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nickte, dann stieg er aus. Roberto wartete, bis Freed die Nummer gewählt hatte, dann spähte er angestrengt zu der Telefonzelle am Pier hinüber. Er prüfte den Sitz der Luger. Er kurbelte das Fenster herab und lauschte, doch er konnte die Klingel nicht hören.

      Nach einer endlos scheinenden Zeit bemerkte Roberto eine Bewegung auf einer schneeweißen Yacht auf der rechten Seite des Piers. Ein hagerer Mann in weißer Seglerhose und weitgeschnittenem Pullover turnte über das Deck und sprang dann auf den Steg. Roberto sah zu Freed hinüber, der im Schatten des Eingangs kaum zu erkennen war. Roberto hob die Hand und zeigte dem G-man die Handfläche. Freed drückte die Gabel nieder und fischte mechanisch das Zehn-Cent-Stück aus dem Rückgabefach.

      Der Hagere lief über den Steg, doch dann, als das Klingeln des Telefons abbrach, blieb er stehen, zuckte die Achseln und kehrte um. Kurz darauf verschwand er wieder unter Deck der weißen Yacht.

      Roberto winkte dem G-man, und Freed stieg wieder ein.

      „Es ist die dritte Yacht rechts“, erklärte Roberto.

      „Woher haben Sie die Telefonnummer?“, fragte Freed.

      Roberto sagte es ihm. Freed runzelte die Stirn, aber er sagte nichts dazu.

      „Wir könnten es der Polizei überlassen“, meinte Roberto.

      Freed schüttelte den Kopf. „Wenn Ronny nicht an Bord ist, haben wir mit Zitronen gehandelt.“

      „Aber was ist anders, wenn wir Ronny nicht an Bord finden?“, fragte Roberto, ohne den G-man anzusehen.

      „Wenn es einer von denen weiß, wird er es mir sagen“, versicherte der G-man mit gefährlich ruhiger Stimme.

      Roberto dachte an die Killer aus Chicago, von denen Adam Petrie gesprochen hatte. Lauerten sie dort an Bord der Yacht? Oder warteten sie woanders?

      Freed beugte sich plötzlich vor und drehte den Zündschlüssel herum. Die Maschine sprang sofort an. Der Wagen rollte auf den Pier zu. Roberto beobachtete die Umgebung. Er sah keine verdächtige Bewegung. Der Mann im Overall sah einmal herüber. Die Angler waren zu weit entfernt, um die Annäherung des Wagens hören zu können.

      Freed lenkte den Nova bis auf den Steg. Die Bohlen klapperten und ächzten. Er stoppte und stellte den Motor ab.

      „Jetzt aber schnell“, sagte er.

      Roberto nickte. Er drückte die Tür auf und sprang aus dem Wagen. Freed rannte um den Nova herum. Gemeinsam sprangen sie auf die weiße Yacht. Roberto deutete auf die Cockpittür, die einladend geöffnet war. Er hechtete hindurch, entdeckte den steilen Niedergang. Er versuchte, das Schaudern zu unterdrücken, die instinktive Furcht vor dem Dunklen, dem Unbekannten, ehe er hinunterstieg.

      Da spürte er eine Berührung am Arm. Freed.

      „Lassen Sie mich vorgehen“, sagte der G-man leise.

      Roberto nickte, und Freed kletterte fast lautlos die Stufen hinab.

      31

      Roberto hockte auf den Fersen und starrte in den engen Niedergang hinunter. In der Faust lag die schussbereite Luger. Er hörte, Wie Freed eine Tür nach der anderen öffnete. Immer lauter knallten sie gegen die Wände.

      Dann schrie der G-man: „Hier unten ist niemand!“

      Robertos Haare richteten sich auf, und in seinem Magen ballte sich ein Klumpen zusammen.

      Er hatte den Hageren genau gesehen, wie er von diesem Boot kam und wie er auf dieses Boot zurücksprang.

      „Kommen Sie rauf!“, schrie er. „Los, kommen Sie!“

      Die Bordwand der benachbarten Yacht lag ein paar Fuß tiefer. Roberto richtete sich auf und wirbelte herum.

      Da sah er sie.

      Sie waren zu viert. Die beiden Angler, die aus den Rutenfutteralen Maschinenpistolen gezogen hatten, rannten über den Steg.

      Von dem Schiff nebenan sprang ein gedrungener Kerl mit Bürstenhaarschnitt und kleinen Schweinsaugen. In der Armbeuge lag eine Schrotflinte mit abgesägtem Lauf. Der vierte Mann war bereits an Bord. Er sah aus wie einer von diesen großmäuligen Affen, die immerzu jemandem imponieren mussten.

      Roberto sah die schwere Automatik in der Hand dieses Mannes, und er jagte ihm eine Kugel entgegen, ehe er sich auf den Boden warf, wobei er Freed mit sich riss, der in diesem Moment aus dem Niedergang tauchte.

      Keine Sekunde zu früh. Eine fürchterliche Detonation ließ den Aufbau der Yacht erzittern, ehe das gehackte Blei der Schrotflinte die Scheiben zermahlte und die dünnen Kunststoffwände zersägte. Roberto spürte einen brennenden Schmerz am Hals.

      Freed zuckte, er wollte sich aufrichten, aber Roberto presste ihn erbarmungslos nieder.

      Atemlos wartete er. Der Kerl mit der Schrotflinte hatte noch einen geladenen Lauf. Mit der Ladung brauchte er nicht groß zu zielen. Wenn er die Kanone nur grob in die Richtung hielt, konnte er seine Opfer damit in zwei Teile schießen.

      Roberto spürte an der Bewegung der Yacht, dass jemand an Bord kam. Die beiden angeblichen Angler konnten es noch nicht sein. Roberto verdrehte den Kopf. Er sah einen Schatten über das Deck fallen, als er durch die offene Tür blickte. Der Kerl hatte sich geduckt. Roberto konnte sogar den Schattenriss des Gewehrlaufs erkennen.

      Er bewegte sich, hob die Hand mit der Luger. Er zielte auf die Stelle neben der Tür, etwas höher als eineinhalb Fuß.

      Dann drückte er ab. Zweimal.

      Der Schatten bewegte sich, und durch die Löcher in der Cockpitwand fielen Sonnenstrahlen. Roberto sprang auf die Füße, Glasscherben knirschten unter seinen Sohlen.

      Der Gedrungene mit den Schweinsaugen wälzte sich an Deck. Aus seiner Brust sickerte Blut. Verzweifelt versuchte er, die Schrotflinte noch einmal in Anschlag zu bringen.

      Roberto schoss.

      Er sprang durch die Tür an Deck. Freed folgte ihm. Die beiden. „Angler“ hatten sich geteilt. Einer turnte jetzt von Boot zu Boot, wobei er die Aufbauten als Deckung benutzte.

      Der andere war schon verdammt nah heran. Er feuerte im Laufen. Die Garbe lag zu tief.

      Roberto warf sich auf das Deck. Er riss die Schrotflinte an sich, zerrte sie herum. Der MPi Schütze schnellte durch die Luft, auf Roberto zu.

      Roberto wälzte sich auf den Rücken, der Lauf der Flinte machte die Bewegung mit. Wie von selbst glitt sein Finger an den Abzug, krümmte sich.

      Der Rückstoß brach ihm fast den Finger, der Explosionsknall betäubte sein Gehör. Aber das alles war nichts gegen das Entsetzliche, das sich vor seinen Augen abspielte.

      Er hatte den durch die Luft springenden Mann getroffen.

      Roberto ließ die Flinte los. Er sprang auf die Beine und stolperte gegen die Cockpitwand, klammerte sich dort fest. Gedämpft hörte er das Peitschen der zweiten MPi und den Hagelschlag der Kugeln, doch ein einzelner dumpfer Pistolenschuss ließ das Hämmern der Tommygun jäh verstummen.

      Roberto sah zu dem flacheren Boot hinab. Der zweite „Angler“ hatte seine Waffe losgelassen und klammerte sich an der Reling fest. Seine Augen trübten sich bereits, aus dem weit aufgerissenen Mund floss Blut.

      Roberto nahm die Luger an sich, die ihm aus der Hand gefallen war. Freed stand neben Roberto.

      „Mein Gott!“, stöhnte der FBI-Agent.

      „Das war die Killer-Elite der Mafia“, sagte Roberto hohl. Er vermisste nur einen. Angelo Agostini, den Todesengel.

      Roberto zuckte zusammen, als er hinter dem sterbenden Killer eine Bewegung gewahrte, und er hob die Hand mit der Waffe. Blondes Haar erschien in einer Luke, dann ein Kopf. Schließlich stemmte sich Brenda Paine in die Höhe und hockte dann auf dem Vorschiff. In der Rechten hielt sie eine große Pistole. Aus dunkel umschatteten Augen sah sie Roberto an. Sie hatte den zweiten MPi Schützen erschossen, Roberto wusste es ganz genau. Freed war noch

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