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Grafen abliefern, wie ich es versprochen habe. Es ist nämlich Zeit aufzubrechen, wenn Sie noch vor Dunkelheit die Wettersburg erreichen wollen.«

      »Kennen Sie die gut, Frau Schelluck?«

      »Ich war dort als Mamsell tätig, bis ich dann nach hierher heiratete. Sind gute Herrschaften, die Grafen Wetters. Mein Mann und ich stehen zu ihnen mit jedem Tropfen Blut. War gerade auf der Wettersburg, als der Marbod geboren wurde. War das eine Freude. Und die ist geblieben bis zum heutigen Tag, denn er ist ein prächtiger Mensch und guter Sohn. Nur die Schwiegertochter –.

      Nun, unser Herrgott buckelt jedem sein Päckchen auf, ob reich oder arm. Aber was die gräfliche Familie zu schleppen hat, ist ein bißchen viel. Das haben die guten Menschen wirklich nicht verdient. Bloß diese junge Gräfin –.

      Direkt zuwider ist mir diese Person«, stieß sie verbissen hervor. »Wenn ich ihr Bild ansehe, möchte ich es am liebsten von der Wand reißen und in den Ofen stecken. Aber das geht nicht. Die Herrschaft erwies uns so große Ehre, als sie uns die Bilder, die wir uns so sehr gewünscht, an unserem silbernen Hochzeitstag schenkten. Geweint habe ich vor Freude. Nur das von der hochfahrenden Person, das hätten sie weglassen können. Aber die gehört ja nun einmal zu der Familie, Gott sei’s geklagt.«

      Nun hätte Almut ja nach der jungen Gräfin fragen können, doch sie scheute sich davor, die biedere Frau auszuhorchen. Wahrscheinlich hätte diese sie auch nur erstaunt angesehen und – geschwiegen. Außerdem nahm sie wohl an, daß Almut über die Verhältnisse der gräflichen Familie Bescheid wüßte. Frau Schelluck riß sie aus ihren Gedanken.

      »Es wird Zeit, liebes Fräuleinchen. Wir wollen den Herrn Grafen nicht warten lassen, das verträgt er schlecht.«

      Als sie das Zimmer betraten, stand Marbod sofort auf.

      »Lassen Sie bitte die Pferde vorführen, Herr Schelluck.«

      *

      Almut, die an Marbods Seite dahinritt, schaute mit trunkenen Augen umher. Die Sonne versank bereits am Horizont, der von einem herrlichen Abendrot überstrahlt wurde.

      »Das gibt morgen wieder einen schönen Tag«, sagte der Graf froh. »Frau Sonne verabschiedet sich gnädig. War’s heute schön?«

      »Wunderschön –«, entgegnete sie so recht aus Herzensgrund. »Ich hätte nie geglaubt, daß es auch zur Winterszeit auf dem Lande so herrlich sein könnte. Ich habe mich tatsächlich noch nicht einen Augenblick gelangweilt.«

      »Sie sind ja auch noch nicht lange hier«, lächelte er spöttisch. »Warten wir ab, wie Sie nach einigen Wochen urteilen werden.«

      »So lange kann ich unmöglich auf der Wettersburg bleiben.«

      »Warum nicht?«

      »Weil ich eine so großmütig gewährte Gastfreundschaft nicht ausnutzen möchte.«

      »Haben Sie Sorgen, kleines Mädchen! Sie und Ihr prächtiges ›Möpschen‹ sind mir und den Meinen recht angenehme Gäste. Genügt Ihnen das?«

      »Wirklich?«

      »Wirklich! So einen lichten Sonnenstrahl wie Sie, und ein so gemütliches Fräulein wie ›Möpschen‹ können wir auf der Wettersburg sehr wohl gebrauchen.

      Und nun hopp, geben Sie dem Gaul den Kopf frei –!«

      Das ließ Almut sich nicht zweimal sagen. Ihr Pferd galoppierte dahin, von der kleinen energischen Faust wunderbar gemeistert. Hell klang ihr Lachen durch den abendstillen Wald, als Marbod zurückblieb. Erst als sie etwas nachgab, holte er sie ein. Seine Hand griff in die Zügel des Pferdes.

      »Mädchen, Sie sind wohl ganz des Teufels –!« schalt er halb lachend, halb ärgerlich. »Der Gaul ist kein Lamm, merken Sie sich das.«

      »Habe ich bereits. Doch wie Sie sehen, werde ich gut mit ihm fertig.«

      »Allerdings, reiten können Sie, das muß man Ihnen lassen.«

      »Danke für das Kompliment«, ließ sie ihre Augen spielen. »Ich schätze es um so höher ein, weil Sie sonst sehr sparsam damit sind.«

      »Sie sind eine kleine Bestie«, entgegnete er gelassen. »Und eine gefährlich-süße.«

      »Das wird ja immer schöner«, wollte sie sich ausschütten vor Lachen. »Herr Graf, Sie sind und bleiben ein Raubritter.«

      »Wohl mir –«, mußte nun auch er lachen. »Und da wir nun bereits die Allee erreicht haben, die letzte Strecke mit Schick und Schneid genommen –!«

      Einige Minuten später hielten sie vor dem Portal, wo ein Stallbursche ihnen die Pferde abnahm. Einträchtig betraten sie die Halle, dann trennten sich ihre Wege.

      Als Almut ihr Zimmer erreicht hatte, fand sie Adele nicht darin. Beunruhigt drückte sie auf den Klingelkopf, worauf der Diener erschien.

      »Wissen Sie, wo das Fräulein ist, Stephan?«

      »Sehr wohl. Das alte gnädige Fräulein befinden sich im Wohngemach der Frau Gräfin, wo wir das junge gnädige Fräulein bereits erwarten.«

      »Danke, Stephan«, tätschelte der Schelm des Würdigen Wange, ihn lieblich dabei anlachend. »Sie sind schon ein feiner Kerl.«

      Das wurde ohne jedes Wimpernzucken entgegengenommen, dann schloß sich die Tür geräuschlos. Almut öffnete den Schrank und sah prüfend über ihre Kleider hin. Dann wählte sie eines aus dunkelgrünem Samt mit echtem Spitzenkragen.

      Wie ein wunderholdes Bild war sie anzuschauen, als sie später im Wohnzimmer der Gräfin erschien. Das Kleid, ein kleines Meisterwerk an Schick und Eleganz, gab der aparten Schönheit den ihr gebührenden Rahmen. Das Haar gleißte in sattem Goldton, die Augen leuchteten gleich herrlichen Saphiren. Dazu das zarte Antlitz mit dem leicht hochmütigen Zug.

      Alles in allem ein bezaubernd schönes Menschenkind, das da langsam auf die vier Menschen zuschritt, die beim traulichen Licht der Ständerlampe am brennenden Kamin saßen.

      »Oh, là, là, meine kleine Gnädige«, schmunzelte der Hausherr. »Wir gehen wohl darauf aus, unsere armen Herzen zu betören. Zeigen Sie dabei ein wenig menschliches Erbarmen.«

      »Werde es mir überlegen«, blitzten die Zähne hinter den echtroten Lippen. Denn Almut Fahrenroth hatte es wahrlich nicht nötig, ihrer jugendfrischen Schönheit irgendwie nachzuhelfen. »Darf ich Platz nehmen in diesem trauten Kreis?«

      Marbod, der nebst seinem Vater bei des Mädchens Eintritt aufgesprungen war, schob ihm einen Sessel zurecht, in den es sich mit einem Seufzer der Zufriedenheit fallen ließ.

      Zum ersten Male sah Almut das Wohngemach der Hausherrin, das ihrem vornehmen Geschmack voll entsprach. Altüberliefertes mit modernem Geschick verschmolzen, anheimelnd und traut. Wieder einmal etwas für Almuts Schwäche für Romantik –

      Ihr Blick ging zu Adele hin –

      »Was machst du da, Möpschen?«

      »Ich stricke, wie du siehst.«

      »Kannst du denn das?«

      »Jawohl, mein Kind. Es tragen ja nicht alle Menschen Spinnweben an den Beinen wie du.«

      »Möpschen, du bist doch manchmal ein Ekel. Kommen Sie mir denn gar nicht zu Hilfe, Frau Gräfin?«

      »Sie sehen mir ganz danach aus, als ob Sie sich recht gut selber zu helfen wüßten, meine Kleine«, war die lachende Erwiderung. »Das weiß wohl auch Ihr liebes ›Möpschen‹.«

      »Und ob!« bestätigte diese. »Wer den Schnabel so auf dem rechten Fleck hat, der soll ihn auch am rechten Platz gebrauchen – nicht am unrechten, wie es bei dem Frechdachs oft geschieht.«

      »Die Früchte deiner Erziehung, Möpschen. Es war ja in deine Hand gegeben, ein sittsames Wesen aus mir zu machen.«

      Das kam mit so frischfröhlicher Keckheit heraus, daß sie die Lacher auf ihrer Seite hatte. Auch Adele tat vergnügt mit.

      »Man kann aus einem Spatz

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