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behielt seinen unschuldig fragenden Gesichtsausdruck bei.

      »Sie hätten Arbeit für mich, Señor?«

      »Ich hätte Arbeit für deine Schwester, Compadre.«

      Antonio blieb naiv.

      »Für meine Schwester? Aber wir wollen uns nicht trennen, Señor. Wir sind Waisen. Wir wollen zusammenbleiben. Wenn Sie einen Job für sie haben, dann kann sie ihn nur nehmen, wenn ich in ihrer Nähe bin. Ich bin für Layla verantwortlich, Señor, das verstehen Sie doch sicher?«

      »Aber gewiss doch«, antwortete Sarto Singal. »Am besten, wir unterhalten uns in aller Ruhe darüber. Meine Einladung zum Frühstück gilt. Wollt ihr mir nicht folgen?«

      Der Bandit wartete, bis Layla und Antonio sich erhoben. Dann drehte er sich um und ging voraus zur Bodega hinüber. Die beiden folgten ihm.

      Antonio zerrte im Rücken Sarto Singals an seinem Revolver, doch ein strafender Blick Laylas traf ihn, und da nahm er die Finger wieder von der Waffe.

      Trotzdem behielt er die Möglichkeit im Auge, dass er den Vorausgehenden vielleicht noch in die Schulter und damit kampfunfähig schießen konnte. Der Mann mit dem exotischen Gesichtszuschnitt würde das überleben und somit als Zeuge zur Verfügung bleiben.

      Die Chance war vertan, als sie die Bodega betraten.

      Drei weitere Männer erwarteten sie. Einer von ihnen pfiff anerkennend durch die Zähne, als er Layla sah.

      »Du bist doch noch fündig geworden, Sarto? Wo war sie versteckt?«

      »Halts Maul, Lopez. Die beiden kommen aus Carrizal und suchen ‘nen Job. Das Frühstück ist fertig? Ich hab sie eingeladen.«

      »Ich muss noch ein paar Eier in die Pfanne hauen. Mit Besuch hab ich nicht rechnen können.«

      »Dann verschwinde, Lopez.« Und an Layla und Antonio gewandt: »Nehmt doch Platz. Es wird ein paar Minuten dauern. Bis dahin können wir uns schon einig sein. Wie alt ist deine Schwester, Amigo?«

      »Ein Jahr älter als ich«, antwortete Antonio. »Neunzehn.«

      Sarto Singal zog Layla mit seinen Blicken aus.

      »Hm. Gut entwickelt. Du hast eine sehr hübsche Schwester, weißt du das, Compadre?«

      Antonio nickte eifrig.

      »Die schönste, Señor. Wie war das mit dem Job?«

      Die drei setzten sich. Sarto Singal griff nach einem Hemd, das über einer Stuhllehne hing und schlüpfte hinein.

      »Wir sind unterwegs nach Texas«, erklärte Sarto Singal leutselig. »Deine Schwester kann dort in einem Saloon arbeiten und jede Menge Geld verdienen. Dich könnte ich vielleicht im dazugehörigen Hotel unterbringen. Du sprichst englisch?«

      »Un poco, Señor.«

      »Es wird schon gehen. Du kannst lesen?«

      »Nicht sehr gut, Señor.«

      »Macht nichts.«

      »Meinen Namen kann ich schreiben, Señor.«

      »Blendend. Dann machen wir doch gleich den Vertrag. Du wirst es nicht bereuen, Amigo.« Sarto Singal griff neben sich auf den letzten freien Stuhl, auf dem eine abgewetzte Ledertasche lag. Er zog ein Formular heraus und legte es auf den Tisch.

      »Das ist ein Arbeitskontrakt, Junge, der deiner Schwester einen Wochenlohn von zwei Goldpesos garantiert.«

      Antonio machte pflichtschuldig große Augen.

      »Zwei Goldpesos, Señor? Ist das nicht eine Menge Geld?«

      »Sicher ist es das, Junge. Und jetzt unterschreib hier. Es ist schon alles vorbereitet.«

      Sarto Singal wies mit dem Finger auf die Stelle, wo Antonio unterzeichnen sollte. Doch der Junge zögerte.

      Das alles ging ihm viel zu schnell. Er hatte sich überhaupt nicht beweisen können. Doch im Augenblick musste er wohl gute Miene zum bösen Spiel machen.

      Er nahm den Graphitstift, den Sarto Singal ihm reichte, und krakelte seinen Namen unter das Schriftstück.

      Aber vorher las er es noch durch, denn Antonio konnte durchaus lesen.

      Er wusste, dass er da einen Verkaufsvertrag blanko unterschrieb. Einen Vertrag über einen Menschenhandel …

      War damit der Beweis erbracht, den Saltillo brauchte? Durfte er jetzt endlich diesen Burschen zeigen, was für ein Kerl er war?

      Sarto Singal nahm das Dokument an sich, faltete es wieder sorgfältig zusammen, und steckte es in die Tasche zurück.

      Vorher hatte er freundlich geschaut, aber jetzt gefror seine Miene zu Eis. Ein maskenhaft starres Lächeln veränderte seine Züge. Er ähnelte nun einem zähnefletschenden Wolf.

      »Damit ist wohl alles erledigt, Compadre«, sagte er. »Würdest du jetzt so freundlich sein und mir deinen Revolver geben? Du wirst ihn nicht mehr brauchen.«

      Antonio zögerte. Alle Felle waren ihm davon geschwommen. Der Bursche hatte ihm nicht den Hauch einer Chance gelassen.

      Aus war es mit dem Traum, Saltillo durch eine besonders tapfere Handlungsweise zu imponieren.

      Und dieses Wissen des Versagt-habens produzierte einen Kurzschluss in Antonios Denken.

      Er griff nach seinem Revolver, der in der grünen Schärpe hing, aber nach Singals Geschmack tat er das viel zu schnell.

      Antonio hatte die Hand noch nicht am Kolben, als der Bandit auch schon die geballte Rechte auf die Reise schickte.

      Sie explodierte genau am Kinnwinkel Antonios, und der Vaquero fiel rücklings vom Stuhl.

      In einem letzten Reflex drehte er sich noch in die Bauchlage. Seine Gitarre durfte schließlich keinen Schaden nehmen.

      8

      Saltillo schaute auf.

      Von Westen zog eine Staubwolke genau auf ihr Camp zu.

      Und gerade jetzt konnte er eine Störung absolut nicht gebrauchen.

      Er war eben dabei, seine Männer aufzuteilen, damit sie den zu erwartenden Mädchenhändlern einen prächtigen Hinterhalt bereiteten.

      Saltillo hatte sich alles genau überlegt.

      Es war nur ein einzelner Reiter, der sich dem Tümpel näherte. Je geringer die Distanz wurde, um so bekannter kam ihm dieser Mann vor. Die Haltung passte haarscharf auf einen neugewonnenen Freund – Colonel Esteban Moreno, dem Saltillo aus einer empfindlichen Patsche geholfen hatte.

      Moreno hatte als Offizier einer Gruppe von Rurales die schwer lösbare Aufgabe gehabt, einem mordbrennenden Rebellen Santamara und seiner Mannschaft das schmutzige Handwerk zu legen.

      Saltillo hatte entscheidend dazu beigetragen, dass dem jungen, sympathischen Offizier das auch gelang. Esteban Moreno stand tief in seiner Schuld. Saltillo hatte die Kastanien aus dem Feuer geholt, der Colonel den Lorbeer dafür eingeheimst.

      »Ihr könnt euch zeigen«, beruhigte Saltillo seine Gefährten. »Das ist der Colonel. Der Teufel mag wissen, was ihn hierher führt.«

      »Wir könnten den Mann zum Beispiel fragen«, schlug Buck Mercer vor.

      Saltillos Vaqueros tauchten aus ihren Deckungen auf.

      Colonel Esteban Moreno sah sich plötzlich umringt. Er riss sein Pferd auf die Hinterhand. Die Hufe schlugen, die Kandare drückte hart in den Gaumen des Tiers.

      Aber da trat Saltillo schon heran und fiel dem Pferd in die Zügel.

      »Holla, Señor Moreno. Ich habe nicht erwartet, Sie so schnell wiederzutreffen. Ich dachte, Sie hätten Ihre Männer in die Garnison zurückgeführt.«

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