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Im Zeichen der Liebe. Barbara Cartland
Читать онлайн.Название Im Zeichen der Liebe
Год выпуска 0
isbn 9781788670746
Автор произведения Barbara Cartland
Жанр Языкознание
Серия Die zeitlose Romansammlung von Barbara Cartland
Издательство Bookwire
„Können wir sie in ein Krankenhaus schaffen?“ fragte der Gentleman.
„Selbstverständlich, Mylord. Das ist kein Problem. Ich werde sofort einen Krankenwagen kommen lassen. Wenn Sie mich kurz entschuldigen.“
„Danke, Doktor. Das ist sehr zuvorkommend von Ihnen.“
Erst jetzt sah der Arzt Bettina zum ersten Mal an.
„Seine Lordschaft sagte mir, die Dame sei Lehrerin und fungiere als Ihre Reisebegleiterin.“
„Ja, Mademoiselle Bouvais entschloß sich - allerdings nur sehr widerstrebend - mitzukommen, da sie nicht seefest ist.“
Der Arzt nickte.
„Im Krankenhaus können Sie mir dann alle Einzelheiten angeben“, sagte er.
Mit einer höflichen Verbeugung vor dem Gentleman, den er mit Mylord angesprochen hatte, verließ er eilig den Wartesaal.
„Es tut mir leid, daß Sie unseretwegen Ihren Zug verpaßt haben“, sagte Bettina leise, „doch bin ich Ihnen für Ihre Hilfe... sehr dankbar.“
„Es freut mich, daß ich Ihnen helfen konnte. Was werden Sie tun, wenn Mademoiselle im Krankenhaus untergebracht ist?“
„Ach, ich werde den nächsten Zug nach London nehmen. Sicher wird mein Vater sich Sorgen machen, wenn ich nicht mit dem Fähren-Expreß ankomme.“
„Wie war doch gleich Ihr Name?“ fragte der Gentleman.
„Bettina Charlwood.“
„Ich bin Eustace Veston — Lord Eustace Veston.“
„Nochmals vielen Dank für Ihre Güte und Hilfsbereitschaft. Niemand wollte mir Gehör schenken.“
„Auf einem Bahnhof benehmen sich die wenigsten Menschen wie gute Samariter“, erwiderte Lord Eustace.
„Das stimmt. Sicher hängt das mit der Angst der meisten Menschen vor der Eisenbahn zusammen. Züge sind groß und laut und wirken ziemlich einschüchternd.“
„Ich will nachsehen, wann der nächste Zug nach London abfährt“, sagte Lord Eustace. „Ihr Gepäck ist sicher schon unterwegs?“
„Ich denke schon“, antwortete Bettina. „Ich muß aber unbedingt veranlassen, daß Mademoiselles Koffer zurückgeschickt werden.“
„Machen Sie sich deswegen vorerst keine Gedanken. Im Krankenhaus bekommt sie alles Nötige.“
Nach einem Blick auf die reglose alte Dame bückte er sich, um nach ihrem Handgelenk zu fassen. Bettina sah, daß er den Puls fühlte. Mit angehaltenem Atem wartete sie auf das Ergebnis, da sie seine Befürchtung ahnte.
Nachdem er lange dagestanden und das schmale, blaugeäderte Gelenk, das von dem schwarzen Taft des Ärmels umschlossen war, festgehalten hatte, ließ er es behutsam los und sah Bettina ernst an.
„Es tut mir leid, es ist zu spät.“
„O nein!“
Mit einem leisen Aufschrei kniete Bettina neben Mademoiselle nieder, den Blick auf das Gesicht der alten Dame gerichtet, als erwarte sie, die Ärmste würde die Augen aufschlagen und Lord Eustace Lügen strafen.
„Sie kann nicht tot sein... unmöglich!“ rief Bettina verzweifelt.
Obwohl Mademoiselle Bouvais uralt wirkte und zudem niemals über viel Lebenskraft und Lebenswillen verfügt hatte, hielt Bettina es für angebracht, mehr Trauer zu zeigen, als sie tatsächlich empfand.
Ich sollte ein Gebet sprechen, sagte Bettina sich, doch war es ihr zu peinlich in Gesellschaft eines Mannes, den sie kaum kannte, auf dem Boden des Wartesaales niederzuknien.
Ruhe in Frieden, flüsterte sie insgeheim, während sie sich ein wenig unbeholfen aufrichtete.
„Sie können nichts mehr tun“, sagte Lord Eustace. „Sobald der Arzt wieder zur Stelle ist, werde ich mich erkundigen, wann der nächste Zug nach London abfährt.“
„Aber darf ich Mademoiselle einfach so zurücklassen? Wie steht es mit der Beerdigung? Sie war Katholikin.“
„Das dachte ich mir. Ich glaube, wir können alles getrost dem Arzt überlassen, der mir ein sehr vernünftiger Mensch zu sein scheint. Er soll in Dover eine große Praxis haben.“
Auf Bettinas unentschlossenen Blick hin, bat er sie: „Überlassen Sie alles mir. Sicher möchte Ihr Vater Sie möglichst rasch bei sich haben.“
„Er würde Verständnis dafür aufbringen, daß ich... in gewisser Weise für Mademoiselle Bouvais verantwortlich bin“, antwortete Bettina leise.
„Nun, eigentlich hätte Mademoiselle für Sie verantwortlich sein sollen.“
Als Bettina daraufhin ein kleiner Schauer überlief, forderte, er sie auf: „Kommen Sie doch näher ans Feuer. Ein Ereignis wie dieses ist immer ein Schock. Soll ich Ihnen eine Tasse Tee bringen lassen?“
„Nein, es geht schon wieder, vielen Dank. Sie waren bereits so überaus hilfsbereit und zuvorkommend, daß ich Sie nicht weiter behelligen möchte.“
„Ich freue mich, wenn ich helfen kann.“
Bettina ging nun näher ans Feuer heran und hielt die Hände an die Flammen.
„Glauben Sie, daß das Arzthonorar und die Kosten für die Beerdigung sehr hoch sein werden?“ fragte sie beklommen. „Leider bin ich sehr knapp bei Kasse. Papa wird einen Scheck schicken, sobald ich in London ankomme.“
„Das werde ich dem Arzt sagen“, meinte darauf Lord Eustace. „Aber Sie sollten sich lieber setzen. Ich weiß, daß dies alles für Sie sehr aufregend war.“
„Wären Sie nicht zur Stelle gewesen, hätte ich mich noch viel mehr aufgeregt.“
Bettina folgte seinem Vorschlag und setzte sich, da sie das Gefühl hatte, ihre Beine wollten sie nicht länger tragen. Es war das erste Mal, daß sie eine Tote gesehen hatte, und das Wissen, wie rasch der Tod eintreten kann, flößte ihr Angst ein.
Eben noch hatte Mademoiselle wortreich und ausführlich über ihre Seekrankheit geklagt, hatte gejammert und gestöhnt, und im nächsten Moment war sie verstummt und tot!
Jetzt sah sie so klein und zart aus, daß man sich fragte, wie jemals ein Zögling ihr gehorcht, ja, wie sie überhaupt an der Schule Autorität hatte ausüben können.
Tot!
Ein schreckliches Wort! ging es Bettina durch den Sinn. Ein Wort, das etwas Endgültiges an sich hat. Im Moment fiel es ihr ungemein schwer, sich vorzustellen, daß Mademoiselle, die sehr fromm gewesen war, in den Himmel kommen würde.
„Ich hole Ihnen eine Tasse Tee“, unterbrach Lord Eustaces Stimme Bettinas Gedankengänge. Er verließ den Wartesaal, und Bettina, die in einem Stuhl vor dem Kamin saß, warf einen scheuen Blick auf die auf der Sitzbank liegende Tote.
Ich muß für sie beten, da sonst niemand ein Gebet für sie spricht, dachte sie.
Und sie fragte sich gleich darauf allen Ernstes, ob sie auf der Überfahrt Mademoiselle Bouvais gegenüber freundlich genug gewesen war. Die alte Dame war nicht unbedingt eine Frau gewesen, der man Aufmerksamkeit oder gar Liebe oder Zuneigung entgegengebracht hatte.
Mademoiselle Bouvais war bei ihren Zöglingen nicht beliebt gewesen. Vielleicht war es ihrer kleinen, gedrungenen Statur zuzuschreiben, daß sie sich als Tyrannin gebärdete und dazu neigte, alle zu bevormunden und sich dabei ständig und grundlos über alles Mögliche zu beklagen.
Arme Mademoiselle, dachte Bettina. Vielleicht war die alte Dame jetzt glücklicher als in ihrem langen und frustrierenden Leben als Lehrerin.
Bei allen anderen Lehrerinnen - dank Madame de Vesaries Sorgfalt bei