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daß ich keins gehabt hab'. Weißt du's überhaupt?

      Julian. Und wenn ich es selbst wüßte –

      Irene. Wieso? Hast du wirklich eins? – So red' doch. Julian, du kannst mir's schon sagen. Wo lebt's denn? Wie alt ist es denn? Ein Bub'? Ein Mädel?

      Julian. Frag' doch nicht . . . Und wenn ich ein Kind hätte, es würde ja doch nicht mir gehören.

      Irene. Er hat ein Kind! Er hat ein Kind! Pause. Warum läßt du's denn so in der Welt herumlaufen?

      Julian. Du hast's ja selbst gesagt: – Der beste von uns ist in diesen Dingen auch noch eine Art von Schuft. Und ich bin nicht einmal der beste.

      Irene. Warum holst du dir's denn nicht?

      Julian. Was geht's mich denn überhaupt an? Was dürft' es mich angehen? Genug . . . Pause. – Willst du noch eine Tasse Tee?

      Irene. Danke, danke. Nicht mehr. Pause. Es dämmert. Er hat ein Kind, und ich hab's nicht gewußt!

      Lange Pause.

      Vierte Szene

       Inhaltsverzeichnis

      Julian, Irene und Diener. Dann Felix.

      Der Diener tritt ein.

      Julian. Was gibt's?

      Diener. Herr Leutnant Wegrat fragt, ob der gnädige Herr zu Hause sind.

      Julian. Gewiß. Ich lasse bitten.

      Diener hat das Licht eingeschaltet und geht ab.

      Irene. Der junge Wegrat? – Ich dachte, er sei schon wieder fort. – Der arme Junge, er war wie vernichtet.

      Julian. Das denk' ich mir.

      Irene. Du hast ihn in Salzburg besucht?

      Julian. Ja. Im August war ich ein paar Tage dort.

      Felix in Zivilkleidung tritt ein. Guten Abend.–Guten Abend, Fräulein Herms.

      Irene. Guten Abend, Herr Leutnant.

      Julian. Mein lieber Felix . . . ich wollte zu euch kommen – noch heute abend. Es ist sehr freundlich von dir, daß du dich herbemühst.

      Felix. Übermorgen muß ich schon fort, und so wußt' ich gar nicht, ob ich überhaupt noch Gelegenheit finden würde, Sie zu sehen.

      Julian. Möchtest du nicht ablegen? – Ich hatte keine Ahnung, denk' dir. Erst Sala teilte es mir mit – vor kaum einer Stunde.

      Irene betrachtet beide.

      Felix. Das ahnten wir nicht, als wir im Sommer miteinander im Mirabellgarten spazieren gingen.

      Julian. Es ist sehr rasch gekommen?

      Felix. Ja. Und ich konnte nicht bei ihr sein . . . Am späten Abend bin ich abgereist, und in der Nacht darauf ist sie gestorben.

      Irene. Vielmehr: sie ist am nächsten Morgen nicht mehr erwacht.

      Felix. Ihnen, Fräulein Herms, haben wir viel zu danken.

      Irene. Aber!

      Felix. Meine Mutter hat sich immer so sehr gefreut, wenn Sie bei ihr waren, mit ihr geplaudert oder ihr Klavier vorgespielt haben.

      Irene. O, mein Klavierspiel –!

      Eine Uhr schlägt.

      Irene. Schon so spät!? Da muß ich ja gehen.

      Julian. Warum eilen Sie, Fräulein Herms?

      Irene. Ich fahre in die Oper. Die paar Tage, die ich noch hier bin, will ich doch ausnützen.

      Felix. Sehen wir Sie noch bei uns, Fräulein Herms?

      Irene. Gewiß. – Sie reisen ja schon früher fort als ich.

      Felix. Ja. Mein Urlaub geht zu Ende . . .

      Irene wie beiläufig. Wie lang sind Sie denn jetzt eigentlich schon Offizier, Felix?

      Felix. Das bin ich schon vor drei Jahren geworden, – aber erst im Jahr drauf hab' ich mich aktivieren lassen. Ein bißchen spät.

      Irene. Spät? Warum? – Wie alt sind Sie denn, Felix?

      Felix. Dreiundzwanzig Jahre.

      Irene. So. Pause. – Aber wie ich Sie vor vier Jahren als Freiwilligen gesehen habe, hab' ich mir gleich gedacht, Sie werden beim Militär bleiben. – Erinnern Sie sich, Julian? Ich hab' es Ihnen damals gesagt.

      Julian. Ja –

      Felix. Das war wohl im Sommer, wie Sie uns das letzte Mal besucht haben.

      Irene. Ich glaube . . .

      Felix. Seither ist viel anders geworden.

      Irene. Wahrhaftig! Das waren noch ein paar heitre Tage. – Nicht wahr, Julian? Wir haben uns ja auch seither nicht mehr gesehen, seit diesen schönen Sommerabenden in dem Garten bei Wegrats.

      Julian nickt.

      Irene hat Felix und. Julian noch einigemal betrachtet. – Kleine Pause. Jetzt ist's aber wirklich höchste Zeit, daß ich gehe. – Adieu. Grüßen Sie zu Hause, Herr Leutnant. – Adieu, Julian. Sie geht, von Julian zur Tür begleitet.

      Fünfte Szene

       Inhaltsverzeichnis

      Felix und Julian.

      Felix. Hat sich hier nicht einiges verändert?

      Julian. Nicht, daß ich wüßte. Wie sollte dir das übrigens auffallen; du warst doch nur zwei- oder dreimal hier.

      Felix. Ja. Aber das letzte Mal in einem recht wichtigen Moment meines Lebens. Ich kam, Sie um Rat fragen.

      Julian. Nun hat sich ja alles nach deinem Wunsch gefügt. Und auch dein Vater hat sich dreingefunden.

      Felix. Ja, er hat sich dreingefunden. Es wäre ihm wohl lieber gewesen, wenn ich bei der Technik geblieben wäre; aber nun sieht er ja, daß man auch in Uniform ein ganz vernünftiges Leben führen kann – ohne Schulden, ohne Duelle. Ach, es ist beinahe allzu behaglich. Aber erwarten kann unsereiner immerhin mehr als mancher andere; das ist auch etwas.

      Julian. Und wie geht's denn zu Hause?

      Felix. Zu Hause . . . Wahrhaftig, das Wort hat beinahe seinen Sinn verloren.

      Julian. Hat dein Vater schon wieder seine Arbeiten aufgenommen?

      Felix. Natürlich. Zwei Tage nachher saß er wieder in seinem Atelier. Es ist bewunderungswürdig. Aber ich versteh' es nicht ganz . . . Stör' ich Sie nicht, Herr Fichtner? Sie wollten Papiere in Ordnung bringen?

      Julian. Ach, das eilt nicht. Die Ordnung ist rasch gemacht. Das meiste wird verbrannt.

      Felix. Wie?

      Julian. Es ist doch am vernünftigsten, Dinge, die man kaum mehr ansehen würde, zu vernichten.

      Felix Macht Sie das nicht ein bißchen traurig, so mit Ihrer Vergangenheit aufzuräumen?

      Julian. Traurig? . . . Dazu ist es doch ein zu natürlicher Vorgang.

      Felix. Das kann ich nicht finden. Sehen Sie: Einen Brief oder ein Bild oder sonst etwas der Art gleich verbrennen, nachdem man's bekommen hat, das scheint mir selbstverständlich. Aber etwas, das überhaupt wert war, aus einem lebendigen Glück oder aus einem lebendigen Schmerz Erinnerung zu werden, das sollte eigentlich diese Bedeutung nie wieder verlieren können. Und nun gar in einem Leben wie das Ihrige, das so reich und so bewegt war. Haben Sie nicht selbst zuweilen eine gewisse . . . Ehrfurcht vor Ihrer Vergangenheit?

      Julian. Wie kommst du auf solche Gedanken – du, der du so jung bist?

      Felix.

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