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so viele Überstunden machen, dass wir kaum dazu kommen, einen Blick in irgendwelche Spielzimmer zu werfen!"

      Da war er also! Des Pudels Kern, der bei jedem Missstand als Argumente-Knüppel aus dem Sack geholt wurde! Die personelle Unterbesetzung, die vielen Überstunden! Zum fünfhundertsten Mal mussten sie für alles herhalten, was nicht stimmte.

      Es dauerte schier endlos, bis meine Aussage endlich auf dem Papier war, denn Müller-Sowieso beherrschte sein Zwei-Finger-Suchsystem nicht besonders gut.

      Ich bot ihm an, selbst in die Tasten zu hauen. Schließlich hatte ich meine ersten Romane auf einer Maschine getippt, die noch schlechter war als die, die da jetzt zwischen uns auf dem Schreibtisch stand.

      Aber das lehnte er ab. Warum, das sagte er mir nicht. Vermutlich ging es ihm gegen die Ehre. Zu dumm, dass mich sein Stolz so viel Zeit kostete. Zeit genug, um ein paar Seiten an den › Gnadenlosen Wölfen‹ herunterzureißen. Im Kopf rechnete ich den Verlust aus.

      Ich sollte Müller-Sowieso auch auf Schadensersatz verklagen!, dachte ich. Ihn und den toten Lammers - posthum sozusagen - und vielleicht auch noch die unbekannte Schöne mit den grüngrauen Augen und noch ein paar andere Leute, die mir in letzter Zeit auf die Nerven gegangen waren oder mich sonstwie von meiner Arbeit abgelenkt hatten!

      Leider würde sich meine Rechtsschutzversicherung wohl weigern, solche Fälle zu übernehmen!

      Stück um Stück kamen wir vorwärts, und endlich konnte ich dann meine drei Kreuze unter das Schriftstück setzen.

      Müller-Sowieso seufzte erleichtert. Ich seufzte auch.

      Und dann kam Rehfeld. Müller-Sowieso verzog sich und nahm die Schreibmaschine mit, während Rehfeld seinen Mantel auszog und an einen Haken hängte. Dann setzte er sich dorthin, wo zuvor Müller-Sowieso gesessen hatte.

      Die Hydraulik des Bürostuhls gab einen seltsamen Laut von sich, als er niederplumpste.

      "Sie war also bei Ihnen, Herr Hellmer."

      "Richtig. Das habe ich Ihnen ja am Telefon gesagt."

      "Sie hat sich nicht zufällig vorgestellt und Ihnen ihre Adresse gegeben?"

      "Nein."

      "Zu schade!"

      "Sie war nicht sehr gesprächig! Und sie wollte sich partout nicht mit Ihnen unterhalten!"

      Rehfeld lachte heiser und kehlig, wobei sein Doppelkinn vibrierte. "Wird wohl einen Grund dafür haben, die Dame ..."

      Und dann zog er ein Foto hervor und legte es mir unter die Nase. Ich sah kurz hin. Dort war ein junges Mädchen zu sehen mit Punk-Frisur und einer Sicherheitsnadel im linken Ohrläppchen. Das Gesicht war zu einer Fratze verzogen.

      "Wer soll das sein?"

      "Schauen Sie mal genau hin! Könnte das nicht die Frau sein?"

      "Die, die mir begegnet ist, war besser angezogen! Und auch älter."

      "Das Foto ist acht Jahre alt!"

      Ich nahm das Bild mit zwei Fingern und sah es mir noch einmal an. Und dann sah ich es auch. Ja, sie war es. Ein paar Jahre jünger und furchtbar zurechtgemacht, aber sie war es, da konnte es nicht den Hauch eines Zweifels geben. Ich weiß nicht, was es war, das mich so sicher machte. Vielleicht ihre Augen. Die hatten sich nicht verändert, nicht ein bisschen. Ein Gesicht kann man schminken, Haare können gefärbt, gerollt, gewickelt oder sonstwas werden.

      Aber Augen?

      Ich nickte also. "Sie ist es."

      "Gott sei Dank", seufzte Rehfeld.

      "Warum?"

      "Weil wir dann wenigstens etwas haben."

      "Wer ist sie?"

      "Sie heißt Annette Friedrichs und hat ein ziemlich trauriges Leben hinter sich. Erziehungsheim, Ausbruch, Ladendiebstahl, ein anderes Erziehungsheim, Motoraddiebstahl, Einbruch, Prostitution und so weiter und so fort. Dieses Foto wurde gemacht, als sie gerade angefangen hatte, mit Koks zu dealen."

      "War sie süchtig?"

      "Es würde mich wundern, wenn es anders wäre!"

      "Wie haben Sie sie so schnell ausfindig machen können?"

      "Ihre Telefonnummer stand in Jürgen Lammers Adressbuch."

      "Dann wissen Sie doch sicher auch, wo sie wohnt."

      "Nur, wo sie gemeldet ist."

      "Verstehe ich nicht."

      "Wir haben ihrer Wohnung einen Besuch abgestattet."

      "Und?"

      "Sie war nicht da. Die Post von Wochen stapelte sich im Briefkasten."

      "Merkwürdig ..."

      "Ja, nicht?"

      Ich legte das Foto wieder auf den Tisch. "Kaum zu glauben, dass das dieselbe Frau ist. Sie scheint Karriere gemacht zu haben. Ihr Outfit war nicht von schlechten Eltern."

      Rehfeld zog sich den dicken Windsorknoten an seiner Gurgel zurecht.

      "Fragt sich nur, womit sie Karriere gemacht hat. Gelernt hat sie nämlich nichts. Und sie hat auch weder zum Einbrecher noch zum Koks-Dealer viel Talent bewiesen! Schließlich ist sie bei beidem erwischt worden."

      "Wer weiß, vielleicht hat sie ja dazugelernt."

      "Glaube ich nicht."

      "Dann hat sie wohl noch andere Talente."

      "Was meinen Sie damit?"

      Ich zuckte mit den Schultern. "Sie sieht gut aus. Sie wird sich jemanden angelacht haben, dessen Brieftasche dick genug war, um sie auszuhalten."

      Damit stand allerdings wohl fest, dass es sich bei diesem Jemand auf keinen Fall um einen Schreiber von Heftromanen handeln konnte!

      "Wenn sie sich bei Ihnen meldet ..."

      Ich runzelte die Stirn. "Weshalb sollte sie das?", fiel ich dem dicken Rehfeld ins Wort.

      "Was weiß ich? Sie ist einmal in Ihrer Wohnung gewesen. Vielleicht laufen Sie ihr ja noch mal über den Weg."

      "Was soll ich dann tun? Ihr Ihre freundliche Einladung überbringen? Das habe ich bereits einmal versucht. Ohne viel Erfolg."

      Ich erhob mich.

      Irgendwie verstand ich Rehfelds Dilemma. Er konnte schließlich nicht die Betten sämtlicher vermögenderer Herren im Umkreis von 20 Kilometern durchsuchen.

      "Was hat diese Annette eigentlich mit Lammers zu tun?", fragte ich.

      Rehfeld zuckte mit den Schultern. "Nichts. Außer, dass sie in seinem Adressbuch stand."

      "Vielleicht war Lammers ja derjenige, der sie aushielt."

      Diese Vermutung klang ziemlich behämmert, aber jetzt war sie einmal ausgesprochen und ließ sich nicht wieder rückgängig machen.

      Lammers schien mir nicht zu jenen zu gehören, die finanziell in der Lage waren, sich eine Geliebte zu halten, mit Exklusivrechten, sozusagen.

      Wenn er vermögend gewesen wäre, hätte er sicherlich eine andere Wohnung gehabt.

      Nein, zu jemandem wie Lammers passte es eher, sich zweimal im Jahr einen Besuch im Eros-Center zu leisten. Und wahrscheinlich musste er da schon fleißig drauf sparen!

      Aber genau in dem Punkt irrte ich mich, wie sich herausstellen sollte.

      "Seltsam, dass Sie das sagen", meinte Rehfeld und stand jetzt ebenfalls auf.

      Der Unterton, in dem er das gesagt hatte, gefiel mir nicht. Es war der Pass-nur-auf-ich-krieg-dich-schon-Ton, den die Fernsehkommissare immer dann an sich hatten, wenn sie sich ganz sicher waren, dass ihr Gegenüber Dreck am Stecken hatte.

      Rehfeld kam zu mir herüber,

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