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wieder einmal beeindruckt vom kulinarischen Genius seines Leibarztes.

      Nach dem Essen ließ sich besser verhandeln. Satte Gäste waren leichter für Zugeständnisse zu gewinnen. Das wusste die Führung von Salem auch. Diesmal bat der Abt Johannes Stantenat den Kaiser um Erteilung von Privilegien. Diese betrafen in erster Linie die Autonomie des Klosters. Friedrich nahm die Anliegen zur Kenntnis und versprach, sich nach seiner Rückkehr darum zu kümmern. Dies sollte allerdings noch zehn Jahre dauern. Erst am 20. August 1485 besuchte Kaiser Friedrich III. das Kloster Salem wieder, brachte dafür aber erfreuliche Meldung bezüglich der Privilegien: »Mein Freibrief wird Euch gestatten, fortan von Euren Untertanen Steuern zu erheben und säumige Zahler selbst zu bestrafen. Des Weiteren dürft Ihr Euren Schutzvogt selbst wählen und wieder absetzen.«

      Nachdem der Tross Salem wieder verlassen hatte, ging es Richtung Rhein, und nach zehn Tagen hatten sie Straßburg erreicht.

      »So, jetzt wollen wir unseren treuen Straßburgern noch unsere Aufwartung machen, bevor wir uns mit Herzog Karl auseinandersetzen müssen.«

      Friedrich besprach auch Regierungsdinge abseits von seinem Kanzler und seinen sonstigen Beratern gerne mit seinem Leibarzt.

      »Was denkt ihr, Andreas, wie sollen wir die Verhandlung mit dem Burgunderherzog angehen?«

      Reichlin von Meldegg zuckte die Schultern.

      »Das hängt davon ab, was Ihr erreichen wollt. Wollt Ihr dem ›Großherzog des Westens‹« – er grinste bei Nennung dieses Titels, den der Parvenü sich selbst verliehen hatte – »eine Lektion erteilen dafür, dass er Euch vor zwei Jahren in Trier zuerst mit seinem Reichtum gedemütigt und dann noch die Königswürde und eine Krönungszeremonie abgeschwatzt hatte, zu der er dann schlussendlich nicht erschienen ist?«

      Friedrich erinnerte sich, als wäre es gestern gewesen: 400 Wagenladungen kostbarer Wandteppiche, jede Menge Gold und Silber hatte Karl mitgebracht, um die Trierer Abtei Sankt Maximin in eine Mischung aus Palast und Schatzkammer zu verwandeln. Sein Schwert hatte allergrößtes Aufsehen erregt: Das vollständige Vaterunser prangte auf dem Schwertgriff, jeder einzelne Buchstabe bestand aus Diamanten. Die besten Musiker hatte er mitgebracht, Karl selbst war in einem prächtigen, juwelenbesetzten Mantel, durchwirkt mit goldenen Fäden, erschienen, und alles nur zu dem einen Zweck – so war es Friedrich erschienen –, um ihm, dem Kaiser, deutlich aufzuzeigen, was wahrer Reichtum bedeutet. Friedrich war am Ende dieser sinnlosen Demonstration ohne Gruß und Verabschiedung abgereist.

      Der Leibarzt schaute auf den sinnierenden Kaiser und fuhr fort:

      »Oder wolltet Ihr nicht doch Euren Sohn Maximilian erstklassig mit seiner Tochter Maria verheiraten?«

      Friedrich, der allen anderen Menschen meist mit Misstrauen begegnete, fuhr aus seinen Gedanken hoch und lächelte.

      »Ihr seid mit allen Wassern gewaschen. Wärt Ihr nicht so ein guter Leibarzt, als Berater könntet Ihr kaum besser sein. Da hätte sogar mein guter alter Kanzler Schlick noch etwas lernen können.«

      Er zitierte sein Lieblingsmotto: »Mögen andere Kriege führen, du glückliches Österreich, heirate!«

      Von Meldegg kam nochmals auf das Trierer Treffen zu sprechen: »Erinnert Ihr Euch noch an das Geschenk, welches Karl Eurem 14-jährigen Sohn überreichte?«

      »Diese eigens für ihn angefertigte, mit Initialen und Wappen geschmückte, kostbare Kriegsordnung?«

      »Ja. Ich weiß immer noch nicht, ob er Euch damit seine Geringschätzung zeigen oder Maximilian Ehre erweisen wollte.« Er kratzte sich am Kopf.

      »Nun, in dubio pro reo. Im Zweifel für den Angeklagten.«

      Der Kaiser wechselte das Thema: »Was ist denn diese Maria von Burgund für ein Weib?«

      Von Meldegg war wie immer bestens informiert.

      »18 Jahre alt, sein einziges Kind. Lebte die ersten Jahre in ziemlicher Abgeschiedenheit auf der Festung Le Quesnoy. Nach der Trennung von den Eltern wurde das Kind in Gent am Hof des Grafen von Flandern erzogen. Sie wurde in allen für ihren Stand wichtigen Wissensgebieten unterrichtet und gilt allgemein als klug.«

      »Auf ihre Rolle als mögliche Herrscherin wurde sie allerdings nicht vorbereitet«, warf Friedrich ein. »Soweit ich weiß, hofft Karl immer noch auf einen Sohn.«

      »Das habe ich auch gehört«, lachte von Meldegg.

      »Ach ja, da wäre noch etwas«, fuhr er fort. »Sie soll wunderschön sein!«

      »Na, das wird meinen Sohn freuen, sollten wir zu einer Einigung kommen.«

      Friedrich erklärte die Besprechung für beendet.

      Von Meldegg verspürte ein trockenes Ziehen in der Kehle und machte sich auf in die Stadt.

      Georg

      Der Herbst des Jahres 1475 hatte in Straßburg früh begonnen und somit die Brausaison ebenso. Georg hatte von Daniel den Auftrag bekommen, eine neue Rezeptur auszuprobieren, die Daniel euphorisch ›Trippel‹ nannte.

      »Mehr Malz allgemein, mehr geröstetes Malz, mehr Hopfen, da sollte ein wunderbares Bier herauskommen. Vorne süß, hinten bitter, in der Mitte voller Geist.«

      Georg fragte nach, warum Daniel nur Hopfen nähme, er hatte mittlerweile in den paar Jahren bei Daniel auch über andere Rezepturen reden hören.

      Daniel tat das nur kurz und schnell ab.

      »Lass die anderen mit Fichten- und Tannensprossen würzen, der Hopfen ist das Beste, was die Natur uns bietet.«

      Er schob noch nach:

      »Und mach ja, dass der Trippel schön dunkel wird, am besten kohlrabenschwarz!«

      So mühte sich Georg mit dem Maischescheit und bellte Befehle hinüber zum Feuer, wo sein Nachfolger die Biersteine erhitzte, als ein älterer Mann neben ihm auftauchte, den er noch niemals hier gesehen hatte.

      Von vornehmer Gestalt, gekleidet wie ein Edelmann, wich Georg verschüchtert zur Seite, um ihn vorbeizulassen, wo immer er hinwollte.

      Der Mann machte jedoch keine Anstalten, vorbeizugehen.

      »Was schaffst du da Köstliches?«, fragte er Georg.

      »Ein Bier, Eure Herrschaft!« Georg wusste nicht einmal, wie er den hohen Herrn richtig anreden sollte.

      Dieser lachte. »Ein Bier! Das sehe ich auch. Ich meine, was für ein Bier?«

      Georgs Mut kehrte zurück. Der Herr schien ihm nichts Böses zu wollen.

      »Ein ›Trippel‹, so nennen wir das. Das wird ein neues Bier, und wir hoffen, dass die Leute wie verrückt danach sein werden.«

      »Bist du hier der Brauherr?«

      »Oh, nein. Verzeiht, wenn ich den Eindruck erweckt habe. Ich bin lediglich der Brauerbursche Georg. Der Brauherr ist Daniel Fischer. Er ist im Moment in der Küche und sieht nach den Speisen.«

      »Habe ich diesem Daniel also nicht nur dieses herrliche Bier zu verdanken« – erst jetzt sah Georg, dass der Herr einen Krug in der Hand hielt, aus dem er einen genüsslichen Zug nahm –, »sondern auch dieses köstliche Hasengericht mit Wein, Schweinebauch, Nelken, Pfeffer, Thymian und Pumpernickel?«

      »Ja, Herr, ich braue hier alles nach Daniel Fischers Rezepturen. Er ist der Herr von allem hier. Obwohl …« Er zögerte, ob es einem Fremden gegenüber nicht zu vorlaut klang, »… ich könnte das Bier auch allein machen. Ich bin ja bereits seit vielen Jahren hier und habe viele Rezepturen bereits gebraut. Sagt es aber bitte nicht weiter.«

      Andreas Reichlin von Meldegg lachte leise und hatte in diesem Moment eine Idee.

      »Möchtest du irgendwann einmal ein eigenes Brauhaus führen?«

      »Möchten gerne, aber ich kann nicht lesen und schreiben und bin kein Bürger und nur ein Waisenkind.« Mittlerweile war er sich seiner Defizite bewusst geworden.

      »Das

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