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auf den Oberarm.

      »Au! Sorry, war in der Nähe im Giesinger Bräu, Meeting mit … ach, interessiert dich eh nicht … wegen einer neuen cd … soll die Beats liefern … und dachte, ich schau mal kurz vorbei. Bin gleich wieder weg. Wollte nur kurz was mit dir besprechen. Bierchen?« Cosmo ging in die Küche und holte zwei Flaschen Augustiner aus dem Kühlschrank. Max Pfeffer trank nie, wenn er alleine war. Aus Prinzip und weil er keinen Bock darauf hatte. Bier gabs im Kühlschrank nur, weil ab und an jemand vorbeikam, eigentlich ohnehin nur seine Söhne, Freunde hatte er keine. Als Cosmo durchs Wohnzimmer ging, sagte auch er im Vorbeigehen »Hallo, Buddha«. Vater und Sohn setzten sich dann raus in den Garten auf die Bank, die noch ein wenig späte Sonne abbekam. Die Pfingstrosen blühten im schönsten Rosa, die Gold­akelei hielt mit frischem Gelb dagegen.

      »Geiler Tag«, meinte Cosmo zufrieden. Sie stießen an und tranken. Pfeffer zündete sich eine Zigarette an. »Hör auf mit dem Scheiß, Dad«, sagte Cosmo. Eher vor sich hin, denn er wusste, dass Standpauken keinen Sinn bei seinem Vater hatten.

      »Was hältst du davon«, begann Cosmo, »wenn ich den Zwerg rausschmeiße aus dem Haus.« Obwohl die Pfeffer-Söhne inzwischen beide erwachsene Männer waren, der eine bald Mitte zwanzig, der andere fast zwanzig, konnten sie nicht mit der infantilen Kabbelei aufhören. Cosmo nannte seinen kleinen Bruder Florian fast immer Zwerg oder Spast. Florian konterte mit Honk und Vollpfosten. Machtworte von Max Pfeffer hatten nie gefruchtet, und er fragte sich, ob die beiden sich auch noch als alte Männer so anpflaumen würden. Höchstwahrscheinlich. »Du weißt ja, der Zwerg wohnt mit seiner Maus unten.« Florian war ganz im Gegensatz zu Cosmo alles andere als ein Hallodri. Er hatte mit sechzehn seine erste Freundin, und bislang war es auch die einzige. Es sah ganz danach aus, als würde diese Schülerliebe eine lebenslange werden. »Und ich habe das Obergeschoss. Da hab ich schon einiges umgebaut. Mein Studio eingerichtet und so …«

      Max Pfeffer wusste das. Als sie so auf der Bank saßen, breitete ­Cosmo also seinem Vater die Zukunftspläne aus. Er wollte seinen Bruder auszahlen (»Geld genug habe ich«), damit der aus dem gemeinsam von der Mutter geerbten Haus auszog und sich etwas Eigenes suchen konnte. Dann wollte er das Haus komplett umbauen zu einem Aufnahmestudio mit Wohntrakt für sich und einer weiteren Wohnung (»Das kann ich als Gesamtpaket auch mal an Bands oder so vermieten«).

      »Verdienst du so gut?«, fragte Pfeffer zwischenrein.

      »Ja, Dad. Keine Sorge. Und ich muss einfach Schulden machen, damit das Finanzamt nicht alles auffrisst. Ach, apropos. Tim und du, ihr habt doch vor ein paar Jahren die gesamte Installation im Haus erneuern lassen, Bäder und Küche und so. Das hat doch sauviel Geld gekostet.«

      »Hat es«, bestätigte Pfeffer.

      »Das zahle ich dir zurück.«

      »Musst du nicht.«

      »Doch, möchte ich aber. Ihr habt das Haus über all die Jahre für uns in Schuss gehalten. Für den Zwerg und mich. Ihr habt euer Geld in unser Haus gesteckt. Jetzt möchte ich dir was zurückgeben.«

      »Dann überleg dir was anderes«, sagte Pfeffer.

      »Was denn?«

      »Keine Ahnung. Lad mich zu einer schicken Reise ein oder so.«

      »Okay«, sagte Cosmo gedehnt.

      »Keine Angst«, lachte Pfeffer. »Du musst nicht mit mir verreisen! Ich lass mich aber gerne mit einer sauteuren exklusiven Reise an ferne Gestade überraschen.«

      »First-Class-Flug?«

      »Mindestens.«

      Sie lachten, wobei Cosmo es ernst meinte und insgeheim beschloss, seinen Vater mit einer Luxusreise nach Australien zu überraschen, First-Class-Flug inklusive.

      Und so verging der Abend, sie ratschten, bestellten später Pizza beim Lieferservice und ratschten weiter. Pfeffer vergaß bis auf einen Augenblick den Mord und alles drumherum, sie ratschten, bis Cosmo irgendwann nach Hause ging. Es war einer der schönsten Abende, die Max Pfeffer in den letzten Monaten erlebt hatte. Einfach so.

      15

      Erdal Zafer ließ die Verdunklung im Besprechungsraum herunter und richtete den Beamer ein. Frühbesprechung für alle, die an dem Fall Polina beteiligt waren. Froggy war bestens vorbereitet und freute sich, dass der Chef ihm die Moderation übertragen hatte. Beinahe konnte er ihm sogar in die Augen sehen.

      »So, meine Damen und Herren«, sagte Pfeffer. »Danke, dass Sie alle gekommen sind. Fangen wir gleich an. Bitte, Kollege Zafer.«

      Froggy begann mit der Präsentation. »Wir haben nach Polina ­Komarowas Kontakten in den sozialen Medien gesucht. Danke hier an die Kollegen vom Cybercrime, die mich so unkompliziert und auf dem kleinstmöglichen Dienstweg unterstützt haben.« Alle klopften auf die Tischplatten. Die entsprechenden Kollegen nickten lächelnd. »Unser Opfer war nicht sehr viel online unterwegs. Wir haben sie auf keiner der beliebten Dating-Plattformen oder so gefunden. Auch nicht auf Facebook.«

      »Auf Facebook sind doch eh nur noch die Alten«, warf eine junge Kollegin von der Spurensicherung ein. Die anderen Unter-Dreißigjährigen lachten.

      Froggy räusperte sich. »Wir haben sie bei Instagram und bei TikTok aufgespürt. Für alle, die nicht wissen, was das ist, das ist eine chinesische App, ein Videoportal für Musikvideos und kurze Videoclips. Die meisten posten dort Lip-Syncs von bekannten Stars.« Er startete ein Video, auf dem man Polina im Sari zu indischer Musik tanzen sah. »Dort sind praktisch nur solche Tanzvideos von und mit ihr. Wenige, möchte ich betonen. Sie hat auf TikTok und Instagram nur wenige Follower. Allerdings haben wir dann doch noch was gefunden: Sie war auf vk.com ziemlich aktiv! Auch hier: Für alle, die es nicht kennen, das war früher mal VKontakte.com, Russlands Antwort auf Facebook. Sehr beliebt. Dort war Polina gut unterwegs.« Froggy ließ schnell hintereinander mehrere Einträge durchlaufen. »Leider alles in kyrillisch, also russisch. Ich habe mir schon mal ein paar Postings von unserer Dolmetscherin übersetzen lassen. Es geht meist um Bollywood und indische Filme. Und um Schwärmerei für einen gewissen … Har… Chr…Riht… jedenfalls Roshan …«

      »Hrithik Roshan«, rief eine Kollegin. »Kennt doch jeder.«

      »Jeder vielleicht nicht, eher jede«, konterte Froggy für seine Verhältnisse verdammt schlagfertig. »Dieser Hrithik Roshan ist ein Superstar im indischen Kino. Für den hat sie also geschwärmt und sich mit anderen russischen Mädchen ausgetauscht. Es ging um nichts anderes. Offenbar sind einige von ihnen Freundinnen aus ihrer Kindheit, bevor die Familie nach Deutschland kam.« Er ließ weitere Screenshots durchlaufen. »Sie erwähnt in anderen Postings gelegentlich die Försters, aber quasi nur, um damit vor den Freundinnen anzugeben. So diese ›Ich bin Kindermädchen bei einer großen Schriftstellerin‹-Nummer und so. Einmal erwähnt sie den Nachbarjungen, ohne seinen Namen zu nennen.«

      »Halt!«, rief Pfeffer plötzlich. »Mach mal zurück. Nein, noch ein Bild, ja, stopp.« Auf dem Bild sah man einen Garten mit blühenden Bäumen, unter einem der Bäume stand ein junger Mann, der gerade in Richtung Kamera blickte. Zufällig, nicht in Pose.

      »Der sieht ja aus wie Hrithik Roshan«, rief die Kollegin aus, die vorhin meinte, dass den jeder kenne. »In jung.«

      »Richtig«, bestätigte Pfeffer. »Nur ist das der Garten von Familie Förster, wo Polina als Kindermädchen gearbeitet hat. Das hier müsste also Hamed sein, von dem Mortimer erzählt hat.« Er erklärte kurz die Zusammenhänge.

      »Der heimliche Schwarm«, sagte Bella Hemberger. »Was blüht da? Apfel?«

      »Zwetschge«, sagte Froggy. »Dieses Jahr war die Baumblüte recht früh wegen des milden Winters, die Fotos sind im März entstanden.«

      »Zu diesem Hamed, Bella, findet ihr bitte alles heraus«, sagte ­Pfeffer. »Ich möchte ihn morgen hier in meinem Büro haben. Danke.«

      »Klar, Chef«, sagte Bella und sortierte ihre Unterlagen. »Ich habe übrigens folgende Neuigkeit: Die Kollegen haben doch noch das Objekt gefunden, mit dem Polina im vaginalen Bereich malträtiert wurde. Es ist das abgesägte obere Ende eines Holzstiels, völlig handelsüblich, vierundzwanzig Millimeter

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