte der Paracelsus-Klinik nicht den erhofften Erfolg. Unaufhaltsam ging es mit der siebzehnjährigen Patientin bergab. Als feststand, dass das Knochenmark ihrer Großeltern sich für eine Transplantation ebensowenig eignete wie das von Peter Werding, versuchte Dr. Härtling über regionale und überregionale Spenderzentralen Knochenmark aufzutreiben, das Claudias stark geschwächter Organismus nicht abstoßen würde.
Peter besuchte sie jeden Tag. Ihre erschreckend wächserne Blässe vermochte ihn nicht zu entmutigen. Er war nach wie vor davon überzeugt, dass Gott ihm das Liebste, das er auf der Welt hatte, nicht nehmen würde. Kein Gott, wie auch immer man ihn nennen mochte, war so grausam. An diese Überzeugung klammerte sich seine Hoffnung.
„Das Leben ist ein Wellental“, sagte er immer wieder zu Claudia. „Mal ist man oben, mal unten. Im Moment bist du unten, aber es wird bald wieder aufwärts gehen. Ich weiß es. Ich bin ganz sicher. Du kannst dich darauf verlassen.“ Er hielt ihre kalte, feuchte, kraftlose Hand, wischte ihr sanft den Schweiß von der Stirn, gab ihr zu trinken, wenn sie durstig war. Er erzählte ihr von der Firma und von Frau Wagner, die - dank einiger weiterer Instruktionsstunden - am Computer immer weniger Fehler machte.
Sie lächelte müde. „Ist sie noch an dir interessiert?“
„Sie hat jemanden gefunden, der altersmäßig besser zu ihr passt. Er holt sie immer nach Feierabend ab, und sie schnäbeln wie Turteltauben.“
„Schön für sie“, sagte Claudia leise.
„Wenn du wieder gesund bist ...“
„Peter ...“
„Ja, Liebes?“
„Ich muss dir etwas sagen.“
„Was denn, Liebes?“
„Ich möchte nicht mehr, dass du mich besuchst.“
„Aber Claudia!“ Er starrte sie entgeistert an. Sie konnte das unmöglich ernst gemeint haben.
„Ich möchte dich nicht mehr sehen“, kam es tonlos über ihre ausgetrockneten Lippen.
„Aber wir lieben uns doch.“
Sie drehte ihr Gesicht von ihm weg.
„Ich habe dich geliebt.“
„Und nun liebst du mich nicht mehr?“
„Nein.“
„Warum nicht?“
„Es ist vorbei. Zu Ende.“
„Das - das verstehe ich nicht“, stammelte er konsterniert.
„Ich möchte dich nicht länger an mich binden. Ich will den Weg, der vor mir liegt, allein gehen.“ „Warum denn allein? Du wirst wieder gesund und ...“
„Nein, Peter, ich werde nicht mehr gesund.“
„Wie kannst du so etwas Unsinniges sagen?“
„Ich fühle es. Ich werde sterben, und ich möchte nicht, dass du mir dabei zusiehst. Ich möchte, dass du mich so in Erinnerung behältst, wie ich mal war.“
„Claudia, so darfst du nicht sprechen. Das ist ...“
„Bitte geh, Peter. Geh und komm nicht wieder!“
26
„Boris Reitmann zu bestehlen, das - das ist glatter Selbstmord“, stammelte Jeanette. „Du bist wahnsinnig, wenn du so etwas auch nur in Erwägung ziehst. Ich mache da nicht mit. Ich möchte nicht gevierteilt werden.“
„Keiner hat den Mumm, ihn zu beklauen.“ In Jo Dengelmanns Augen glänzte ein gefährlicher Eifer. „Und genau das ist meine Chance.“
„Wieso?“
„Weil der Geizkragen sich zu sehr auf seinen schlechten Ruf verlässt. Er gibt kein Geld für teure Alarmanlagen aus und hat in seinem Haus einen uralten Safe stehen.“
„Hast du es etwa auf diesen Safe abgesehen?“
Jo grinste breit. „Na klar!“
„Welche