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dass Marlies in der Nachkriegszeit einer der beliebtesten Modenamen war.«

      »Doch, wollte ich gerade sagen.« Pfeffer grinste. »Danke, ihr seid klasse. Und hier, Bella, habe ich zwei Fotoabzüge von Hamed und Elvedin für dich. Du weißt Bescheid.«

      Nach der täglichen Pressekonferenz im Medienzentrum des Polizeipräsidiums verstreuten sich die Journalisten schnell. Seit dem Mord im Umfeld der bekannten Schriftstellerin und des angehenden Stadtpolitikers waren die Pressetermine immer gut besucht, nicht nur die üblichen Polizeireporter der Tageszeitungen kamen. Auch Giselle von Dettmann, die sonst nur bei enormem Klatschpotenzial an Polizeipressekonferenzen teilnahm (bei den Mordfällen Sedlmayr und Moshammer hatte sie damals selbstverständlich immer in der ersten Reihe gesessen), packte ihre Tasche und wollte eben gehen, als Hauptkommissarin Bella Hemberger an sie herantrat. Die Polizistin trug einen gut gefüllten Aktendeckel unter dem Arm.

      »Frau von Dettmann?«, sagte sie. »Haben Sie noch kurz Zeit für mich? Großartig.«

      Die beiden Frauen gingen hinaus auf den Flur.

      »Sie können sich vorstellen, dass mein Chef nicht sehr erfreut war, als er Ihren ersten Bericht über den Mord im Hause Förster gelesen hatte«, begann Bella Hemberger. Dann zwinkerte sie vertraulich. »Weil Sie Ihr Aufnahmegerät haben mitlaufen lassen, als wir Frau Förster befragt haben …«

      »Ich wusste nicht, dass ich das nicht verwenden darf«, log die Journalistin schlecht.

      »Keine Bange«, die Hauptkommissarin gab sich kumpelhaft. »Ist ja auch nichts passiert. Wissen Sie, Sie scheinen mir eine recht engagierte Recherche zu betreiben. Es wäre möglich, dass Sie Dinge erfahren, die wir noch nicht wissen. Sie haben da ja ganz andere Möglichkeiten als wir, die wir uns an alle möglichen Gesetze halten müssen. Daher würde ich gerne … hoppla …« Bella Hemberger rempelte ungeschickt gegen eine Feuerschutztür im Flur und ihr Aktendeckel fiel herunter. Lose eingelegte Papiere und Fotos verteilten sich auf dem Boden. »So ein Mist!«, fluchte Bella.

      »Ich helfe Ihnen.« Giselle von Dettmann bückte sich und half beim Aufsammeln. Sie stutzte kurz, als sie die großen Fotoabzüge von ­Hamed Bakhtari und Elvedin Saqqaf in die Hand nahm.

      »Ah, die beiden.« Bella Hemberger lächelte dankbar und nahm die Fotos an sich. Statt in den Aktendeckel zurück, legte sie die Fotos darauf.

      »Haben die Herren auch mit dem Mord zu tun?«, fragte Giselle von Dettmann betont unbefangen.

      »Das ist gut möglich. Sie verstehen, dass ich dazu nichts sagen kann.«

      »Vorhin in der Pressekonferenz hat Ihr Chef aber auch nichts dazu gesagt.«

      »Ja, na ja.« Bella Hemberger wand sich ein wenig. »Das sind mög­liche Zeugen, nach denen wir suchen. Das hat sich heute erst ergeben, und darum konnten wir es noch nicht für die PK vorbereiten. Morgen dann gehts an die Öffentlichkeit.« Sie legte die Mappe mit den Fotos obendrauf auf eine Fensterbank. »Na, ich hol uns erst mal einen Kaffee. Gleich um die Ecke ist ein Automat. Ja, ich weiß. Automat! Aber der macht echt den besten Cappu nördlich von Mailand. Müssen Sie probieren.« Sie lachte kokett. Die Reporterin lachte mit. »Bin gleich zurück.«

      Kaum war Bella Hemberger um die Ecke verschwunden, zückte Giselle von Dettmann ihr Smartphone und fotografierte die Porträts von Elvedin und Hamed. Als die Hauptkommissarin mit zwei Bechern dampfenden Cappuccinos zurückkehrte, nahm die Journalistin einen Becher und sagte: »Vielen Dank, aber ich habe ganz vergessen, dass ich noch einen Termin habe. Ich muss leider los und nehme den Kaffee to go.«

      21

      »Jaja, ich komm ja schon.« Herbert Förster schlüpfte in den Morgenmantel und lief barfuß durch das Arbeitszimmer zur Wohnungstür. Sein Blick fiel auf die Klamotten, die auf dem Boden verstreut lagen. Er bückte sich im Vorbeigehen und hob Jeans, T-Shirt und den schwarzen Sweater mit dem großen weißen ›Minga‹-Schriftzug auf. Es klingelte erneut. »Ja, Herrschaftszeiten!«

      Herbert Förster riss die Tür von seinem Arbeitsapartment, wie er es nannte, auf. »Susa?«, fragte er erstaunt. »Was machst du hier für einen Terror? Kannst du nicht anrufen, wenn du vorbeikommen willst?«

      »Ach, ich dachte, ich überrasche dich mal mit einem Frühstück.« Susa Förster hielt einen Bastkorb in die Höhe. »Alles dabei für ein Weißwurschtfrühstück.«

      »Was soll das, Susa?«

      »Was das soll?« Susa Förster drängte sich an ihrem Mann vorbei in die Wohnung, ihm flüchtig ein Bussi auf die Wange hauchend. »Ich denke, wir müssen mal reden. Und dich erwischt man in letzter Zeit kaum noch. Du bist ständig hier, übernachtest hier, und fast habe ich den Eindruck, dass du mir aus dem Weg gehst.«

      »Oh, Mann.« Herbert Förster stöhnte und kratzte sich mit der freien Hand am Hintern. Frisch aus dem Bett, ohne Gel im Haar, sah er aus wie ein geplatztes Sofakissen. »Susa-Maus, ich habe eine Kampagne für die Stadtratswahl vorzubereiten …« Es klingelte erneut. »Was denn noch?!«, rief Förster ungehalten.

      »Ich habe deine Mutter eingeladen.«

      »Du hast was?« Försters Stimme überschlug sich. »Du hasst sie. Ich hasse sie! Und sie hasst uns.«

      »Das stimmt, aber wir sind nun mal eine Familie, und es wird Zeit, dass wir versuchen, einen neuen Anfang zu finden. Besonders jetzt, in dieser unangenehmen Situation, mit dem Mord und so«, sagte Susa Förster, während sie den Korb in der Küchenecke auspackte. »Und gerade du solltest wegen der Wahl deine Familie nicht vernachlässigen.«

      Das Arbeitsapartment von Herbert Förster bestand aus einem kleinen Flur, von dem drei Türen abgingen. Eine führte in einen loftartigen Raum mit Schreibtisch, großer Sofalandschaft, riesigem Flachbildschirm und ein wenig Kunst. Alles schlicht und erlesen, genauso wie in der Villa in Harlaching. In einem Regal standen kleine ­Architekturmodelle von Häusern, die er billig gekauft, aufgemotzt und dann sehr teuer wiederverkauft hatte. Das Modell des aktuellen Objekts, ein historischer Vierseitenhof bei Tegernsee, den Herbert für die Familie ausbauen wollte, thronte auf dem großen Arbeitstisch. Eine Ecke in dem offenen Raum beherbergte eine moderne, bestens ausgestattete Küche. Die anderen Türen im Flur führten zu einem Schlaf- und einem Badezimmer. Das Schlafzimmer hatte noch eine zweite Tür in den großen Loftraum. Das Apartment befand sich im ausgebauten Dachgeschoss eines Gründerzeitaltbaus in der Elisabethstraße in Schwabing.

      Marlies Förster hatte sich herausgeputzt mit einer frischen roten Ranunkel im Haarband. Sie schwirrte überdreht in den Raum, nachdem Herbert ihr geöffnet hatte, drehte Pirouetten und trällerte überdreht: »Good morning!«

      »Hast deine Tabletten nicht genommen?«, knurrte Herbert. Er öffnete schnell die Tür zum Schlafzimmer, warf die zusammengesammelten Klamotten achtlos hinein und zog die Tür hinter sich zu.

      Susa setzte einen Topf mit den Weißwürsten auf und befüllte die Kaffeemaschine. »Klischee«, sagte sie trocken. »KKK. Die berühmten drei K: Kinder, Küche, Kirche. Ach, nee, doch vier Ks – Klischee!«

      »Selbst schuld, wenn du hier so reinplatzt«, grummelte ihr Mann. »Wer ist eigentlich bei den Kindern?«

      »Die Renate von schräg gegenüber. Bis elf Uhr kann sie aufpassen.«

      »Ich freu mich so, dass wir mal alle zusammenkommen«, flötete Marlies.

      »Hast du getrunken, Mutter?« Herbert schnüffelte. »Du hast getrunken. Früh um acht. Glückwunsch.«

      »Ein Piccolöchen für meinen Kreislauf. Das frühe Aufstehen. Das Wetter. Die Hitze. Und das im Mai. Nobody can stand that.«

      Bei Weißwürsten, Brezn und süßem Händlmaier-Senf (»Hast du keinen mittelscharfen Senf?«, motzte Herbert. »Kein Mensch isst Weißwürscht mit scharfem Mustard«, sagte Marlies. »Ich schon«, antwortete Herbert.) sowie Kaffee und alkoholfreiem Weißbier saßen sie dann schweigend und futterten. Die Spannung in der Luft war beinahe greifbar.

      »So, was ist jetzt?«, fragte Herbert Förster schließlich ungehalten und warf seine Serviette auf den leer gegessenen Teller. Er fingerte eine Packung

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