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über die Schwelle schob und die breite Glastür nachdrücklich abschloß. Augenblicklang war die Überrumpelte verblüfft, doch dann tobte sie ganz nett.

      Die sollten sie schon noch kennenlernen – jawohl!

      Das verkündete sie denn auch, als man am nächsten Tag beim Mokka saß. Aber man schien von dieser Drohung durchaus nicht beeindruckt zu sein, selbst der Schwiegervater wies sie nicht einmal zurecht.

      Er lachte sie sogar freundlich an.

      »Mein liebes Kind, wir kennen dich bereits zu gut, als daß du uns noch etwas Neues bieten könntest. Es sei denn, du versuchtest einmal, lieb und nett zu sein. Dann solltest du mal sehen, wie gut es sich in unserm Kreis leben läßt. Doch andernfalls beißt du bei uns auf lauter kleine Kieselsteinchen.«

      Am liebsten hätte sie ja dem »Despoten« in das lächelnde Gesicht geschlagen, aber das wagte sie denn doch nicht. Er war immer noch der, vor dem sie einen gewissen Respekt hatte. Also hielt sie es für ratsam, das Gespräch zu wechseln, und fragte daher: »Wo ist eigentlich Thea? Ich vermißte sie gestern bereits.«

      »Die hat vor einigen Wochen geheiratet«, gab der Schwiegervater Antwort und mußte nun doch über ihr verblüfftes Gesicht lachen. »Ist dir das denn nicht bekannt?«

      »Nein…«, wurde sie nun wieder spitz. »Es hat ja niemand von euch für nötig befunden, mich in der Klinik von dieser Neuigkeit in Kenntnis zu setzen.«

      »Wie hätte das wohl möglich sein können, da der Professor für seine angegriffene Patientin keinerlei Besuch von zärtlichen Verwandten wünschte«, gab er ironisch zurück. »Und als er deinem Mann ausnahmsweise einen Besuch gestattete, hattest du so reichlich damit zu tun, den Besucher zu beschimpfen, daß keine Zeit für Frage und Antwort blieb.«

      Gern wäre Ilona jetzt nach altbeliebter Art wutentbrannt aufgesprungen und davongelaufen, aber die Neugierde war dennoch stärker. So fragte sie denn brüsk: »Was hat sie geheiratet?«

      »Einen Mann – müßte eigentlich die Antwort auf deine Frage lauten. Doch da ich mir einbilde, mehr Lebensart zu besitzen als du, will ich dir erklären, daß Thea einen Freund ihres verstorbenen Mannes heiratete. Er tauchte plötzlich hier auf und erzählte, daß er die guteingeführte Buchhandlung in der Stadt käuflich erworben hätte. Und da er Thea schon immer verehrt hatte und sie nun frei war, begehrte er sie zu seiner Frau.«

      »Das ist ja hochinteressant!« griff Ilona die Neuigkeit fast gierig auf; denn für Neuigkeiten war sie immer zu haben. »Befindet sich das junge Paar noch auf der Hochzeitsreise?«

      »Nein – weil sie nämlich keine machten.«

      »Himmel, wie spießig! Das ›Glück im Winkel‹ muß ich mir doch gleich mal ansehen!«

      Lachend wirbelte sie davon – und die Zurückbleibenden atmeten auf.

      »Na ja, man muß sie eben so nehmen, wie sie ist«, sprach der Senior in die Stille hinein. »Wenn sie anfängt, unverschämt zu werden, dann ihr immer gleich die Zähne zeigen.

      Was war übrigens gestern abend los, Eike? Bis in unser Schlafzimmer hörten Mutter und ich deine Holde toben.«

      »Nun, ich habe ihr mal so ein wenig die Zähne gezeigt.« Ein ironisches Lä­cheln umzuckte den harten Männermund. »Das Reisefieber hat sie nämlich wieder gepackt, und ich wurde hochfahrend als Begleiter befohlen, mit dem sie in ›ihrer Welt‹, wie sie sich ausdrückte, prunken und ihn als Paradestück herumreichen wollte. Als ich mich entschieden weigerte, fing sie an zu toben.«

      »Mein Gott, du armer Junge, was mußt du wieder ausgestanden haben!« bemerkte die Mutter leise, doch er winkte beruhigend ab.

      »Beruhige dich, Muttchen, ich bin ja an derartige Szenen gewöhnt und nehme sie längst nicht mehr tragisch.«

      »Aber das ist doch keine Ehe! Ich würde dabei zugrunde gehen.«

      »Dafür bist du ja auch eine zarte, sensible Frau«, nickte er ihr herzlich zu. »Laß nur, ich beiße mich schon durch.«

      Er sah nach der Uhr, die geschäftig auf dem Kaminsims tickte, und wandte sich dann dem jungen Mädchen zu, das gleich Philchen schweigend im Sessel verharrte.

      »Fräulein Silje, ich möchte Sie bitten, in den nächsten Tagen meine Sekretärin zu vertreten, die wegen einer bösen Zahngeschichte Krankenurlaub bekommen mußte. Gerade jetzt sind schwierige Sachen zu bearbeiten…«

      »Und dazu wollen Sie ausgerechnet mich haben?« warf das Mädchen erschrocken ein. »Ich bin doch noch immer Anfängerin und könnte manches verpatzen.«

      »Das glaube ich nicht, bei Ihrer Gewissenhaftigkeit.«

      »Bitte, Onkel Philipp, rede ihm das aus!« wandte sie sich hilfesuchend an ihn, der schmunzelnd abwinkte.

      »Fällt mir gar nicht ein, Marjellchen. Es ist ganz gut, wenn du einmal unter Fräulein Luischens betulichen Gluckenflügeln hervorkriechst und auf dich allein gestellt bist. Um welchen Schreibkram geht’s, Eike?«

      »Um das Projekt von Schüringer. Du weißt, daß wir das noch immer vertraulich behandeln müssen.«

      »Oh, den Mund halten kann ich schon«, bemerkte Silje, was Philipp gleich den anderen herzlich lachen ließ.

      »Na also, darauf kommt es in diesem Fall hauptsächlich an. Im übrigen wird der gestrenge Juniorchef Gnade walten lassen und Luischens Küken nicht so hart die Flaumfedern zupfen.«

      Das tat er denn auch wirklich nicht. Silje kam beim Stenogramm so gut mit, daß sie den Chef bat, ruhig schneller zu diktieren.

      Mit vollem Eifer war sie dabei. Die Wangen glühten, der Stift flitzte nur so über den Block und die Zunge über die Lippen. Die mußte unbedingt mithelfen bei den schwierigen Fachausdrücken, von denen es eine Menge gab.

      Man arbeitete zusammen, daß sozusagen der Kopf rauchte, und fuhr erschrocken hoch, als die Tür aufgerissen wurde und Ilona auf der Schwelle stand.

      Und dieses Erschrecken legte die junge Frau sich in ihrem Sinne aus.

      »Oh, wie nett!« lachte sie – aber es war kein gutes Lachen.

      Doch ehe sie noch ihr Gift verspritzen konnte, wandte sich Eike rasch dem Mädchen zu.

      »Das wäre jetzt alles, Fräulein Silje. Ich bitte Sie später noch einmal zu mir.«

      »Wie höflich!« höhnte Ilona, nachdem die Tür sich hinter der Davoneilenden geschlossen hatte. »Für gewöhnlich pflegt man mit seinen Liebchen nicht so konventionell umzugehen.«

      »Kanaille!« stieß der Mann zwischen den Zähnen hervor. »Ich schäme mich für deine schmutzige Phantasie. Hüte dich, deine böse Zunge an Fräulein Berledes zu wetzen, das würde dir übel bekommen! Denn die junge Dame steht unter dem Schutz des Hauses Hadebrecht dessen Senior mein Vater ist. Und du weißt, daß der keine Gemeinheit ungestraft läßt. Das dir als Warnung. Und nun mach, daß du mir aus den Augen kommst!«

      Eiskalt war das gesagt. Mit einer unheimlichen Ruhe, was beängstigender wirken kann als ein Wutausbruch. Hinter seinen kalt glitzernden Augen schien es heiß zu lohen.

      Der Mund hatte sich zusammengepreßt zu einem schmalen, harten Strich. Und Ilona, die ihren Mann so noch nicht kannte, nahm feige Reißaus.

      Zehn Minuten später betrat Silje Berledes wieder das Zimmer des Juniorchefs, der genauso ruhig und freundlich war wie vorher. Emsig arbeiteten sie weiter, bis der Mann lächelnd fragte: »Raucht’s Köpfchen sehr, kleine Silje?«

      »Und wie!« gestand sie lachend, während sie die Handflächen an die heißen Wangen legte. »Aber ich hoffe, daß ich mich mit den niegehörten, schwierigen Wörtern, von denen der Block nur so wimmelt, tapfer herumgeschlagen habe. Darf ich die Briefe in Fräulein Luischens Büro schreiben? Da fühle ich mich sicherer und kann fragen, wenn ich meiner Sache nicht so recht gewiß bin. Jedenfalls habe ich seit heute Hochachtung vor Ihrer Sekretärin, die ihre schwierige Arbeit so nonchalant aus dem Gelenk schüttelt.«

      »Dafür

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