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keine Spur von, du weißt schon?“

      „Er kann es noch nicht geschafft haben“, meinte Carlos Terruzzi. „Aber, wenn er kommt, sollte Freed zu Hause sein. Deshalb denke ich, dass du nachgeben solltest. Dieses Mal“, schloss der Caporegime diplomatisch.

      „Sag diesem Mistkerl, dass ich in einer halben Stunde draußen sein werde“, sagte er mit neuer Härte in der Stimme, womit er seine Entschlossenheit bekräftigte. Er ließ den Hörer auf die Gabel fallen. „Vince!“, brüllte er dann. „Sag den anderen Bescheid! Sie sollen den Lincoln fertigmachen. Wir fahren in zehn Minuten ab!“

      22

      Die Asphaltstraße wand sich um eine weite Bucht und führte langsam in die Höhe, eine öde, mit hartem Gras und verkrüppelten Fichten bewachsene Klippe hinauf.

      Art Freed saß hinten in dem braunen Malibu, den Revolver hielt er in der verkrampften Faust.

      Vorn saßen Orlando und Terruzzi. Keiner von den beiden trug eine Waffe. Freed hatte den Wagen vorher auf versteckte Waffen hin abgesucht und keine gefunden. Was jedoch nicht bedeutete, dass die Kerle nicht doch noch irgendwo eine Kanone hervorzaubern konnten. Allerdings galt Terruzzi als Gegner von Schusswaffen. Freed rechnete jedoch mit jeder nur denkbaren Schweinerei.

      Er beobachtete die Landschaft, die sich unter der milden Morgensonne unter ihm ausbreitete, ohne jedoch einen Blick für ihre Schönheit übrigzuhaben. Er wusste, dass er den Tiger am Schwanz gepackt hatte. Wenn der Don seinen Neffen und designierten Nachfolger zu opfern bereit war, von Augie Orlando würde kaum die Rede sein, dann war sein, Freeds, Leben keinen Cent mehr wert.

      Der Wagen fuhr an einem neuen Maschendrahtzaun vorbei. Sandhügel türmten sich zwischen dem Zaun und dem Rand der Klippe auf. Soweit Freed das Gelände überblicken konnte, befanden sich keine Gebäude darauf, nicht einmal eine Schutzhütte. Nein, Terruzzi hatte ihm nichts vorgemacht.

      Der Neffe des Capo hielt an einem hohen Gittertor. Er stieg aus und öffnete es. Freed beobachtete den Mann dabei. Er wusste, dass der Mafioso 35 Jahre alt war. Er hatte schwarzes Haar und nervöse Bewegungen. Der unstete Blick zuckte hin und her, ohne längere Zeit an einer bestimmten Stelle zu verharren.

      Orlando bewegte seine Schultern. Freed widmete ihm sofort seine Aufmerksamkeit, aber der Gangster stöhnte nur und presste ein Taschentuch auf die zerschlagene Nase. Freed spürte jetzt die Müdigkeit und Erschöpfung in jeder Faser seines Körpers. Dabei musste er hellwach bleiben, wenn er sich nicht überrumpeln lassen wollte.

      Terruzzi lenkte den Malibu durch das Tor und fuhr dann quer über das Gelände auf den Rand der Klippe zu.

      „Halt!“, befahl Freed scharf. Terruzzi trat auf die Bremse und sah über seine Schulter in Freeds Gesicht. „Wenden Sie und bauen Sie sich so nah am Tor auf, dass wir jederzeit wieder verschwinden können!“

      „Dann wird der Don nicht kommen“, gab Terruzzi zu bedenken.

      „Wenden Sie! Und bleiben Sie hundert Yards vorm Tor stehen.“

      Terruzzi zuckte die Achseln, dann rangierte er das Malibu so, wie Freed es verlangte und drehte den Zündschlüssel herum. Als er ihn aus dem Zündschloss ziehen wollte, stieß Freed einen scharfen Laut aus, und der Caporegime ließ den Schlüssel stecken.

      Sie brauchten nicht lange auf den Don zu warten. Schon nach wenigen Minuten sahen sie das schwarze Dach einer großen Limousine hinter den Hügeln, die die Fahrtstraße säumten, und kurz darauf bog der Lincoln durch das Tor.

      Mitten zwischen den Pfosten blieb er stehen. Hinter den blaugrün getönten Scheiben war nicht einmal eine Bewegung zu erkennen.

      Terruzzi sah den G-man an. „Und jetzt?“, fragte er spöttisch.

      „Augie, du gehst jetzt zum Don. Sag ihm, er soll sich mit dem Schlitten neben unseren Wagen stellen. Carlos bleibt bei mir.“

      Augie Orlando öffnete die Tür und stellte einen Fuß draußen auf den Boden. Er war sichtlich froh, endlich aus Freeds Reichweite zu kommen.

      „Sag dem Don, dass niemand aussteigen darf, wenn ich es nicht anordne.“

      „Yeah“, quetschte der Gangster zwischen den Zähnen hervor.

      „Ach ja, noch etwas, Augie – achte darauf, dass ich dich stets sehen kann. Sonst werde ich nämlich Carlos die Nase einschlagen. Was er zweifellos auf deine Rechnung schreiben wird. Okay?“

      Orlando trabte wortlos auf die schwarze Limousine zu. Carlos Terruzzi blieb bei Freed zurück. Als Geisel.

      23

      In zügiger Fahrt glitt Roberto erst zweimal an der Einmündung der Hicksville Road vorbei, in der Freeds Haus stand. Roberto fragte sich, wo sie die Falle für ihn aufgebaut hatten. Er konnte nichts Verdächtiges wahrnehmen. Und dennoch wusste er, dass die Falle stand.

      Roberto wendet auf dem Parkplatz eines Kinos und kam auf der rechten Straßenseite zurück. Er fuhr einen älteren Kombi mit geschlossenen Seiten, den er bei einer kleineren Firma gemietet hatte. In einer graphischen Werkstatt, deren Anschrift er im Branchentelefonbuch herausgesucht hatte, hatte er die Seiten und die Heckklappe mit dem Namen eines Botendienstes beschriften lassen. Mit einer selbsthaftenden Folie. Das ganze Verfahren hatte kaum zwanzig Minuten gedauert und achtundzwanzig Dollar gekostet.

      Jetzt bog Roberto in die Hicksville Road ein. Er trug eine flache Kappe, eine nicht allzu auffällige Sonnenbrille und einen weißen Kittel, den er sich ebenfalls zugelegt hatte. Er kam an zwei auffällig unauffällig geparkten Personenwagen vorbei. Er schielte zu Freeds Haus hinüber, ohne den Kopf dabei zu wenden. Das Haus lag in einem Vorgarten, es gab keinen Zaun, weder zur Straße hin noch zu den Nachbargrundstücken.

      Am Ende der Sackgasse wendete er, ließ den Kombi zurückrollen und stoppte vor einem zweistöckigen Haus. Die Türen der Doppelgarage standen offen, die beiden Boxen waren leer.

      Der Herr des Hauses war zur Arbeit gefahren, die Lady langweilte sich unterdessen beim Frisör oder in einem Kaufhaus.

      Roberto schnappte ein ziemlich umfangreiches Paket, das in rotes Papier eingeschlagen war. Mit dem Paket in der Hand stieg er aus und schritt über den mit hellen Steinplatten belegten Weg auf die Haustür zu. Dort baute er sich unter dem Vordach auf und presste den Daumen auf die Klingel. Dann drehte er sich um und blickte scheinbar gelangweilt über die Straße auf Freeds Haus.

      Er konnte nichts Außergewöhnliches ausmachen. Außer den beiden Wagen natürlich, in denen vermutlich G-man saßen.

      Er klingelte noch einmal, dann ging er zu seinem Kombi zurück. Er warf das Paket – es enthielt ein paar Hemden, Socken und Unterwäsche, die er für seinen eigenen Bedarf gekauft hatte – auf den Rücksitz und fuhr wieder ab.

      Ihm war nicht bewusst, dass sein Kopf für Sekunden in den Zielfernrohren zweier Gewehre erschien und dass sich die Fadenkreuze genau über seiner rechten Schläfe befanden.

      Doch zum Glück waren die beiden Killer ihrer Sache nicht sicher. Denn der Mann am Steuer des Buick Kombi hatte mit keiner Bewegung erkennen lassen, dass er sich für das Haus des G-man interessierte. Außerdem hatten die Killer den klaren Befehl, Art Freed und Roberto Tardelli zusammen zu erledigen.

      Roberto Tardelli bog wieder in den Wilshire Boulevard ein und gab Gas.

      Auf der anderen Seite des belebten Boulevards löste sich ein flacher, offener Sportwagen aus der Reihe geparkter Fahrzeuge. Der Wagen beschrieb eine halsbrecherische Kurve zwischen einem Lastwagen und mehreren Personenwagen. Reifen jaulten, Hupen gelten.

      Roberto hatte von dem Manöver nichts mitbekommen, weil ihm die Sicht nach hinten durch einen Bus genommen wurde.

      Am Steuer des Wagens, es handelte sich um ein weißes Camaro Sportcoupé mit schwarzer Motorhaube, saß jemand, der Roberto Tardelli, den erbittertsten Feind der Mafia, genau erkannt hatte. Der Wagen schloss jetzt rasch auf und blieb dann drei Längen hinter dem Kombi in der linken Spur.

      24

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