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heraus zum Taxistand gingen, war ich nicht vorbereitet. Um 4 Uhr in der Frühe! Ich konnte kaum glauben, wie heiß und schwül es hier werden kann – Dubai im Freien ist echt heftig, einer der härtesten Orte, die ich je erlebt habe.

      Zu dieser Zeit lebte die Familie meiner damaligen Freundin dort; wir konnten bei ihnen wohnen und mit ihrem Vater die heißen Ramadan-Tage verstreichen lassen. Die Sonne ging hier ziemlich früh unter, also war es nicht so spät, wenn man das Fasten brach. Meist gingen wir irgendwo essen, ließen uns die heimische Küche schmecken und rauchten Shisha. Ess- und Trinklokale gibt es in Dubai im Überfluss. Sonst kann man praktisch nichts unternehmen. Dafür stellen sie ihre Klimaanlagen grausam kalt ein.

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      Im wunderschönen Barbershop 1847 ist der pure Luxus Programm, aber man braucht auch das nötige Kleingeld dafür.

      Barbershop 1847

      Ich hatte keine Ahnung, was mich in Dubai erwarten würde. Man stellt sich große, schicke Gebäude vor … aber sonst?

      Die ersten Tage verbrachte ich damit, Barbershops zu googeln, fand online aber nur eine Handvoll. Dann kam ich mit einer Dame in Kontakt, die für den Barbershop 1847 die PR machte – ein Luxus-Barbier der Oberklasse mit Wellness- und Pflegebereich speziell für Männer (1847formen.com). Auch eine Kette von »Nail Spas« (Nagelstudios mit allen möglichen Zusatzangeboten wie Massage und Gesichtsbehandlung) gehörte dazu, was ziemlich cool war. Einer davon war gleich nebenan – sehr praktisch für Paare, die gemeinsam kommen und sich getrennt behandeln lassen konnten.

      Ein sehr multikulturelles Team begrüßte mich im 1847. Viele kamen aus dem Nahen Osten, etwa aus Syrien oder dem Libanon, aber auch einige Philippiner waren darunter. Menschen von den Philippinen machen übrigens generell einen großen Teil der Einwohner Dubais aus.

      Alles im 1847 verströmte den Eindruck von Luxus. Vom Duft beim Eintreten über das Kaliber der Verkaufsprodukte bis zur Einrichtung – alles war eindeutig auf die Geschäftsleute Dubais zugeschnitten.

      Bei den Interviews nahmen die Barbiere sich eine Menge Zeit für mich und gaben alle zu Protokoll, wie wichtig es ihnen sei, dass sich die Kunden jederzeit wie zu Hause fühlten. Im Angebot waren alle üblichen Verdächtigen in Bezug auf Barbier-Dienstleistungen, einschließlich Haarentfernung mit der Fadentechnik, die, wie schon gesagt, im Nahen Osten extrem populär ist.

      Wirklich beeindruckt hat mich, dass sie jede Rasierklinge ausschließlich zur Behandlung eines einzigen Kunden verwendeten, danach wurde sie sofort weggeworfen. Ich selbst ließ mich von einem der Barbiere rasieren, einem Libanesen, und es war, wie erwartet: eine wunderbar sanfte, entspannende Behandlung inklusive Gesichtsmassage und herrlich duftender heißer Tücher.

      Auf meine Frage, warum Bärte im Nahen Osten so beliebt waren, gaben mir alle dieselbe Antwort: Scheich Zayed, der Herrscher der Vereinigten Arabischen Emirate, war mit seinem sauber getrimmten, scharf konturierten Vollbart das Vorbild für alle.

      Einer von ihnen verglich Barbiere sogar mit Künstlern – ob man nun ein Bild malte oder Haare schnitt, sei im Grunde derselbe Vorgang. Einen Bart zu trimmen ist Kunst!

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      Tariq bei der Arbeit in The Barber Room. Kundenservice wird in Dubai großgeschrieben, denn gepflegt auszusehen ist dort von großer Wichtigkeit.

      The Barber Room

      Was fängt man den lieben langen Tag in Dubai an? Man hängt in den Malls ab. Sie sind riesig, klimatisiert, und man kann dort ganz leicht einen Haufen Geld ausgeben. Ich durchstreifte die Malls auf der Suche nach einem Barbershop der mittleren Preisklasse und stieß in der Festival City Mall auf einen Shop namens The Barber Room (www.thebarberroom.ae). Tariq, der Besitzer, war einverstanden, dass ich zum Filmen kam. Innerhalb der Malls ist es gar nicht so leicht, sich als eigenständiges Unternehmen zu präsentieren. Nur mit einem erstklassigen Service kann man hier erreichen, dass die Leute wiederkommen.

      Der Barber Room bot alle Dienste für Haare, Gesichtsbehandlung und Färben an, die für die meisten Männer von Belang sind, und zielte auf eine sehr breit gefasste Kundschaft ab, was der Klientel in Dubai entsprach. Auch die Geschichte von Tariq selbst war sehr interessant.

      Er hatte 2006 als einfacher Friseur im Team angefangen, was bedeutete, in Zwölfstundenschichten zu schuften. Sein bester Freund, eher eine Vaterfigur für ihn, half ihm dabei, den Laden irgendwann zu übernehmen. Weil ich immer noch neugierig war, warum die Männer in Dubai so sehr auf ihr Äußeres achteten, fragte ich Tariq danach. »Wenn man über Dubai spricht«, antwortete er, »muss man wissen, was Dubai ist.«

      Wer in Dubai ausgeht – und die Leute, die aus beruflichen Gründen nach Dubai kommen, gehen viel aus –, muss gut aussehen, sich von den anderen abheben. Das gilt natürlich auch für den Arbeitsplatz. Da ist sorgfältige Pflege wichtig, ganz abgesehen davon, dass man mit der Hitze fertig werden muss. Viele Leute kommen aus Ländern des Nahen Ostens und Asiens, wo ein gepflegtes Aussehen zur Kultur gehört und der Barbier ein beliebter Treffpunkt ist, um es sich gutgehen zu lassen. Wahrscheinlich ist Dubai deswegen ein Schmelztiegel für so viele unterschiedliche Arten von Barbieren geworden.

      Auch für Tariq war der Service am Kunden eminent wichtig. Die Mitglieder seines Teams hatten bitteschön alle eigenen Probleme zu Hause zu lassen und den Kunden im Laden immer ein lächelndes Gesicht zu bieten. Dafür war Tariq umgekehrt auch außerhalb der Arbeit für seine Leute da und unterstützte sie, wenn nötig.

      Ich fand das eine gute Haltung und stimmte ihm in vielen Dingen zu. Um den Laden am Laufen zu halten, war er sich selbst auch für keine Arbeit zu schade; er frisierte, machte sauber, ging ans Telefon. Als Inhaber des Geschäfts musst du nicht nur mit gutem Beispiel vorangehen, sondern auch alle Fähigkeiten einsetzen, die man dir vielleicht noch als Lehrling beigebracht hat. Niemand bemüht sich so sehr um dein Geschäft wie du selbst, und wenn du das nicht verkörperst, wird sich auch sonst niemand drum scheren.

      Eine Sache, die Tariq sagte, ging mir lange nicht mehr aus dem Kopf: Einige Barbiere aus seiner Bekanntschaft redeten mit anderen Leuten nicht gerne über ihre Arbeit oder behaupteten sogar, sie wären in irgendeiner Firma angestellt. Er selbst aber war stolz auf seinen Beruf und stellte sich selbstbewusst als Barbier vor, ohne sich groß damit zu brüsten, dass ihm das Geschäft gehörte.

      Tatsächlich scheint das Haareschneiden in Dubai und anderen asiatischen Ländern als Dienstleistungsberuf nicht sehr hoch angesehen zu sein. Barbiere gehören hier mehr zur unteren arbeitenden Gesellschaftsschicht – für mich eine interessante Entdeckung.

      Dubais Kehrseite

      Ich wollte aber auch Dubais andere Seite sehen. Eine Stadt mit drei Millionen Einwohnern kann nicht nur aus Glamour und Shopping Malls bestehen. Deshalb fuhr ich in die Viertel Satwa und Al-Karama, wo vor allem Menschen aus südasiatischen Kulturen lebten. Sie kamen aus Indien, Pakistan, Bangladesch und den Philippinen und wohnten jeweils für sich in verschiedenen kleineren Sektionen. Je nachdem, in welcher Straße man war, traf man auch auf ganz unterschiedliche Barbierläden.

      Wir filmten hier keine Interviews – einerseits waren wir so doof gewesen, unser Audio-Equipment nicht mitzunehmen, andererseits sah ich wenig Sinn darin, indische Barbiere in Dubai zu filmen, wenn wir in Kürze in Indien selbst welche vor der Kamera haben würden.

      Diese Seite Dubais hat mich wirklich überrascht. Der Kontrast zum Reichtum jener Stadtteile, die man als Tourist sieht, ist ziemlich krass. Hierher kommen kaum Besucher, wahrscheinlich, weil kaum jemand von diesen Vierteln überhaupt etwas hört. Aber dies ist mein Geheimtipp: Wer sich für einzigartiges Essen, eine tolle Rasur, Masala Chai oder ein Halo-halo-Dessert aus einem Pino-Restaurant interessiert, sollte sich in Dubai ein wenig von den ausgetretenen Pfaden entfernen.

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