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war nun mal der Kükenschredderkönig.«

      »Pah«, machte Susa und kippte den Birnenschnaps in einem Zug hinunter. »Die anderen bringen nur die wenigen Fakten, die die Polizei bei der Pressekonferenz bekannt gegeben hat. Also praktisch nichts, außer der Tatsache, dass es einen Mord gegeben hat und das Opfer zufällig ein paar Tage die Woche bei mir als Kindermädchen arbeitet … gearbeitet hat.«

      »Meine Güte, reg dich nicht auf – Giselle hat halt ein bisschen mehr ausgeschmückt.« Tilda sog gierig an ihrer Zigarette und fuhr fort: »Ich habe schon mit ihr gesprochen. Sie ist ganz zerknirscht. Und sie möchte noch ein Exklusivinterview mit dir.«

      »Ha! Das kann ich mir denken.« Susa Förster kippte nun auch den Espresso in einem Zug hinunter. »Das kann sie aber so was von vergessen! Diese adoptierte Adelskuh, die sich hochgebumst hat.«

      »Angeheiratet, nicht adoptiert«, sagte Tilda trocken.

      »Sag ich doch. Hochgebumst.«

      »By the way: Ich habe ihr schon zugesagt.«

      »Dann sag ihr wieder ab! Du sollst meine Interessen vertreten!«

      »Susa, Darling. Du begreifst offenbar nicht, dass das die optimale PR für deinen neuen Krimi ist! Ganz unter uns, der ›Basti Daxlberger‹-Hype ist doch ein bisschen abgeflacht, nicht wahr. Die Auflagenzahlen sind bei den letzten beiden Titeln rückläufig. Leicht rückläufig, minimal rückläufig, aber eben doch rückläufig. Dein letzter Krimi hat es nicht mal unter die Top Five der Bestsellerliste geschafft. Und jetzt so was! Ein echter Mord bei der Münchner Mordspezialistin!« Tilda Fittkau klatschte in die Hände. »Großartig!«

      »Das ist …«, Susa zog die Stirn kraus, soweit es ihr die letzte Botox­behandlung noch erlaubte. »Das ist echt ziemlich … widerlich. Ich meine, da ist eine junge Frau ermordet worden …«

      »Jaja. Du wirst in deinem Interview natürlich ausführlich dazu Stellung nehmen, wie widerlich du es findest, dass sich die Medien nun auf dich stürzen und das ausschlachten. Zeig dich schockiert und so.« Tilda bestellte bei ihrer Sekretärin noch zwei Williams und zündete sich die nächste Zigarette an. »Und dass dein Mann kein Tittengrabscher ist. Das musst du unbedingt sagen. Ach, und stell dir mal vor, sie kramen die Geschichte mit deinem Bruder hervor. Oder noch schlimmer: Dein Bruder geht nach diesem Mord von sich aus an die Presse.«

      »Pffhh«, machte Susa Förster. »Mein Bruder. Was kann der Loser mir schon wollen!«

      »Er kann gegen dich Stimmung machen. Hallo! Er hartzt! Er ist bankrott. Er lebt in einem Loch, während seine Schwester in Luxus schwelgt. So was liebt der Boulevard. Nein, wir müssen alle Trümpfe in der Hand halten. Außerdem zahlen sie.«

      Susa legte den Kopf schräg und sah ihre Agentin an. »Genug?«

      Tilda Fittkau nickte.

      »Na gut.«

      Die beiden neuen Schnäpse kamen. Susa Förster kippte ihren hi­nunter und stand auf.

      »Glaubst du, dass das so eine spooky Geschichte ist, in der ein Psychopath die Morde aus dem Werk einer bekannten Krimiautorin nachstellt? Weißt schon.«

      »Wurde in einem deiner Bücher jemals ein Kindermädchen erdrosselt?«

      »Nein.«

      »Na also, Darling. Mach dir keine Sorgen.«

      »Danke, Tilda. Du kümmerst dich um alles? Gut. Ich muss dann los.«

      »So eilig?«, fragte Tilda.

      »Muss nach Schwabing, zu meiner Schwiegermutter.«

      »Whaat?«, rief Tilda Fittkau theatralisch und riss übertrieben die Augen auf.

      »Lange Geschichte«, winkte Susa Förster ab. »Wir verkehren jetzt wieder miteinander. Auf Geheiß meines Gatten hin. Vollidiot.«

      »Erzähl! Womit erpresst sie ihn!«

      »Was du wieder denkst, Tilda.«

      »Wetten, dass?« Die Agentin lehnte sich gegen ihren Schreibtisch und rauchte genüsslich. »Pass bloß auf, Darling, dass die Alte nicht auch noch an die Presse geht. Dein gestörter Bruder und außerdem eine gestörte Schwiegermutter, die ebenfalls am Existenzminimum herumkrebst – gar nicht gut, Susa, gar nicht gut. Deine Schwiegermutter könnte nicht nur Herberts Karriere gefährlich werden. Find heraus, was da genau läuft. Wir müssen vorbereitet sein. Hörst du? Binde sie mit ein, mach einen Deal mit ihr. Der Mord an sich ist negativ genug. Da brauchen wir nicht noch die hartherzige Krimiqueen, die ihre eigene Familie verhungern lässt, oder so.«

      »Jetzt dramatisiere das doch nicht. Wir nähern uns als Familie halt wieder an. Ganz normal.«

      »Warum glaube ich dir das nicht?« Tilda Fittkau warf resignierend die Arme dramatisch in die Höhe. »Na gut, du musst es wissen.«

      »Keine Zeit für weiteren Tratsch. Tschüss.« Susa Förster schnappte sich ihre Handtasche und ging.

      11

      »Passt grad nicht wirklich«, brummelte der Gärtner und lenkte den Handhubwagen geschickt unter einen der großen Betonkuben im försterschen Wintergarten. Die großen Pflanzbehälter standen auf Kanthölzern, um An- und Wegtransport zu erleichtern. »Ich muss heute die Oliven- und die Orangenbäume rausbringen. Der Winter ist längst vorbei. Gärtner haben viel Arbeit!«

      »Ein bisschen spät für die Oliven, oder? Ich stelle meine immer schon im März raus«, plauderte Pfeffer.

      »Klar, warum nicht. Oliven halten was aus«, sagte der Gärtner ­Beppo Schubert, »aber Orangen sind Diven! Wurscht. Ich mach das, was die Kundschaft wünscht. Die wollten die Bäume so lange wie möglich im Wintergarten behalten, zwengs der Atmosphäre oder so. Ich hab jetzt echt wenig Zeit für euch …«

      »Wir halten Sie nicht auf«, antwortete Max Pfeffer und tauschte mit Bella Hemberger einen Blick. »Wir folgen Ihnen einfach und Sie erzählen uns ein bisschen was.«

      »Und was?« Der Gärtner sah auf und grinste schief. Beppo Schubert war dreiundvierzig, hatte ein breites Arbeiterkreuz und ein paar Kilo zu viel auf den Rippen. Seine kurzen Haare und der gepflegte Bart waren durchgraut, noch nicht so komplett grau wie bei Pfeffer. Brustbehaarung kräuselte sich aus dem rot karierten, weit aufgeknöpften Flanellhemd heraus. Er war ein unauffälliger Typ, die Sorte Mann, die man überall sah und die nirgendwo auffiel.

      »Zum Beispiel, wie Sie mit dem Kindermädchen Polina Komarowa ausgekommen sind …«

      »Gut. Bestens.« Der Gärtner pumpte mit der Deichsel der Hubameise die Gabel so hoch, dass sie den Pflanztrog mit dem Olivenbaum anhob. Er zog die Ameise hinter sich her auf die Terrasse hinaus, während er weiterredete. »Sie war so ein nettes Mädchen. Ein bisschen schüchtern. Sie hat sich gut mit den Kindern verstanden, soweit ich das beurteilen kann. Dabei sind die Schrazen nicht so einfach. Ach, ich hab meine Arbeit, sie hatte ihre Arbeit.« Beppo Schubert zog die Ameise am Pool entlang bis zu dessen nördlichem Ende. Dort ließ er die Gabel herunter und setzte den Pflanzkübel gekonnt auf zwei vorbereiteten Kanthölzern ab. »Nummer eins hätten wir«, brummte er zufrieden und lächelte. Seine blauen Knopfäuglein blitzten fröhlich. »Wissen Sie, wir haben gerne mal miteinander geredet. Sie hat ein paar Mal mit den Kindern Gärtnern gespielt, und da habe ich sie unterstützt – ist ja nicht verkehrt, wenn die Kleinen ein wenig über Pflanzen lernen, oder? Sie war … nett. Ja, ich weiß, nett ist die kleine Schwester von scheiße, aber das war sie wirklich im besten Sinne. Nett. Ich glaube, sie mochte mich ziemlich. Nein, nicht was Sie jetzt denken! Mehr so daddymäßig, so als älteren Kumpel. Und ich mochte sie als nettes Mädel. Mehr kann ich nicht über sie sagen.«

      »Wissen Sie etwas über ihre Freunde? Angeblich hat sie für jemanden geschwärmt …«

      »Für mich jedenfalls nicht.« Der Gärtner lachte. »Vielleicht für Morty, den Sonnyboy von nebenan.« Er machte eine Kopfbewegung zum Nachbargrundstück.

      »Ist das dieser Mortimer?«, fragte Pfeffer.

      »Ja, Mortimer Olberding.

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