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O du fröhliche, o du grausige. Friederike Schmöe
Читать онлайн.Название O du fröhliche, o du grausige
Год выпуска 0
isbn 9783839266601
Автор произведения Friederike Schmöe
Жанр Триллеры
Издательство Автор
»Weißt du, in letzter Zeit sind viele unbekannte Fahrzeuge hier unterwegs gewesen. Im Sommer, wenn es lange hell ist, kriegt man das eher mit, aber Renate schwört, dass seit einem Monat immer wieder ein dunkler SUV herumfährt. Getönte Scheiben und so. Wir haben Bedenken, dass es jemand sein könnte, der Häuser ausspioniert.« Hilde sah kurz zu Josef, der immer noch las, wobei er die Lippen bewegte. »Es geht ihm nicht gut, oder?«, flüsterte sie.
»Die Verwirrung kommt von der Narkose. Es dauert einfach, bis er sich wieder orientiert.«
Falls er sich je wieder vollständig orientiert.
»Tja, bei den alten Leutchen ist das nicht so einfach.« Der Wasserkocher klackte. Hilde goss den Tee auf. »Also, hör zu: Wir wollen eine Nachbarschafts-Chatgruppe einrichten. Simon hilft mir, hat er gesagt. Mit uns allen drin. Die alte Garde, du weißt schon. Die wichtigsten Familien im Dorf. Damit wir uns gegenseitig informieren können, wenn was passiert.«
Was soll schon passieren! Wir gehen uns höchstens selbst an die Gurgel.
»Außerdem hat Renate einen Schwager, der ist bei der Polizei, und den würde sie mal einladen, dass er uns aufklärt, was zu tun ist, zum Schutz vor Einbrüchen. Ihr seid dabei?«
Hilde Kaminskys Tonfall machte deutlich, dass Widerspruch nicht vorgesehen war.
»Sicher«, erwiderte Bella daher.
Ich bin das so leid.
»Hier, die Tassen!« Hilde stellte Geschirr auf das Frühstücksboard. »Herr Blum, nehmen Sie Zucker?«
»Nimmt er nicht«, sagte Bella.
»Aber mit dem größten Vergnügen«, rief Josef Blum.
8
Kaum hatte sie ihren Vater nach Hause bugsiert, stürzte er sich auf Diethards Tablet.
»Zieh die Hausschuhe aus, Papa, die sind klatschnass. Ich bringe dir trockene Socken.«
Er schüttelte die Pantoffeln ab, ungeduldig, als könne er es nicht ertragen, auch nur eine Minute länger auf seine Serie zu verzichten. Normalerweise hätte Bella sich neben ihn gesetzt, einfach, um ihm Gesellschaft zu leisten und ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen. Sie wusste nicht einmal, mit was für einem Blödsinn er sich die Zeit vertrieb. Doch mittlerweile plagte sie das Bedürfnis nach Nikotin derart, dass sie in die Küche hinüberging und nach der Schachtel griff. Zugleich checkte sie ihr Handy.
Sie hatte eine Nachricht von Oberkommissar Köhler verpasst.
»Todesopfer identifiziert.«
Knapper ging’s nicht.
Kurz nach sechs. Das würde sie vor Redaktionsschluss noch hinkriegen. Sie rief ihn zurück.
»Na endlich. Dachte schon, Sie hätten kein Interesse an der Story mehr.«
»Mein Vater wird dement. Ich musste ihn im Nachbargarten aufsammeln.« Bella dachte an die ruinierten Hausschuhe.
Keine Sache des Geldes. Aber neue zu kaufen kostet Zeit. Die ich nicht habe.
»Tut mir leid.«
»Muss es nicht.« Sie setzte sich an den Küchentisch. Hildes gestylte Kücheninsel spukte ihr durch den Kopf. Sie stippte eine Zigarette aus der Schachtel. »Wer ist sie?«
»Mariella Fonti. 22. Aupair-Mädchen bei Peter und Sabine Kessler in Silldorf.«
»Die Kesslers! Das gibt’s ja nicht.« Bellas Feuerzeug klickte.
»Sie rauchen?«, knurrte Köhler.
»Sie nicht?«
»Nicht mehr.«
Bella grinste. »Kenne ich. Es gibt immer ein neues ›Nicht mehr‹. Darf ich das schreiben?«
»Sonst hätte ich es Ihnen nicht mitgeteilt. Herr Kessler wandte sich heute an die Polizei und meldete die junge Frau als vermisst.«
»Verdammt. Ich erinnere mich, dass sie im September eine Französin als Aupair hatten. Sie kam aus den Vogesen. Aber Mariella Fonti klingt eher italienisch.«
»Sie ist Italienerin. Aus Florenz. Von einer Französin weiß ich nichts.«
Bella inhalierte den Rauch. Draußen fuhr ein Wagen vorbei. Sie warf einen flüchtigen Blick aus dem Fenster. War das Renate Maffelders gefürchteter Spionage-SUV?
»Kessler behauptete, die Familie hätte am Mittwochabend gar nicht mitbekommen, dass Mariella das Haus verließ«, fuhr Köhler fort. »Als sie am Morgen nicht stramm stand, um sich um den Sohn zu kümmern, suchte er sie. Ihr Zimmer war leer.«
»Hm«, machte Bella. »Die Kesslers sind eine alteingesessene Familie in Silldorf. Peter ist spät Vater geworden. Das Kind ist ein Problemkind, ein fünfjähriger Tyrann mit ADHS, Erdnussallergie und allem Pipapo.«
»Ein Traummodell also.«
»Wenn Sie so wollen.« Bella sah, wie Diethards Wagen in die Einfahrt einbog. So früh? Verdammt, ihn konnte sie jetzt gar nicht gebrauchen. »Danke für den Tipp jedenfalls.«
»Wir brauchen Zeugen. Wo war Mariella gestern Abend? Laut Peter Kessler haben er beziehungsweise seine Frau das Mädchen um 19 Uhr zuletzt gesehen. Sie aßen gemeinsam zu Abend. Daraufhin zog sie sich auf ihr Zimmer zurück.«
Der Hausschlüssel drehte sich im Schloss.
»Also liegen zwischen dem Verlassen des Hauses und ihrem Tod drei Stunden, in denen sie irgendwas gemacht hat, was dann mit dem Unfall endete.«
»Vielleicht meldet sich jemand, der sie kannte oder sie gesehen hat.«
»Was hat sie denn sonst mit ihrer Freizeit angestellt?«
»Kessler behauptet, nicht viel. Sich mit ihrem Handy beschäftigt. Gelesen. Deutsch gelernt.«
»Konnte sie es gut?«
»Bella?«, rief Diethard aus der Diele.
»Er sagt, ihre Sprachkenntnisse wären ausreichend gewesen. Ich schicke Ihnen Mariellas Foto weiter. Es ist bereits an sämtliche Lokalredaktionen gegangen.«
Er hat mich angerufen, dachte Bella. Welche Hintergedanken hat er? Ein kurzer Anruf in der Redaktion hätte ausgereicht. Und Wolter hat mir bis jetzt nichts von dem Foto gesagt.
»Noch was, Frau Graukorn.«
»Ja?«
»Das Screening ergab, dass sie Amphetamine und Morphine im Blut hatte.«
»Hebt sich das Zeug nicht gegenseitig auf?«
»So einfach ist das nicht. Sie könnte Morphine gegen Schmerzen genommen haben, wollte zugleich wach bleiben und hat deshalb die Amphetamine eingeworfen.«
»Was ist mit der Fahrerflucht?«
»Bisher keine Erkenntnisse.«
Bella hatte den Eindruck, er wollte noch etwas hinzufügen, und wartete ab, doch anscheinend überlegte Köhler es sich in letzter Sekunde anders.
»Bella?« Diethard stürmte die Küche und verstummte, als er Bella telefonieren sah.
»Ich glaube, Ihr Typ wird gewünscht«, bemerkte Köhler.
»Sieht ganz so aus, Herr Oberkommissar.« Sie grinste ihren Mann an. »Einen schönen Abend noch.«
9
»Liebling, ich muss noch dringend was arbeiten. Die Zeit wird knapp.« Sie scrollte auf der Suche nach Wolters’ Nummer durch ihre Anrufliste.
»Ich hatte gehofft, du hättest ein Abendessen fertig. Mir knurrt der Magen.«
»Geht mir genauso. Mach einfach eine Brotzeit zurecht. Josef leistet dir bestimmt Gesellschaft.«
Diethard starrte Bella genervt an. »Also, ich weiß nicht …«
Am