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die Sonne in meine Lokal!“

      Yvette strahlte ihn an. Ja, es war eine gute Entscheidung gewesen, sie heute hierher einzuladen. Sie hatte entschieden eine Vorliebe für dieses kleine Restaurant und seinen drolligen Wirt, der kaum die Augen von ihr lassen konnte. In exklusiveren – wohin er sie auch manchmal führte – war sie nie so locker und gelöst wie hier.

      Unter vielen Verbeugungen führte Marco sie zu ihrem gewohnten Tisch in der Nische. Er rückte für Yvette den Stuhl zurecht und schenkte ihr ein breites Lächeln.

      „Heute bieten wir pesce alla griglia, mit Gemüse. Außerdem Muscheln aus Süditalien, molto fresco! Meine Frau sie kocht in einer Soße aus Weißwein, ich sage, ein Gedicht! Sie werden sie lieben, Signora!“

      David entschied sich für den Fisch, Yvette nahm die Muscheln. Dazu einen trockenen Weißwein.

      Anfangs hatte David sie zu Aperitif und Vorspeise gedrängt, doch sie hatte immer abgelehnt. Dachte sie an die Kosten? Aber er war es ja, der die Rechnung übernahm. Und an ihrer Figur konnte es auch nicht liegen. Die war einfach perfekt!

      Vielleicht hatte sie einfach großen Hunger? Heute ging es ihm genauso, sein Magen knurrte, er könnte sofort einen Hai verschlingen.

      Marco stellte ein Körbchen mit salzigen Brötchen vor ihnen ab. David griff sofort danach, bestrich es dick mit Kräuterbutter. Ah, das half! Jetzt war er bereit für das Tischgespräch.

      „Ist Isa gut angekommen?“, erkundigte er sich.

      Yvette lächelte ihn an, nahm ebenfalls ein Brötchen und nickte.

      „Sehr gut sogar. Sie hat direkt nach der Landung eine Nachricht geschickt. Im Flugzeug saß sie neben einem jungen Mann mit gleichem Ziel und war ganz begeistert von ihm.“

      „Hat sie nicht einen Freund?“

      Er erinnerte sich vage an einen hübschen blonden Jungen, der ihm in der Wohnung entgegengekommen war. Doch Yvette schüttelte den Kopf.

      „Viele Freunde. Aber im Moment keinen festen. Sie hat mit siebzehn eine ziemliche Enttäuschung erlebt, seitdem flirtet sie zwar hier und da, verliert aber ihr Herz nicht mehr so schnell.“

      „Wie die Mutter …“

      Er griff nach ihrer Hand. Doch sie entzog sie ihm sanft. Wirkte wieder verloren, als sie sagte:

      „Es ist gut, wie es ist.“

      War es das wirklich? Er fragte es sich immer wieder.

      Ihre Beziehung währte nun schon fünf Monate, doch Yvette sprach immer noch leichthin von einer Affäre.

      Sie trafen sich mal am Wochenende, mal zwischendurch, immer nur für einen Abend, höchstens eine Nacht.

      Doch wenn er ehrlich war: Für ihn waren fünf Monate schon fast rekordverdächtig. Seit sich Larissa von ihm getrennt hatte – und das war immerhin schon sechs Jahre her! – war er nicht mehr über ein paar One-Night-Stands hinausgekommen.

      War es ihre Schönheit, die ihn immer wieder neu in ihren Bann zog? Diese Augen, diese Lippen, dieses Dekolleté …

      Yvette blickte von ihren Muscheln auf und errötete.

      „Und? Wie war deine Geschäftsreise? Wo warst du diesmal?“, lenkte sie ab.

      „Ach, habe ich es nicht erzählt? In deinem Heimatland. Allerdings in der Provence. Wo kommst du eigentlich genau her?“

      Das hatte er sie schon einmal gefragt. Beim ersten Kennenlernen. Der Name Yvette war ja wirklich ungewöhnlich. Doch es schien die Standardfrage zu sein. Prompt hatte sie ihn abgespeist: „Aus dem Ruhrpott! Geboren und aufgewachsen.“

      Mittlerweile allerdings kannte er sie gut genug. Hatte gehört, wie sie mit ihrer Katze französisch sprach. Deshalb bohrte er noch einmal nach, sah sie unverwandt an, bis sie schließlich nachgab.

      „Meine Mutter kam aus einem Dorf in der Haute-Provence. Ich war aber nur einmal dort.“

      Sie schien einen Moment in Erinnerung zu versinken.

      „Das Haus meiner Großeltern stand am Rand des Dorfs. Ein paar Felder, ein dichter Wald. Zur Zeit der Lavendelblüte muss es dort sehr schön sein. Aber es war Frühjahr und es regnete die ganze Zeit. Grau in grau und so beklemmend! Die anderen Dorfbewohner bekamen wir kaum zu Gesicht. Mamans alte Freunde waren alle weggezogen, in die großen Städte. Grand-mère und Maman stritten ständig. Es war furchtbar!

      Wir hatten danach kaum mehr Kontakt. Maman bestand nur noch an Weihnachten darauf, dass ich Bilder malte, die wir ihnen dann schickten. Doch nach Mamans Tod war das auch vorbei.“

      Yvette fröstelte und trank hastig ihr Glas leer. Die Erinnerung schien sie sehr mitzunehmen. David wollte nicht weiter in sie dringen, besser lenkte er ab.

      „Bist du zweisprachig aufgewachsen?“

      Darauf ging sie bereitwillig ein: „Teils-teils könnte man sagen. Wenn Maman mit mir allein war, sprach sie französisch. Ich glaube, weil es sich für sie natürlich anfühlte. Und ich habe ihr auch so geantwortet. Es schuf eine Bindung zwischen uns, wie eine Geheimsprache.“

      „Und mit deinen eigenen Kindern?“

      Sie zuckte die Schultern.

      „Ich habe es versucht. Die ersten Jahre. Aber es war nicht einfach. Wir wohnten damals ja auf dem Dorf. Ich war und blieb die Fremde. Und wenn ich mit den Kindern französisch sprach, starrten mich alle an wie eine Außerirdische.“

      Yvette lächelte, doch es erreichte ihre Augen nicht.

      „Außerdem hatten die Zwillinge ihre eigene Sprache, mit der sie untereinander redeten. Ein buntes Gemisch aus Wortfetzen, die nur sie selbst verstanden. Eines Tages nahm mich die Kindergärtnerin zur Seite und empfahl mir, Deutsch mit den Jungs zu sprechen. Sonst würde es zu einer Sprachverwirrung kommen. Da habe ich dann aufgehört.“

      „Schade.“ David nahm einen Bissen Fisch. Wirklich ausgezeichnet, er zerging auf der Zunge! „Ich war bei einem Geschäftspartner zu Gast. Seine Kinder sprachen mit ihm deutsch, mit seiner Frau französisch. Es sei für alle wunderbar, haben sie mir erklärt.“

      „Ja, vielleicht habe ich da einen Fehler gemacht, wusste wohl schon damals, dass es ein Fehler war. Aber dieser Druck, dieser wahnsinnige Druck, ich habe ihn einfach nicht ertragen.“

      Yvette starrte vor sich hin. Er nahm ihre Hand.

      „Lass es gut sein. Du kannst es nicht mehr ändern.“

      Doch es schien sie weiter zu beschäftigen.

      „Mit Isa spreche ich manchmal Französisch. Sie liebt die Sprache und ist ja deshalb auch nach Kanada gegangen. Die Jungs sind da anders, mehr englisch. Zumindest Florian. Er beruflich manchmal in London.“

      Es wunderte David immer wieder, dass diese schlanke Frau drei Kinder geboren hatte. Isa war Yvette sehr ähnlich, allerdings etwas kleiner und ihr Haar dunkler. Die Jungs kamen angeblich mehr nach dem Vater. Der damals Yvette mit ihren drei Kindern einfach im Stich gelassen hatte. Aber das ahnte David nur. Auch darüber sprach sie nicht.

      Eine Weile widmete sich Yvette wieder ihren Muscheln. Trank ihren Wein. Fand wieder in die Gegenwart.

      „Und wo warst du jetzt genau?“

      Themenwechsel. Sie hatte ihm einen Einblick in ihr Leben gewährt. Mehr, als er erwartet hatte. Nun zog sie sich wieder zurück, warf ihm den Ball zu. David nahm ihn gutmütig an und begann, von seiner Geschäftsreise zu erzählen.

      „In Aubagne.“

      Er geriet ins Schwärmen.

      „Ich hatte viel zu tun. Aber abends, da saß ich mit einem Pastis an der Straße und schaute einfach den Menschen zu. Überall war Leben! Selbst in den späten Stunden. Alle schlenderten umher, trafen sich, aßen und lachten miteinander. Genossen ihr Dasein! Nicht wie hier, nur Hektik und Stress. Weißt du was? Lass uns doch mal nach Frankreich fahren! Gemeinsam,

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