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sagte, aber es schien den Luftkutscher langsam aufzuwecken, denn die Gestalt straffte sich, die Augen begannen lebhaft zu funkeln, und schließlich warf er Roberto einen schnellen Blick zu, der dem Mafia Jäger die Bereitschaft des anderen verriet, für einen Packen grüner Scheine überall hinzufliegen.

      „Nach Mexico, Señor?“, erkundigte sich der Pilot schließlich, der in Roberto einen Mann vermuten musste, der vor dem Gesetz floh.

      Roberto nickte. Es war besser, wenn Andres nichts über die wahren Absichten seines nächtlichen Fahrgastes wusste.

      Der kleine Flugplatz lag am Nordhang eines Hügels, etwa acht Meilen südwestlich von Tucson. Die flache Betonstraße endete unmittelbar unter dem dunkel daliegenden Tower, an den sich ein ebenfalls unbeleuchtetes flaches Gebäude anschloss, in dem ein paar Büros und einige Getränkeautomaten untergebracht waren.

      Es gab keinen Zaun, Andres steuerte den Chevy deshalb einfach über das unebene Feld auf die beiden Wellblechhangars zu. Andres bekundete dem Piloten gegenüber, dass er ihm helfen wolle, die Maschine startklar zu machen.

      „Stopp!“, sagte Roberto plötzlich. „Wo gibt es hier ein Telefon?“

      „Hinten in dem Flachbau“, antwortete der Pilot, während der Fahrer bremste. Roberto kramte in seinen Taschen herum, fand jedoch nur noch wenig Münzgeld. Andres und der Pilot legten zusammen.

      Roberto stieg aus und lief zurück. Er fand den Eingang unverschlossen. Ohne Licht zu machen trat er an den Telefonautomaten. Dort lag ein Telefonverzeichnis von Tucson, aber natürlich keins von LA.

      Roberto rief die Auskunft an und ließ sich die Nummer des FBI von Los Angeles und die Rufnummer von Arthur Freed geben. Er kritzelte die Zahlen an die Wand neben dem Telefon, dann rief er zuerst Art Freeds Wohnung an.

      Noch vor dem ersten Aufläuten hörte er ein leises Knacken, das einem normalen Anrufer entgangen wäre, nicht jedoch einem Mann wie Roberto Tardelli, der mit allem rechnete.

      Das Rufzeichen schnarrte, doch niemand hob ab. Art Freed war unterwegs. Oder im Dienst?

      Roberto rief das FBI in Los Angeles an und bat um eine Verbindung mit G-man Art Freed.

      „Wie ist Ihr Name, Sir?“, erkundigte sich der Mann in der Telefonzentrale.

      „William Gibbs“, antwortete Roberto.

      „Worum handelt es sich?“, kam die Gegenfrage.

      „Ich bin Anwalt und vertrete einen Klienten, den Mr. Freed vor einigen Wochen vorübergehend festgenommen hat. Mein Klient ist bereit, eine Aussage zu machen. Es haben sich neue Gesichtspunkte ergeben.“

      „Augenblick, Mr. Gibbs, ich verbinde.“

      Nach wenigen Sekunden meldete sich eine andere Stimme. „Ich bin G-man Gordon Dickson. Was kann ich für Sie tun?“

      „Sie können mich mit Mr. Freed verbinden“, sagte Roberto mit genau dosierter Ungeduld in der Stimme. Er wiederholte die Story, die er bereits dem Telefonisten aufgetischt hatte. „Freed weiß Bescheid. Mein Klient will nur mit ihm sprechen.“

      „Tut mir leid, Sir, Sie müssen schon mit mir vorliebnehmen“, sagte Dickson.

      „Wann kann ich Mr. Freed denn erreichen?“

      „Das kann ich Ihnen nicht sagen, Sir. Sprechen Sie mit mir, oder kommen Sie vorbei.“

      Roberto legte einfach auf. Er hatte genug erfahren. Sie schirmten Freed ab.

      Roberto verließ das Gebäude und steuerte den Hangar an. Andres und der Pilot schoben gerade eine blauweiße Beechcraft Baron auf das Vorfeld.

      19

      Das Schloss zersplitterte unter Art Freeds Fußtritt, und die Tür sprang auf.

      Freed hechtete über die Schwelle. Noch bevor die Tür gegen die Wand knallte und zurückschwang, warf er sich zur Seite. Mit einem einzigen blitzschnellen Blick erfasste er die beiden Männer, die sich in dem Raum aufhielten und herumwirbelten. Einer von ihnen riss die Maschinenpistole an sich, die auf dem Schreibtisch lag. Geldbündel flatterten zu Boden.

      Art Freeds Hand kam automatisch hoch. Allein der Besitz einer Maschinenpistole stellte ein Schwerverbrechen dar, das gegen Bundesgesetze verstieß.

      Der zweite Mann krümmte sich zusammen. Freed sah aus den Augenwinkeln. Er kannte diese Bewegung nur zu gut. Sie war typisch für einen Mann, der eine Waffe aus dem Gürtelholster zog.

      Der Kerl mit der MPi Riss den Abzug durch. Etwas zu früh. Er hatte sich nicht die Zeit genommen, die Mündung tiefer zu halten.

      Das schwarze Mündungsloch leuchtete plötzlich rot auf. Blei jaulte über Freeds Schädel und prasselte über der Tür in die Wand. Das helle Peitschen der Schüsse klang wie eine Todesmelodie.

      Der Lauf kam herab.

      Freed jagte dem Schützen eine Kugel entgegen. Gleichzeitig ließ er sich auf ein Knie fallen.

      Im Todeskampf kippte der Kerl mit der MPi nach vorn und zeigte dem G-man einen spiegelnden Glatzkopf. Der Finger des Mafioso verkrampfte sich um den Abzug der Waffe. Die Kugeln zerfetzten den Flor des Teppichs, dann dämpfte der Körper des Toten das harte Stakkato, bis das Magazin leer war.

      Freeds Arm schnellte zur Seite. Über den Lauf des Revolvers hinweg sah er in die Augen des zweiten Mannes.

      „Versuch’s nicht, Augie“, sagte er wild. „Versuch’s nicht!“ Er wollte den Gangster nicht töten.

      Augie Orlando hatte den Colt halb herausgebracht. Jetzt stand er leicht vornübergebeugt da, bewegte sich nicht, peilte aus starren eisblauen Augen in Freeds Richtung. Er war ein gutaussehender Mann mit einem schmalen, rußfarbenen Gesicht und geschwungenen Lippen, die einen grausamen Zug aufwiesen. Das blauschwarze Haar bildete einen auffallenden Kontrast zu den hellblauen kalten Augen unter strichdünnen Brauen.

      „Freed!“ Pfeifend stieß der Gangster die Luft aus.

      „Yeah, Augie, ich bin’s. Und jetzt lasse sie fallen.“

      Augie Orlando öffnete die Finger. Der Colt polterte zu Boden. Der Mann richtete sich vorsichtig auf, dann streckte er Freed die Hände entgegen, wobei ein spöttisches Lächeln die Lippen kräuselte.

      Freed sah an Orlando vorbei auf die beiden Bildschirme die Monitore. Auf dem einen war der vordere Eingang zu erkennen. Soeben wurde die Tür geöffnet, und ein Mann betrat das Foyer des La Brace. Er trug eine Ledertasche. Auf dem zweiten Schirm flimmerte das Bild einer anderen Tür. Freed vermutete, dass es die Tür war, die nach hinten in den Gang führte, über den auch das Obergeschoß und die Geldsammelstelle zu erreichen war.

      Die Schüsse mussten gehört worden sein. Freed hatte nur noch wenige Sekunden Zeit, obwohl die Kamera unten in der Bar niemand zeigte, der sich der Tür näherte. Freed war ungemein froh, dass es ihm gelungen war, die beiden Wachen auszuschalten.

      Freed bückte sich neben dem toten Michele Taccani. Rasch filzte er dessen Taschen. Als er ein Schlüsselbund fand, nahm er es an sich. Orlando sah ihm zu, und so etwas wie Besorgnis ließ ihn die Augen zusammenkneifen. Wieder streckte er dem G-man die Hände entgegen.

      Freed deutete auf den Gang hinaus. „Raus da“, fauchte er. „Aber schnell.“

      Orlandos Gesicht wurde bleich und schlaff, die Lippen begannen zu zittern. „Was haben Sie vor, Freed?“, fragte er.

      „Wir machen eine Spazierfahrt, Augie. Raus jetzt.“

      „Nein, Freed, ich gehe da nicht raus! Ich warte, bis Ihre Leute kommen. Ich habe Anspruch auf ...“ Er verstummte, als er den grimmigen Ausdruck in Freeds Gesicht bemerkte. Er wich einen Schritt zurück, wobei er nach der Sprechanlage schielte, die auf dem Schreibtisch stand und von Geldbündeln fast begraben wurde.

      Aus dem Lautsprecher schnarrte eine Stimme. „Mr. Taccani, Piero ist hier. Kann er raufkommen?“ Orlando wollte sich über den Tisch werfen, seine Hand streckte sich, um auf die Sprechtaste zu schlagen

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